„Jedes Mal vor Wahlen“
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat mit seinem Vorwurf des „schlechten Managements“ der Polizei an Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) einen Schlagabtausch zwischen den Regierungsparteien ausgelöst. Während mehrere SPÖ-Vertreter Sobotka am Sonntag abermals „Missmanagement“ und einen „Crashkurs“ vorwarfen, schossen sich Vertreter der ÖVP auf den Kanzler ein.
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Aufs Tapet gehoben hatte Kern den Klassiker unter den Wahlkampfthemen in einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ (Sonntag-Ausgabe). Dort hatte er bessere Arbeitsbedingungen für die Polizei gefordert und angesichts von „krasser“ Unterbesetzung, „explodierenden“ Überstunden und unbesetzten Planstellen „ein Problem“ diagnostiziert. Statt des „schlechten Managements“ solle Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nach der Wahl „auch diese Aufgabe übernehmen“.
„An den Pranger gestellt“
Doskozil sei ein „echter Praktiker, der nicht nur Pressekonferenzen macht, sondern handelt“ und schon jetzt „der Sicherheitsminister schlechthin“, so Kern in dem Interview weiter. „Die genaue Ausformung“ der historisch wie verfassungsrechtlich bedenklichen Verquickung von Verteidigungs- und Sicherheitsagenden ließ Kern offen, aber er „habe in Salzburg gesehen, wie voll motiviert die Bundesheer-Truppe ist, und das wünsche ich mir auch für den Polizeiapparat.“
Die wütende Replik der ÖVP ließ nicht lange auf sich warten. Einig war man sich darin, dass Kern die Polizei beleidigt habe. Tirols Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) forderte eine Entschuldigung angesichts der „Herabwürdigung“ der Polizei, die Kern „an den Pranger gestellt“ habe. Platters Wiener Parteifreund Gernot Blümel sah eine „schäbige“ und „ungehörige Entgleisung“: „Solch plumpe Abwertungen einer ganzen Berufsgruppe sind unwürdig und schlichtweg abzulehnen.“
SPÖ sieht Täuschungsmanöver
SPÖ-Generalsekretär Georg Niedermühlbichler konterte, die ÖVP müsse sich bei den Polizistinnen und Polizisten entschuldigen, die unter den Folgen von Sobotkas verfehlter Politik zu leiden hätten, statt über dessen „katastrophale Bilanz hinwegzutäuschen“. Ohnehin habe man im Wahlkampf von der ÖVP „bis jetzt nette Bilder gesehen und schöne Worte gehört. Inhalte kann man mit der Lupe suchen und wird doch keine finden.“
Beleidigungsvorwurf als „Blödsinn“
Auch aufseiten der SPÖ kam aus den Bundesländern Zuspruch. Niederösterreichs SPÖ-Chef Franz Schnabl sagte, Sobotka sei „weiter auf Crashkurs und droht die Sicherheitsinfrastruktur in Österreich gegen die Wand zu fahren“. Die Verantwortung im Innenministerium und die Sicherheitspolitik müssten nach der Nationalratswahl „in engagiertere und kompetentere Hände“ gelegt werden, bewarb auch Schnabl seinen Parteifreund Doskozil für diesen Posten.
Die ÖVP-Kritik an Kerns Worten ist aus Schnabls Sicht „Blödsinn“: „Dass die Polizistinnen und Polizisten gute Arbeit leisten, betont der Kanzler immer wieder“, so Schnabl. Die Forderung nach Verbesserungen richte sich ja auch nicht an die Polizisten, sondern an den Innenminister. Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) beklagte Personalmangel in der Polizei wegen der „parteitaktischen Spielchen“ des Innenministers.
Sobotka spielt Ball an SPÖ zurück
Sobotka selbst sah „eine unglaubliche Entgleisung und einen absoluten Tiefpunkt“ seitens des Kanzlers und spielte den Ball für unbesetzte Planstellen zurück: „Eine unmittelbare Vollbesetzung sämtlicher Planstellen bei der Polizei ist nach dem derzeit durch das Bundeskanzleramt vorgegebenen System leider denkunmöglich.“ Erst wenn eine Planstelle geschaffen worden sei, könne auch ein dafür infrage kommender Polizeischüler aufgenommen werden. Die Polizeischulen seien voll besetzt, versicherte der Innenminister.
Schließlich klinkte sich mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer auch die FPÖ in die Debatte ein: In einer Aussendung warf er der Regierung eine „Wahlkampfposse“ um die Polizei vor und ortete ebenfalls „fehlende Wertschätzung gegenüber Exekutivbeamten“ an der Staatsspitze. Die FPÖ würde dagegen im Falle einer Regierungsbeteiligung die Polizei stärken, versprach Hofer. Gleichzeitig warnte er davor, dass „jedes Mal vor Wahlen“ Derartiges versprochen und dann nicht eingelöst werde.
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