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IS-Chef schon mehrmals für tot erklärt

Der Chef der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Baghdadi, ist nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien tot. Laut dem Leiter der Organisation, Rami Abdel Rahman, hätten das hochrangige IS-Führer in der syrischen Provinz Deir al-Sor am Dienstag gemeldet - es handle sich um eine „bestätigte Information“.

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Es sei unklar, wann und wie Baghdadi gestorben sei, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle. Die oppositionsnahe Organisation stützt sich auf ein Netz von Aktivisten und Informanten in Syrien. Ihre Angaben können in der Regel von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Keine Bestätigung durch Pentagon

Das US-Außenministerium konnte die Information hingegen nicht bestätigen. Ein Sprecher des US-Zentralkommandos in Tampa, Florida, konnte die Meldung ebenfalls nicht bestätigen. „Wir haben keine operativen Berichte, die das bestätigen“, sagte er. Er verwies zudem darauf, dass ein Foto, auf das sich die Meldungen stützten, fünf Jahre alt sei. Auch der US-Kommandeur des Anti-IS-Bündnisses, General Stephen Townsend, erklärte, außerstande zu sein, Baghdadis Tod zu bestätigen oder zu dementieren. „Ich weiß es wirklich nicht“, sagte er am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Skeptisch zeigte sich auch die „New York Times“-Korrespondentin und IS-Expertin Rukmini Callimachi. Auf ihrem Twitter-Account argumentierte sie am Dienstag, dass es bisher kein IS-Statement zum Tod Baghdadis gegeben hätte. Auch würde ein IS-Sender die Information als „Fake News“ zurückweisen.

Tod von russischer Seite erst zuletzt vermeldet

Allerdings hatte auch Moskau erst kürzlich den Tod des IS-Chefs verkündet. Das russische Verteidigungsministerium hatte am 22. Juni erklärt, es überprüfe Hinweise, dass Baghdadi bei einem russischen Luftangriff nahe der syrischen IS-Hochburg al-Rakka ums Leben gekommen sei.

Militärische Luftaufnahme zeigt die gesprengte Moschee in Mossul

Reuters

Der IS selbst sprengte die Großmoschee Al-Nuri, in der Baghdadi einst sein „Kalifat“ ausgerufen hatte

Die russische Luftwaffe bombardierte am 28. Mai ein Treffen von Anführern der IS-Miliz südlich von al-Rakka. Den russischen Angaben zufolge wurden bei dem Angriff auch 30 IS-Kommandanten sowie bis zu 300 Kämpfer getötet, die für die Sicherheit der Kommandanten sorgen sollten. Die US-geführte Koalition konnte die Angaben damals nicht bestätigen. Baghdadi war in der Vergangenheit schon mehrfach für tot erklärt worden.

Deir al-Sor wird großteils noch vom IS kontrolliert

Die Provinz Deir al-Sor im Osten Syriens befindet sich derzeit noch größtenteils unter Kontrolle des IS. Baghdadi habe sich in den vergangenen Monaten in östlichen Bezirken der Provinz aufgehalten, sagte Abdel Rahman. Es sei aber unklar, ob der 46-Jährige dort oder an einem anderen Ort getötet worden sei.

Der Iraker hatte 2014 mit der IS-Miliz weite Teile des Irak und Syriens erobert. Im Juli 2014 war Baghdadi im irakischen Mossul das einzige Mal öffentlich aufgetreten. Dabei rief er das „Kalifat“ des IS in Teilen des Irak und im benachbarten Syrien aus und forderte Muslime auf, seinen Anweisungen Folge zu leisten.

Karte zeigt IS-Gebiete in Syrien und Irak

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/IHS Conflict Monitor

Letztes Lebenszeichen vor acht Monaten

Baghdadis letztes Lebenszeichen stammt vom vergangenen November, kurz nach Beginn der Offensive der irakischen Regierungstruppen und ihrer Verbündeten auf die nordirakische Stadt Mossul: In einer im Internet verbreiteten Audiobotschaft rief er damals seine Anhänger zum Durchhalten auf. Er selbst soll Mossul Anfang des Jahres verlassen haben.

Die irakische Regierung gab am Montag die vollständige Rückeroberung Mossuls aus den Händen des IS bekannt. „Ich verkünde heute der ganze Welt, dass der legendenumwobene terroristische Staat gescheitert und zusammengebrochen ist“, sagte Regierungschef Haider al-Abadi. Allerdings kontrolliert der IS noch weitere Gebiete im Irak.

Auch im Umland von Mossul gingen die Kämpfe weiter. Mit Luftunterstützung der von den USA geführten Koalition seien IS-Gebiete in der südlich von Mossul gelegenen Stadt Schirkat belagert worden, hieß es am Dienstag aus irakischen Sicherheitskreisen. Schirkat gehört zu einer der wenigen Gegenden im Irak, in denen die Dschihadisten noch aktiv sind.

Syrische Rebellen melden Abschuss von Flugzeug

Syrische Rebellen haben unterdessen den Abschuss eines Kampfflugzeugs der Regierungstruppen nahe einer Waffenstillstandszone im Süden des Landes gemeldet. Die beiden Rebellengruppen Armee der Löwen des Ostens (Dschaisch Usud al-Scharkija) und Ahmed-al-Abdo-Kräfte gaben am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung an, den Kampfjet über einem Gebiet unter Kontrolle der Armee abgeschossen zu haben.

Laut Beobachtungsstelle ereignete sich der Vorfall an der Grenze der Provinz Suaida, die Teil eines Gebiets ist, in dem am Sonntag eine neue Waffenruhe in Kraft trat. Die Feuerpause, die von den USA, Russland und Jordanien vermittelt wurde und die Provinzen Suaida, Daraa und Kunaitra umfasst, hat zu einem Rückgang der Kämpfe geführt.

Am Montag starteten die Regierungstruppen in Suaida aber einen Angriff auf die beiden Rebellengruppen, die nun den Abschuss des Kampfjets vermeldeten. In den vergangenen Jahren gab es in Syrien eine ganze Reihe von Initiativen für regionale Waffenruhen. Es ist jedoch bisher nicht gelungen, ein Ende der Kämpfe oder eine dauerhafte Lösung des Konflikts zu erreichen.

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