Demonstrationen in 200 Städten
Bei Protesten gegen die russische Führung sind Mitte Juni Hunderte Menschen festgenommen worden. Allein in Moskau seien mehr als 700 Menschen in Gewahrsam genommen worden, in St. Petersburg gab es mehr als 500 Festnahmen, berichteten das Bürgerrechtlerportal OVD-Info und Reuters. Zu den Protesten in rund 200 Städten hatte der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny aufgerufen - er wurde verhaftet.
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Wegen des Verstoßes gegen Versammlungsauflagen wurde er zu einer 30-tägigen Haftstrafe verurteilt. Die russische Polizei teilte mit, Nawalny würden die Missachtung von Polizeianweisungen und Verstöße gegen die öffentliche Ordnung vorgeworfen.
Nawalny vor seinem Haus verhaftet
Nawalny wurde noch vor Beginn der Demos vor seinem Haus festgenommen, wie seine Frau auf Twitter meldete. Er sei von Polizeikräften in Gewahrsam genommen worden, als er sich zu einer von ihm organisierten, nicht genehmigten Demo aufmachen wollte. Zudem sei in seinem Büro der Strom abgedreht worden, so eine Sprecherin von Nawalnys Stiftung zum Kampf gegen Korruption in einem weiteren Tweet. Ein Live-Internetstream aus Nawalnys Büro ging zudem offline.
In ganz Russland waren Anhänger des führenden Oppositionellen auf die Straße gegangen. Allein im sibirischen Nowosibirsk protestierten nach Angaben örtlicher Medien rund 3.000 Menschen gegen Korruption, weitere Demos gab es in zahlreichen anderen Städten.

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Die Einsatzkräfte gingen mit voller Härte gegen Demontranten vor
In den meisten Orten wurden die Demos nicht erlaubt - die Proteste fallen mit einem russischen Nationalfeiertag zusammen. Russland feiert am 12. Juni die Unabhängigkeit von der Sowjetunion seit 1991. Die Protestteilnehmer würden sich unangemessen verhalten, zitierte die Agentur Interfax offizielle Angaben.
Demo näher zu Kreml verlegt
Nawalny hatte am Vorabend angekündigt, den Ort der Protestveranstaltung zu ändern, weil die Stadtverwaltung von Moskau die Organisatoren daran gehindert habe, am eigentlich vorgesehenen Ort eine Bühne und anderes Material aufzubauen. Er kündigte daraufhin an, dass die Demonstration stattdessen auf der Twerskaja-Straße stattfinden werde, einer Hauptdurchgangsstraße zum Kreml. Die Straße sei ideal für ihre Ziele, denn sie sei ohnehin für den Nationalfeiertag verkehrsberuhigt, schrieb er.

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Allein in Moskau soll es über 600 Festnahmen gegeben haben
EU-Parlament und Amnesty besorgt
Das EU-Parlament und Amnesty International verurteilten die Festnahmen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani äußerte sich „besorgt“ über die Inhaftierung Nawalnys. Amnesty sprach von „alarmierenden Szenen“ und kritisierte die Gewalt gegen Demonstranten. Auch das Weiße Haus verurteilte die Festnahmen scharf. Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, rief die russischen Behörden in Washington auf, „alle friedlichen Demonstranten“ unverzüglich freizulassen.
Nawalny will gegen Putin antreten
Nawalny will 2018 als Präsidentschaftskandidat antreten. Mit einer Onlinekampagne ist es ihm gelungen, eine neue Generation auf die Straße zu treiben. Er rief zu Protesten gegen die Korruption auf, nachdem er einen Film veröffentlicht hatte, in dem Ministerpräsident Dimitri Medwedew vorgeworfen wird, ein riesiges Vermögen durch ein Netzwerk an Stiftungen zu kontrollieren. Ende März hatte Nawalny bereits die größten Proteste seit Jahren organisiert. Hunderte Menschen wurden festgenommen, darunter auch Nawalny selbst. Nach 15 Tagen kam er wieder frei.
Nawalny ist selbst nicht unumstritten: Seine nationalistische Rhetorik und die Teilnahme an Aufmärschen ausländerfeindlicher Gruppierungen sorgen bei vielen für Kritik. Zentralasiaten und Kaukasier will er etwa aus Russland draußen halten.
Farbattacke auf Nawalny im April
Ende April wurde Nawalny vor einer Veranstaltung in Moskau durch eine Farbattacke am Auge verletzt. Ein kremltreuer Aktivist hatte dem 40-Jährigen das rechte Auge mit Desinfektionsmittel verätzt. Nawalny fürchtete daraufhin um sein Sehvermögen. Er ließ sich schließlich in Barcelona operieren. Die Heilung werde aber noch mehrere Monate dauern, berichtete Nawalny.
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