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Höchste Rate in Südasien

Knapp die Hälfte aller Mädchen in Südasien heiratet einem UNO-Bericht zufolge vor dem 18. Geburtstag. Jedes fünfte Mädchen war bei seiner Hochzeit jünger als 15 Jahre, hieß es im aktuellen Bericht des UNO-Kinderhilfswerks (UNICEF).

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Die Region weise damit die höchste Rate von Kinderehen weltweit auf. Die meisten Betroffenen kommen laut Bericht aus Bangladesch - dort heiraten zwei Drittel der Mädchen vor dem Erwachsenenalter. Insgesamt wurden mehr als 700 Millionen der heute weltweit lebenden Frauen nach UNO-Angaben schon im Kindesalter verheiratet. Die Zahlen sind in den vergangenen drei Jahrzehnten kaum zurückgegangen, hieß es von UNICEF im Jahr 2014 auf einem Gipfel in London zu den Themen Kinderehen und Genitalverstümmelung.

Häusliche Gewalt und gefährliche Schwangerschaft

Wenn Mädchen unter 18 Jahren verheiratet werden, verlassen sie laut UNICEF häufiger die Schule als andere und sind öfter häuslicher Gewalt ausgesetzt. Rund 250 Millionen Mädchen würden sogar vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet. Werden die Teenager schwanger, sterben sie häufiger in der Schwangerschaft und im Wochenbett als junge, volljährige Frauen. Fast die Hälfte der Kinderbräute lebe in Südasien. Das Land mit dem höchsten Anteil an Kinderehen ist aber das afrikanische Land Niger mit 77 Prozent.

Gefährliche Geburt

Laut Weltbevölkerungsbericht bekommen in Entwicklungsländern jedes Jahr 7,3 Millionen Mädchen unter 18 ein Baby. Die Zahl der Schwangerschaften ist viel höher. Vor allem Kinderehen führen zu viel zu frühen Schwangerschaften, und Mädchen, die sehr früh verheiratet werden, bekommen sehr schnell Kinder, bestätigte Julia Alfandari, Genderexpertin der Hilfsorganisation CARE Österreich.

70.000 Mädchen weltweit sterben aufgrund von Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Ihre jungen Körper sind noch nicht bereit, ein Kind auszutragen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die zweithäufigste Todesursache von Kinderbräuten die Geburt eines Kindes. Aber auch die Kinder von allzu jungen Müttern sind in Gefahr: Wenn Teenager entbinden, komme es vermehrt zu Früh-, Fehl- und Totgeburten, so Barbara Maier, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe.

Schwere Verletzungen

Müssen sehr junge Mädchen entbinden, ist ihr Körper noch nicht reif genug für eine Schwangerschaft. Oft kommt die Geburt auch ins Stocken, weil die Wehen nachlassen. Bekommen in Europa Teenager ein Baby, wird meistens ein Kaiserschnitt gemacht. Doch in Entwicklungsländern ist das nächste Krankenhaus oft Hunderte Kilometer entfernt.

Die jungen Frauen liegen tagelang in den Wehen - mit oft dramatischen Folgen: Das Kind drückt so lange auf das Gewebe der Mutter, bis es abstirbt. Die Frauen erleiden dadurch Geburtsfisteln. Die Folge: Die Frauen werden inkontinent und von der Gemeinschaft geächtet. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen schätzt, dass weltweit zwei Millionen Frauen an Geburtsfisteln leiden. In Burundi, Nigeria, im Tschad und in Somalia werden in Fistelzentren jedes Jahr bis zu 1.000 Frauen operiert.

130 Millionen mit Genitalverstümmelung

UNICEF-Daten zufolge leben zudem weltweit 130 Millionen Mädchen und Frauen, denen die äußeren Geschlechtsorgane ganz oder teilweise entfernt wurden. Genitalverstümmelung und Kinderehen fügten den Mädchen tiefes und dauerhaftes Leid zu, so UNICEF-Geschäftsführer Anthony Lake. Sie würden daran gehindert, ihr volles Potenzial zu nutzen. „Mädchen sind kein Eigentum“, sagte er laut Mitteilung weiter. „Sie haben das Recht, über ihr Schicksal zu bestimmen.“

Genitalverstümmelung ist laut UNICEF vor allem in 29 Ländern in Afrika und im Nahen Osten besonders verbreitet. Die Folgen dieser Praxis, bei der meist unter unhygienischen Bedingungen und ohne Betäubung gearbeitet wird, können Infektionen, schwere Blutungen, Unfruchtbarkeit und ein Geburtsrisiko für Mutter und Kind sein. Viele Mädchen tragen auch seelische Verletzungen davon.

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