Polizei: „Entsetzt über Gewaltbereitschaft“
Bei der „Welcome to Hell“-Kundgebung gegen den G-20-Gipfel ist es am Donnerstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Etwa 1.000 Vermummte hatten sich nach Angaben der Polizei unter die Demonstranten gemischt - was die Polizei nicht duldete. Sie stoppte den Zug und setzte Pfefferspray sowie mehrere Wasserwerfer ein.
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Die Polizei sprach am Abend von insgesamt 74 verletzten Beamten. Mindestens 59 davon seien „leicht verletzt“. Zahlreiche Demonstranten wurden laut dem Veranstalter verletzt - einige ernsthaft. Man habe versucht, den „Schwarzen Block“ der Linksautonomen von den friedlichen Demonstranten zu trennen - dann hätte die Kundgebung fortgesetzt werden können. Das sei aber nicht gelungen. Polizeisprecher Timo Zill erklärte, man werde Vermummungen nicht dulden. Solange diese nicht abgelegt würden, dürfe der Zug nicht weiterziehen.
Polizei spricht von 12.000 Teilnehmern
Die Polizei hatte alle friedlichen Demonstranten dazu aufgerufen, sich von den Vermummten räumlich zu distanzieren. Sie sprach von einer aggressiven Stimmung. Später flogen Flaschen, es wurde Feuerwerk gezündet. Die Polizei hatte von Anfang an mit bis zu 8.000 gewaltbereiten Demonstranten gerechnet - am Abend sprach sie von 12.000 Teilnehmern.

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Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein - die Beamten wurden mit Gegenständen beworfen
Demo vom Veranstalter für beendet erklärt
„Der Aufzug wurde soeben durch den Anmelder für beendet erklärt“, teilte die Polizei am Abend schließlich mit. In den Seitenstraßen hätten Vermummte im Anschluss damit begonnen, „Wurfmaterial“ zu sammeln. „Gegenstände werden auf den Straßen angezündet. Wir bitten Unbeteiligte, sich vom Geschehen zu entfernen“, twitterte die Polizei. Auch ein brennendes Auto sei gemeldet worden.
Attac verurteilt Polizeistrategie
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac verurteilte die Strategie der Polizei. „Die Auseinandersetzungen (...) eine Eskalation mit Ansage: Es ist offenkundig, dass diese Demonstration nach dem Willen von Polizei und Senat nie laufen sollte“, sagte Roland Süß vom Attac-Koordinierungskreis. Dennoch hätten die Teilnehmer eine bemerkenswerte Disziplin an den Tag gelegt, um ihre politische Kritik an der G-20 auf die Straße zu bringen. Das zu verhindern sei von Beginn an Absicht und Strategie der Polizeiführung gewesen.
„Welcome to Hell“ war die erste Demonstration, bei der schon im Vorfeld mit Ausschreitungen gerechnet worden war. Die Kundgebungsteilnehmer hatten sich am Nachmittag auf dem Fischmarkt am Hamburger Hafen versammelt. Rund um den Fischmarkt waren Cafes und Restaurants aus Angst vor Ausschreitungen geschlossen. Einige Geschäfte waren mit Brettern vernagelt.
„Massive Kampagne“ gegen Demonstranten
Anders als für andere Veranstaltungen hatte die Polizei für „Welcome to Hell“ keine Auflagen erlassen. Anmelder Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum Rote Flora warf Innenbehörde und Verfassungsschutz dennoch vor, „eine massive Kampagne“ gegen Demonstranten zu führen.

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Beamte versuchten, den „Schwarzen Block“ vom Rest der Demonstranten zu trennen
Unter großem Sicherheitsaufgebot trafen davor erste Staats- und Regierungschefs ein. In der Stadt herrschte wegen der vielen Absperrungen Verkehrschaos. Erst unmittelbar vor Start der Demo bestätigte eine Gericht das Demonstrationsverbot für die Innenstadt während des Gipfels. Das Gericht wies damit Beschwerden von attac Deutschland gegen die Untersagung mehrerer Versammlungen am Freitag zurück.
Protestcamp verboten
Bereits im Vorfeld hatte es erste Protestaktionen gegeben. In der Nacht zum Donnerstag war es zu einem Brandanschlag auf ein Autohaus gekommen. Der Fußballclub St. Pauli erklärte nach dem Verbot des großen Protestcamps, das vielen Demonstraten als Schlafplatz dienen sollte, Teile seines Stadions am Millerntor für Übernachtungen der Gipfelgegner zur Verfügung zu stellen.
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz verteidigte den G-20-Gipfel gegen Kritik. „Unbedingt“, antwortete er auf die Frage, ob der große Aufwand für die Zusammenkunft gerechtfertigt sei. Bis zu 20.000 Polizisten sollen die Veranstaltung gegen gewaltbereite Demonstranten und islamistische Anschläge schützen. Begleitet wird das G-20-Treffen auch von Kulturveranstaltungen und Popkonzerten - aber auch von Konferenzen, die über Alternativen zu den Lösungsansätzen der G-20-Regierungen für die von Klima bis Krieg reichenden Krisen der Welt debattieren.
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