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Endlich auf der Siegerstraße

Die einzige Möglichkeit, im Casino mit Sicherheit zu gewinnen, ist eines zu betreiben, lautet die einfache Erkenntnis. Und die Johansens und ihr Nachbar Frank benötigen dringend viel Geld – geht es doch auch um die Ausbildung der Tochter. Das Casino wird jedenfalls zur Goldgrube. Und damit wandelt sich der Lifestyle: Aus biederen Bürgern werden Gangster, denen die Sache über den Kopf wächst.

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„Casino Undercover“ (Originaltitel: „The House“) ist das Spielfilmdebüt von Regisseur Andrew Jay Cohen. Was Filmstoffe über nachbarschaftliche Verhältnisse betrifft, bringt er viel Erfahrung mit: Als Drehbuchautor war er für die Komödienreihe „Bad Neighbors“ mitverantwortlich. Darin gerät eine Jungfamilie, die Ruhe sucht, in Interessenkonflikt mit der benachbarten, etwas feierwütigen Studentenverbindung, was zu viel Brachialkomik und ab 2014 zu klingenden Kinokassen geführt hat. „Bad Neighbors“ wird gern mit der „Hangover“-Reihe verglichen. Filme, die ins Chaos führen.

Szene aus dem Film "The House"

2017 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC., VILLAGE ROADSHOW FILMS NORTH AMERICA INC. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC

Der College-Platz ist in der Tasche, doch es fehlt das Geld. Amy Poehler, Ryan Simpkins und Will Ferrell sind die Johansens.

Im Zentrum von „Casino Undercover“, an dem Cohen auch als Autor mitgewirkt hat, stehen das Ehepaar Kate (Amy Poehler) und Scott Johansen (Will Ferrell) sowie deren Nachbar Frank Theodorakis (Jason Mantzoukas). Nicht nur, dass sie direkt nebeneinander wohnen. Die drei vereint neuerdings auch, dass sie pleite sind und sehr schnell sehr viel Geld benötigen, was diverse Gründe und Vorgeschichten hat, die aber bereits erahnen lassen, dass der Film womöglich nicht zum Genreklassiker wird.

Bildung vs. Ballermann

Eigentlich hätte Alex , die Tochter der Johansens (Ryan Simpkins), ein College-Stipendium der Kommune erhalten sollen – doch der korrupte und dabei wunderbar psychopathische Gemeindevorstand Bob (Nick Kroll) steckt das Geld lieber in ein Projekt zur Freizeitbelustigung der Einwohner der fiktiven Kleinstadt Fox Meadow. Bildung vs. Ballermann. Beim Versuch, in Las Vegas das Geld für die Ausbildung der Tochter mittels Glücksspiels zu lukrieren, verlieren die Johansons ihr letztes Bargeld. Die Talsohle ist erreicht.

Szene aus dem Film "The House"

2017 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC., VILLAGE ROADSHOW FILMS NORTH AMERICA INC. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC

Franks Haus wird schnell zum beliebtesten Ort in Fox Meadow

Die Idee zum schiefgelaufenen Refinanzierungstrip in die Zockermetropole hatte Nachbar Frank, der spielsüchtig und notorisch pleite ist, und dessen Frau gerade endgültig vor ihm geflüchtet ist. Doch Frank hat weitere glänzende Ideen: Warum den Spieß nicht umdrehen und selbst ein Casino gründen? Was über die Kinogeher außerordentlich unvermittelt hereinbricht. Cohen schafft es kaum, den emotionalen Antrieb zu vermitteln. „Casino Undercover“ tut sich von Beginn an schwer, die Geschichte glaubwürdig auf Linie zu bringen.

Alles im Sortiment

Franks Haus verwandelt sich in ein illegales Casino, und die gelangweilten Bewohner von Fox Meadow sind angesichts des neuen Freizeitangebots, das vom findigen Frank ständig erweitert und professionalisiert wird, begeistert. Das Haus wird zum Mekka der Wohlstandsverwahrlosten. Selbst auf an Ort und Stelle ausgetragene Kämpfe kann gewettet werden - sexuelle Gefälligkeiten bilden die logische Erweiterung des Angebots. Der Rubel rollt. Aus den biederen Kleinstadtbewohnern werden abgebrühte Glücksspielprofis mit Gangsterallüren. Und die Bank gewinnt immer.

Regisseur Cohen hat im Vorfeld des Films davon gesprochen, den Fokus in der Inszenierung sehr bewusst auf den Rollenwechsel der Spießbürger, die Gangster sein wollen, gelegt zu haben, und spricht damit neben der wenig plausibel eingeleiteten Geschichte die zweite große Schwachstelle des Filmes an. „Casino Undercover“ gibt sich arg bemüht, auch wenn die hochprofessionelle Machart stets zu spüren ist.

Unfreiwilliges Laientheater

Wenn die Kleinstädter verruchte Casinoatmosphäre imitieren, gleitet „Casino Undercover“ in Richtung Laientheater ab – der Rollentausch wirkt über weite Teile plump und entwickelt beim Brechen der Muster wenig Humor. Selbst das Gespann der Comedy-Giganten Ferrell und Poehler kann da nur bedingt etwas ausrichten. Besonders Poehler, die zwar als resolut veranlagte Verbrechenspartnerin auch Pfeffer ins Spiel bringt, gibt sich oft hölzern, als stünde sie alleine auf einer Comedy-Bühne und nicht inmitten eines rasanten Filmplots.

Szene aus dem Film "The House"

2017 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC., VILLAGE ROADSHOW FILMS NORTH AMERICA INC. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC

Mit dem Erfolg beginnt sich der Lifestyle zu wandeln

Ohne große Lacher geht es bei Ferrell dennoch nicht. Und insbesondere Mantzoukas als Frank Theodorakis glänzt als bauernschlauer Loser, auf dessen Höhen umso schnellere Tiefen folgen. Wobei es auch als platt empfunden werden darf, den notorischen Pleitier mit griechischen Wurzeln zu belegen. „Casino Undercover“ ist mitunter sehr einfach.

Bescheidene Qualitäten

Und im Bereich des Einfachen liegen seine unterhaltsamen Stärken: Die Lacher hat der Film dann auf seiner Seite, wenn der Slapstick besonders brachial wird, das Blut in Fontänen spritzt und Ferrell zum Rächer mutiert – oder im Fight Club des Casinos gezeigt wird, was insbesondere Brutalität unter Frauen bedeutet. Der Film will die Oberfläche nicht verlassen.

Dementsprechend liefert „Casino Undercover“ formelhaftes Komödienkino, das allzu sehr auf bewährte Strickmuster setzt und dem die Starbesetzung mit Ferrell und Poehler nur selten vom Fleck hilft. Gelangweilte Wohlstandsbürger, die abgezockt werden, führen in Spielfilmlänge zu einer gewissen Sättigung. Und selbst das edle Motiv, mit der illegal erwirtschafteten Kohle die Ausbildung der Tochter zu finanzieren, mag so gar nicht wirken, wenn das andauernde Gefühl vermittelt wird, dass nicht das erworbene Wissen, sondern das mit dem College-Abschluss verbundene Sozialprestige zählt.

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