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Flaute bei Buchungen hält an

Die Türkei ist als Urlaubsziel kaum noch gefragt: Angst vor Terror und politische Unruhen haben in den vergangenen Jahren für eine Flaute in türkischen Hotels gesorgt. Eine Entspannung im dauerhaften Krisenmodus ist auch heuer nicht in Sicht. Der damit einhergehende Preisverfall könnte aber zumindest kurzfristig Betten füllen.

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Beim Ranking der beliebtesten Reiseziele der Österreicherinnen und Österreicher belegt die Türkei nur noch einen der hinteren Plätze. Lag sie 2007 noch auf Platz fünf bei den Umfrageergebnissen der Statistik Austria, gab im Vorjahr nur noch ein Drittel an, in der Türkei Urlaub zu machen - damit liegt das Land weit abgeschlagen auf Rang zehn.

Auch die großen österreichischen Reisebüros verzeichnen dieses Jahr schlechte Buchungszahlen. „Für die Türkei ist keine Erholung in Sicht, im Gegenteil - durch den Ausgang des Referendums (Staatspräsident Recep Tayyip Erdogans Sieg beim Verfassungsreferendum, Anm.) weichen die Österreicher noch mehr auf andere Reiseziele aus“, sagte Ruefa-Geschäftsführer Walter Krahl Ende Mai im Hinblick auf die schwachen Zahlen. Auch laut Österreichischem Reiseverband (ÖRV) wird erwartet, dass sich der Rückgang bei den Urlaubern 2017 fortsetzt. Gerechnet wird mit bis zu 140.000 Gästen aus Österreich, das sind rund 25 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

Erstmals seit zwei Jahren leichter Zuwachs

Doch das türkische Tourismusministerium vermeldete dieses Jahr erstmals wieder mehr Besucher nach dem abrupten Rückgang des Vorjahres. Die Zahl der ausländischen Besucher im April stieg um 18 Prozent auf mehr als zwei Millionen. Vor allem Russen buchten verstärkt Türkei-Reisen. Auf sie entfiel rund die Hälfte des Zuwachses.

Strand in der Türkei

Reuters/Kaan Soyturk

Auch die bei heimischen Touristen beliebte Region Antalya verzeichnete in den letzten Jahren Rückgänge

Last-Minute-Angebote boomen

Und auch hierzulande könnte die Türkei bald wieder stärker als Destination gefragt sein. Denn die anhaltend niedrige Nachfrage und die leer gebliebenen Betten der vergangenen zwei Jahre führten auch zu einem deutlichen Preisverfall bei Reisen in das Land am Bosporus. So werben einzelne Anbieter mit einer Woche All-inclusive-Urlaub um deutlich unter 400 Euro als Last-Minute-Angebot.

Das Potenzial für eine mögliche Trendwende durch den Billigurlaub in letzter Minute sehen offenbar mehrere Reisebüros. „Bereits zu Saisonbeginn haben wir gesagt, dass die Türkeibuchungen im Last-Minute-Bereich kommen werden“, so die Geschäftsführerin von TUI Österreich, Lisa Weddig. „Die Buchungen ziehen langsam wieder an. Online war das Interesse die ganze Zeit über hoch. Bei den Suchbegriffen auf unseren Websites lag die Türkei immer unter den Top Fünf, jetzt kommen auch langsam die Buchungen dazu.“

Für Josef Peterleithner, Präsident des ÖRV, liegt der Boom bei den Last-Minute-Angeboten darin begründet, dass die Österreicher „insgesamt sehr früh gebucht“ hätten, sagt er gegenüber ORF.at. In anderen Ländern seien dadurch weniger Kapazitäten frei. Vor allem „in den letzten Wochen“ sei das Interesse an der Türkei rasant gestiegen.

Günstiger Preis als Hauptargument

Das Preis-Leistungsverhältnis sei bei solchen Angeboten wesentlich, so Peterleithner. Die Angst vor Terror ist bei der Buchung von Reisen in die Türkei offenbar nicht ausschlaggebend, denn auch Weddig hebt das Preisargument hervor: „Die Türkei ist ein preisgünstiges Urlaubsland, das aber eine sehr hohe Hotelqualität aufweist“, so Weddig. Auch beim auf Last-Minute-Angebote spezialisierten Reisebüro Restplatzbörse sieht man bei der Türkei einen „starken Aufwärtstrend“.

„Die Gästebewertungen sind überdurchschnittlich hoch. Das heißt, jene Gäste, die hinfliegen, sind sehr zufrieden“, so die TUI-Geschäftsführerin. Sie sieht die Besucher auch als „Botschafter“, das positive Feedback helfe den türkischen Hoteliers, die sich jetzt besonders um ihre Gäste bemühen müssten.

Subvention für Ferienflüge

Von der türkischen Regierung gibt es unterdessen weiterhin finanzielle Anreize für Reiseveranstalter. Subventionen für Flüge, die typische Urlauberflughäfen in der Türkei ansteuern, wurden ausgebaut. Für jeden Charterflug ist ein Zuschuss von mindestens 6.000 Dollar (rund 5.300 Euro) vorgesehen. Die Initiative soll noch bis Jahresende laufen.

Man biete Reisen in die Türkei aber auch deshalb verstärkt an, um Menschen, die in der Tourismusbranche arbeiten, zu unterstützen, so Peterleithner. Man dürfe diese „nicht nur in guten Tagen“ unterstützen. Die Türkei sei nach Griechenland immer die wichtigste Sommerdestination der Österreicher gewesen. „Der Eisverkäufer“ könne nichts für die politische Situation in dem Land, so Peterleithner.

Ausnahmezustand gilt weiterhin

Auslöser für den Einbruch der gebuchten Urlaube waren unter anderem politische Unruhen in der Türkei. Im Sommer 2015 war der Friedensprozess mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zusammengebrochen. Danach eskalierte die Gewalt im Land, die Besucherzahlen brachen ein. Nicht nur die PKK, auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat seitdem schwere Anschläge in der Türkei verübt.

Der bisher letzte schwere Anschlag - der Überfall auf einen Club in Istanbul in der Silvesternacht - liegt bereits einige Monate zurück. Abschreckend auf Touristen dürften auch der Putschversuch vom Juli 2016 und der anschließend verhängte Ausnahmezustand wirken, der weiter in Kraft ist und unter dem es zu Massenfestnahmen kommt. Das österreichische Außenministerium hat für die Türkei eine partielle Reisewarnung ausgesprochen - sie gilt allerdings nur in den Gebieten nahe der syrischen und irakischen Grenze. Typische Touristengebiete sind davon nicht betroffen.

„Gewöhnungseffekt“ für Lage

Längerfristig sieht Peterleithner „einen gewissen Gewöhnungseffekt“, was Urlaube in der Türkei anbelangt. Er erinnert an die Situation nach dem „arabischen Frühling“ und nennt als Beispiele Länder wie Tunesien und Ägypten sowie auch Thailand, wo im Jahr 2004 ein Tsunami für große Zerstörung sorgte. Auch dorthin seien die österreichischen Urlauber nach einiger Zeit zurückgekehrt.

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