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„KT“ rittert für Merkel

Der frühere Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bestreitet jede Ambition für ein politisches Comeback. Obwohl von CSU-Chef Horst Seehofer umgarnt, erteilte er der Idee einer Rückkehr in die Bundespolitik stets eine Absage. Doch die Anzeichen, dass er es doch versuchen könnte, mehren sich.

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Ein Treffen mit CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hier, medienwirksame nette Worte von Parteigenossen da: Es ist ein öffentliches Sichbittenlassen, bei dem sich „KT“, wie Guttenberg früher intern genannt wurde, ziert. Der Bittsteller ist in diesem Fall Horst Seehofer, bayrischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender. Er rollt Guttenberg bei jeder Gelegenheit medial den roten Teppich aus.

„Schritt für Schritt einfädeln“

Ginge es nach Seehofer, wäre die Rückkehr Guttenbergs längst beschlossene Sache. Die Zeitung „Bild“ berichtete am Dienstag, dass Seehofer für den ehemaligen Verteidigungsminister ein „relevantes Ministeramt für die nächste Legislaturperiode“ vorgesehen habe. Welches Amt das sein könnte, ließ Seehofer noch offen.

Auch in der „Welt am Sonntag“ streute Seehofer dem ehemaligen Verteidigungsminister Rosen: „Ich würde es begrüßen, wenn er sich wieder Schritt für Schritt bei uns einfädeln würde“, stellt der CSU-Vorsitzende klar.

Als Fixstarter im Wahlkampf

Die CSU schätzt den Einfluss Guttenbergs auf das Wahlergebnis so hoch ein, dass sie ihn zu einigen Auftritten im anlaufenden Wahlkampf überreden konnte. Er soll als Redner für die CSU in Bierzelten Wahlkampf machen, auch ein Auftritt bei Anne Will wurde kolportiert. Wie es nach der Wahl weitergeht, hinge stark vom Wahlergebnis ab, so Seehofer. Für ihn sei es vor allem wichtig „fähige Leute um sich zu haben“, und Guttenberg gehöre auf jeden Fall dazu.

Angela Merkel und Karl-Theodor zu Guttenberg, 2011

APA/AFP/John Macdougall

Merkels ehemaliger Verteidigungsminister rührt für sie im Wahlkampf die Werbetrommel

In einem Interview mit der Wirtschaftsnachrichtenplattform Business Insider spielt der 45-Jährige seine Bedeutung herunter: Er werde nicht das „Zugpferd“ der CSU im Wahlkampf sein, sondern „eher ein kurzfristig auftretender Ackergaul“. Nach seiner sechsjährigen Pause von der Bundespolitik wolle er lediglich seinen Beitrag zur Wiederwahl Merkels leisten, so Guttenberg weiter. Auf die Frage, ob er mit seinen Auftritten auch persönliche Interessen verfolge, antwortete er lapidar: „Ich möchte fünf  Kilo Gewicht in der Hitze bayerischer Bierzelte verlieren.“

Der Ikarus der deutschen Politik

Der Umworbene hatte in den letzten sechs Jahren seinen Lebensmittelpunkt in die USA verlegt, um dort an seiner Beratungsfirma Spitzberg Partners zu arbeiten. Das war, nachdem ihm im Februar 2011 der Doktortitel von der Universität Bayreuth wegen eines Plagiats aberkannt worden war. Guttenbergs steile Karriere hatte mit seinem Rücktritt am 1. März ikarushaft ein jähes Ende gefunden.

Politisch war es für die CSU ein schwerer Schlag, war der Adelige, der eigentlich Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg heißt, doch Seehofers Nachwuchshoffnung, der durch die Plagiatsaffäre seine öffentliche Beliebtheit verspielte.

Seehofers Favorit soll Söder verhindern

Für den CSU-Chef ist jedoch die letzte Klappe noch nicht gefallen. Seit zwei Jahren bekräftigt er seinen Wunsch nach Guttenbergs Rückkehr in die vorderen Reihen der CSU. Möglicherweise sogar ganz vorne: Laut „Süddeutscher Zeitung“ wünscht sich Seehofer den Wahlamerikaner Guttenberg als Spitzenkandidat und nächsten CSU-Vorsitzenden. Schon 2015 holte Seehofer „KT“ in sein Kompetenzteam für den Wahlkampf.

Horst Seehofer und Karl-Theodor zu Guttenberg, 2010

APA/AFP/Christof Stache

Guttenberg sei eine „starke und begabte Persönlichkeit“, auf die Seehofer nicht verzichten will

Seehofer versucht mit seinen Avancen für Guttenberg auch seinen Parteikollegen Markus Söder auszustechen. Der bayrische Finanzminister Söder will Seehofer in dessen Position als Parteichef beerben, dieser sträubt sich aber gegen einen weiteren Aufstieg seines Finanzministers zum neuen starken Mann der Partei. Sein Alternativplan: Guttenberg.

Doch der sträubt sich auch. Die Expansion seiner Beratungs- und Investmentfirma fülle ihn gänzlich aus, ließ er über die „Süddeutsche Zeitung“ ausrichten. Er werde für die Zeit des Wahlkampfs in den Ring steigen und dort der CSU helfen, mehr Engagement werde es aber nicht geben. „Man braucht schon viel Fantasie, um das als politisches Comeback zu deuten“, kommentierte der ehemalige Politiker die Gerüchteküche.

Kritik an Merkel

Obwohl Guttenberg jede Ambition, wieder dauerhaft in der deutschen Politik mitzumischen, dementiert, reißen die Spekulationen über eine Rückkehr nicht ab. Daran ist auch Guttenberg selbst schuld: Trotz Politpension hat er sich bei Äußerungen zur aktuellen Tagespolitik nie ein Blatt vor den Mund genommen. Erst vergangene Woche äußerte er Verständnis für den Präsidenten seiner Wahlheimat Amerika, der den deutschen Handelsbilanzüberschuss stark kritisierte.

Auch die Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin nahm er in die Mangel: Das „Wir schaffen das“ von Merkel habe das Misstrauen der Wählerschaft in die Politik weiter verstärkt, wird er in „Focus“ (Onlineausgabe) zitiert. Auch wenn Guttenberg der deutschen Politik den Rücken gekehrt haben will: Allzu weit weg ist er nicht.

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