Schulterschlüsse, Drohgebärden, Demos
Der Beginn des Hamburger Gipfels der 20 größten Industrieländer und aufstrebenden Wirtschaftsnationen (G-20) rückt näher. Davon zeugte nicht nur die Ankunft der ersten Staatsgäste am Donnerstag - viele Gipfelteilnehmer loten im Vorfeld verstärkt Chancen zur Einigung in konfliktträchtigen Themen wie Handel und Klima aus.
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Hektisches Treiben herrschte am Donnerstag dann auch auf Hamburgs Flughafen. Nach Chinas Präsident Xi Jinping, der von einem Staatsbesuch in Berlin nach Hamburg reiste, kam am Nachmittag auch US-Präsident Donald Trump in der Hansestadt an. Von den weiteren Gipfelteilnehmern wurden unter anderen Japans Premier Shinzo Abe, Argentiniens Staatschef Mauricio Macri, Kanadas Premier Justin Trudeau, Norwegens Regierungschefin Erna Solberg und Südafrikas Präsident Jacob Zuma bereits auf dem Flughafen empfangen.

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Trudeau kam mit seiner Frau Sophie Gregoire und Sohn Hadrien
Trump-Spitzen gegen Russland in Polen
Mit Spannung erwartet wird in diesem Zusammenhang das am Freitag anstehende erste direkte Aufeinandertreffen Trumps mit Russlands Staatschef Wladimir Putin am Freitag. Trump besuchte vor seiner Abreise nach Hamburg noch eine Konferenz von zwölf osteuropäischen Regierungschefs in Warschau. Bereits am Donnerstagabend traf sich Trump zudem zu einem Vieraugengespräch mit der deutschen Kanzlerin und G-20-Gastgeberin Angela Merkel im Hamburger Atlantic-Hotel.

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Trumps Reise nach Hamburg führte über Polen
Das ohnehin angespannte Klima zwischen den USA und Russland wurde von Trump im Rahmen seines Polen-Besuches noch einmal angeheizt: Der US-Präsident kündigte am Donnerstag Schritte gegen das „destabilisierende Verhalten“ Moskaus an. Zudem wurde bekannt, dass die USA Polen Patriot-Abwehrraketen verkaufen, um das Land vor möglichen Aggressionen aus Russland zu schützen.
Die Themenpalette reicht vom Kampf gegen Terrorismus über Syrien und den Irak bis zur Krise um Katar und Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm. Außerdem sollte es ein Treffen Merkels und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit Putin geben, bei dem die Ukraine-Krise im Vordergrund stehen dürfte.
Putin sucht Annäherung an Merkel
Der Kreml bestritt prompt die Vorwürfe des US-Präsidenten und erklärte, man verstehe noch nicht, wie Trump die Beziehungen zu Russland gestalten wolle. Putin suchte indes die Annäherung an Merkel und sicherte der Gipfelgastgeberin seine Unterstützung gegen Protektionismus zu.
„Ich bin der Überzeugung, dass nur offene, auf einheitlichen Normen und Standards basierende Handelsverbindungen das Wachstum der globalen Wirtschaft stimulieren und eine fortschreitende Entwicklung zwischenstaatlicher Beziehungen fördern können“, sagte Putin gegenüber dem deutschen „Handelsblatt“. Zugleich machte er aber Differenzen deutlich. So seien die Sanktionen der USA und der EU gegen sein Land verdeckter Protektionismus.

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Xi mit Gastgeberin Merkel: Zuerst auf Staatsbesuch, dann Gipfelgast
Bereits am Mittwoch hatten sich sowohl Xi als auch Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hinter den multilateralen Ansatz der deutschen Kanzlerin bei den Themen Klimawandel und Freihandel gestellt. Nach den Worten des chinesischen Vizefinanzminister Zhu Guangyao suche China auf dem G-20-Gipfel ein Bekenntnis gegen Protektionismus. Kritik fand Zhu auch für die verschärfte US-Vorgangsweise im Nordkorea-Konflikt: „Streit wird alle nur zu Verlierern machen.“
„Viele, viele andere“ weiter hinter Paris-Abkommen
Als eines der größten Probleme des Treffens gilt das Abrücken Trumps vom Pariser Klimaschutzabkommen. Putin wiederum bekannte sich zum Klimavertrag, aus dem die USA aussteigen wollen. Der Entwurf für die G-20-Abschlusserklärung sieht nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters einen Kompromissvorschlag vor: Zwar wird einerseits die Kluft zwischen den USA und den anderen führenden Industrie- und Schwellenländern beim Klimaabkommen betont. Andererseits sollen sich alle 20 Regierungen dazu bekennen, die Treibhausgase zu verringern.
Merkel sagte nach ihrer Ankunft in Hamburg, obwohl die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen wollten, stünden „viele, viele andere“ weiter zu der Vereinbarung. Es gebe verschiedene Optionen für eine Lösung, um eine gemeinsame Abschlusserklärung des Gipfels zu verabschieden.
Warschau-Besuch als Signal
Trump suchte sich als Startpunkt für seinen Europabesuch vor dem G-20-Treffen nicht Paris, London oder Berlin aus, sondern Warschau und die dortige rechtspopulistische und europaskeptische Regierung. In erster Linie geht es Polen und den anderen Ländern der Region um amerikanische Gaslieferungen, mit denen sie ihre Abhängigkeit von russischem Gas verringern wollen.

APA/dpa/Bernd von Jutrczenka
Südafrikas Präsident Jacob Zuma bei seiner Ankunft in Hamburg
Trumps Besuch wertet das Treffen der Dreimeeresinitiative vom Baltikum bis zum Balkan erheblich auf. Beobachter unterstellen dem US-Präsidenten in diesem Zusammenhang, ein Gegengewicht zu den westlichen EU-Staaten schaffen zu wollen.
Merkel: „Nicht nur die Großen am Tisch“
Merkel emfping am Donnerstag unterdessen den Regierungschef von Singapur und Vorsitzenden der Global Governance Group (3G), Lee Hsien Loong. Lee setze sich als 3G-Vorsitzender „sehr stark dafür ein, dass die Interessen kleiner und mittlerer Länder nicht vergessen werden“, sagte Merkel bei einem gemeinsamen Presseerklärung im Berliner Kanzleramt.
Durch Lees Teilnahme am Gipfel werde sichergestellt, dass auf dem G-20-Gipfel „eben nicht nur die Großen am Tisch sitzen“. Die 3G-Gruppe ist ein Zusammenschluss von etwa 30 Staaten, darunter Chile, Finnland, Neuseeland, die Philippinen, die Schweiz und Vietnam. In einer Erklärung zum G-20-Gipfel setzte sich die 3-G-Gruppe für den Abbau von Handelsschranken, nachhaltiges Wachstum und die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ein.
Umfangreiches Rahmenprogramm
Begleitet wird das G-20-Treffen auch von Kulturveranstaltungen und Popkonzerten - aber auch von Konferenzen, die über Alternativen zu den Lösungsansätzen der G-20-Regierungen für die von Klima bis Krieg reichenden Krisen der Welt debattieren - mehr dazu in fm4.ORF.at.
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