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„Real“ erlebbares Kinoereignis

Regisseur Matt Reeves inszeniert „Planet der Affen: Survival“ mit wenigen expliziten Gewaltszenen, dafür mit eindringlichen Close-ups und der Fokussierung auf den inneren Konflikt des Affenanführers Caesar. Der dritte Teil der Vorgeschichte zur Kultsaga bringt erstmals die neue 4DX-Technik nach Österreich - man wird quasi geschüttelt und gerührt.

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Grüne Laserpointer in der Nacht: Soldaten sind auf Affenjagd. Caesars Kolonie und seine Familie schweben erneut in Gefahr. Der Hinterhalt fordert viele Menschen- und Affenleben, und nach dieser Eröffnungsschlacht ist klar: Es scheint nur Platz für eine Primatenspezies auf dem Planeten zu geben.

Szene aus dem Film "Planet der Affen: Survival"

2017 Twentieth Century Fox

Caesar (Andy Serkis) hat keine andere Wahl und muss sich dem Menschen stellen - seinem Feind

Oberst J. Wesley McCullough (Woody Harrelson) führt ein Heer an abtrünnigen Soldaten an, die blind seinen Befehlen folgen. Das Ziel: die Primaten zunächst versklaven und dann restlos auslöschen. Die gefangenen Affen sollen einen Schutzwall für McCullough bauen. Caesar beginnt einen Rachefeldzug, der ihn auf eine emotionale Probe stellt. Einerseits sitzt der Schmerz über den Tod seiner Liebsten tief - Rache wäre also angebracht. Andererseits hegt er den Wunsch nach einer gewaltfreien Lösung des Konflikts.

Performance Capturing in Nahaufnahme

Was sich nach einer idealen Ausgangsposition für einen lauten und effektvollen Kriegsfilm anhört, nimmt im Laufe der Geschichte zwar immer dramatischere, paradoxerweise aber auch ruhigere Züge an. Regisseur Reeves setzt oft auf Nahaufnahmen. Die Performance-Capturing-Technik macht die digitalen Tiere so authentisch, dass der Mensch dahinter spürbar wird.

Szene aus dem Film "Planet der Affen: Survival" mit Woody Harrelson

2017 Twentieth Century Fox

Woody Harrelson als skrupelloser Oberst J. Wesley McCullough, der seine Menschlichkeit verloren zu haben scheint

Obwohl der zweifache Oscar-Preisträger Woody Harrelson Ähnlichkeiten mit Marlon Brando in der Rolle des Colonel Walter E. Kurtz in „Apocalypse Now“ aufweist und durchaus überzeugt, kommt er weder an die Performance von Brando noch an die von Andy Serkis in der Rolle des Caesar gänzlich heran. Karin Konoval wiederum besticht zum dritten Mal mit ihren schauspielerischen Leistungen in der Rolle des treuen und gutmütigen Orang-Utans Maurice. Der einzige gute Mensch in „Survival“ ist das stumme Menschenkind Nova (Amiah Miller). Sie wird zum Symbol der Hoffnung, dass im Menschen doch ein Funken Humanität steckt - und ist die einzige signifikante weibliche Figur im Film.

Koba als Caesars Gewissen

Eine zentrale Rolle kommt dem Gorilla Koba zu - obwohl er im zweiten Teil ermordet wurde. Caesar geht sein ehemaliger Widersacher nicht aus dem Kopf. Droht auch er selbst so brutal zu werden wie sein einstiger Feind? Der als Versuchstier misshandelte Koba rief die Affen zum Krieg gegen die Menschen auf. Dabei schreckte er auch nicht davor zurück, seine Artgenossen zu töten. Der Grundsatz „Affe tötet nicht Affen“ galt für Koba nicht. Um nicht in die Fußstapfen Kobas zu treten, muss Caesar seine eigenen Gebote befolgen, leicht ist das aber nicht. Denn unter den Anhängern des Colonels befinden sich auch Verräter, etwa der Gorilla Esel.

Szene aus dem Film "Planet der Affen: Survival"

2017 Twentieth Century Fox

Der Orang-Utan Maurice (Karin Konoval) und das stumme Kind Nova (Amiah Miller) bringen Caesar auf den richtigen Weg

Doch die wahren Gräueltaten verüben die Menschen. In einer Szene, in der Caesar und seine Gefährten das Militärlager erreichen, finden sie gekreuzigte Primaten vor. Fast schon biblisch inszeniert Regisseur Reeves („Cloverfield“, „Planet der Affen: Revolution“) den Menschen als grausame Bestie.

Pferde in Winterlandschaften

Die meiste „Action“ spielt sich im Hintergrund ab. Die Affen werden als immer scharfsinnigere „Übertiere“ inszeniert, die aus dem Untergrund agieren und mit einem ausgeklügelten Plan versuchen, ihr eigenes Leben zu retten. Dazwischen präsentiert Reeves weite Winterlandschaften und Wälder, die nur zu Pferd überwunden werden können.

Außer dem für Blockbuster mittlerweile unerlässlichen 3-D-Format bekommt der Zuschauer nun im neuen 4DX-Kino im Wiener Gasometer einiges an fühlbaren Effekten geboten. Ein Zur-Seite-Neigen des Sessels während Kamerafahrten, trabende Pferde, eine Umarmung – all das wird durch Bewegungen des Motors im Kinostuhl erlebbar. Zwischendurch erfrischt der eine oder andere Wasserspritzer das Gesicht, und ein kühler Wind streift den Nacken.

Gute Dosis Action für erste Kinoerfahrung in 4DX

In „Survival“ wird zwar geschossen, galoppiert und in die Luft gejagt, die wahren Schmerzen zeigen sich jedoch in stillen Momenten. Selbst beim Showdown werden die Kampfgeräusche plötzlich dumpf, die Aufnahmen verlangsamen sich, und der Fokus wird wieder auf die Handlungen und Emotionen Einzelner gelegt.

Aufgrund der sparsam eingesetzten Action werden die Möglichkeiten von 4DX nicht überstrapaziert, ein guter Einstieg in das neue Kinoformat. Bis Ende 2017 sind rund 20 weitere Blockbuster in 4DX geplant, unter anderem „Cars 3: Evolution“ und „Thor 3: Tag der Entscheidung“. Ob sich 4DX im Gegensatz zu zahlreichen ähnlichen Vorläufertechnologien durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

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