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Ehemalige Mutterpartei zu „angepasst“

Nach dem grünen Bundeskongress am Wochenende, bei dem durch den Abgang etwa von Parteiurgestein Peter Pilz Bruchlinien in der Partei mehr als deutlich geworden sind, ist am Montag der nächste Abschied gefolgt: Die Jungen Grünen, seit dem Streit über ihre Positionierung bei der ÖH-Wahl offiziell kein Teil der Partei mehr, treten gemeinsam mit der KPÖ bei der kommenden Nationalratswahl an.

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Junge-Grüne-Sprecherin Flora Petrik gab den Wechsel unter das Dach der KPÖ am Montag just bekannt, während Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek ihre Pressekonferenz nach dem Parteitag abhielt. Nach Petriks Dafürhalten soll die KPÖ durch das Zusammengehen mit den Jungen Grünen zur „KPÖ PLUS“ werden. „PLUS“ steht dabei für „Plattform unabhängig & solidarisch“, wodurch die KPÖ zur „Mitmachplattform“ für alle werden soll, die „sich für eine solidarische und demokratische Gesellschaft einsetzen“.

Attacke auf „unglaubwürdige“ Grüne

Attraktiv sein will die Gruppe für Menschen mit „Angst um ihre Zukunft“, die „die Nase voll von den Parteien im Parlament“ haben. Daran, dass damit auch die Grünen gemeint sind, lässt die bereits vorhandene Internetpräsenz der Gruppe keinen Zweifel: „Auch die Grünen sind längst Teil des Systems“, heißt es da. „Eine starke Bewegung gegen den Rechtsruck“ erwartet die Gruppe ebenfalls nur von sich selbst und nicht von der Mutterpartei.

Mit Kritik an den Grünen hielt sich Petrik auch auf der Pressekonferenz am Montag nicht zurück: Diese seien keine glaubwürdige soziale Alternative, die Wahl für sie ein „Schönheitswettbewerb“. Die einstige Jugendorganisation der Oppositionspartei war aufgrund eines Konflikts vor der ÖH-Wahl bei der gesamten Bundespartei unter der ehemaligen Chefin Eva Glawischnig in Ungnade gefallen, als die Jungen Grünen der grünen Studierendenfraktion GRAS die Gefolgschaft verweigerten.

Doch kein „Neuanfang“ mit Lunacek

Nach dem Abgang von Glawischnig hatte Petrik noch auf einen „Neuanfang“ gehofft und auf ihre „ausgestreckten Hände“ verwiesen. In der Sache zeigte sich die Gruppe aber nicht kompromissbereit. Am Montag sagte Petrik nun, man habe seither versucht, Gespräche zu führen und Kompromisse zu finden, jedoch hätten sich alle Befürchtungen bestätigt. Die Grünen seien eine „angepasste“ Oppositionspartei, mit der man den Aufstieg der Freiheitlichen nicht verhindern werde.

Aber nicht nur in der FPÖ allein sehen die Jungen Grünen eine Gefahr. Auch andere etablierte Parteien drifteten mehr und mehr nach rechts. Die SPÖ mache „schon jetzt bei jeder politischen Sauerei mit“. Eine Stimme für die Sozialdemokraten sei „eine Stimme für Rot-Blau“. Selbst sei man hingegen kein Teil dieses „verkrusteten Systems“. Was mit dem Gebilde „Junge Grüne“ passiert, soll Ende Juli „von allen Mitgliedern demokratisch bestimmt“ werden.

KPÖ sieht perfektes Gespann

„Unsere Erfahrung und ihr Elan sind die ideale Kombination für diese Wahl“, hieß es in einer Aussendung von KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner. Man wolle „die große Lücke im politischen System unseres Landes links von Sozialdemokratie und Grünen füllen“. KPÖ und Junge Grüne würde „neben den politischen Grundsätzen die Glaubwürdigkeit“ verbinden. Die Jungen Grünen hätten außerdem bewiesen, „dass sie sich nicht verbiegen lassen“.

Wechsel von Pilz zu SPÖ für Schieder „verlockend“

Die am Wochenende bestätigte Doppelspitze von Lunacek und Parteichefin Ingrid Felipe bekommt es damit mit einer weiteren Bruchlinie im eigenen Spektrum zu tun. Der Parteitag brachte etwa den Ausstieg von Pilz, zudem das Ausscheiden des langjährigen Budgetsprechers Bruno Rossmann und darüber hinaus wenig attraktive Platzierungen auf den Wahllisten für Routiniers wie Gabriela Moser.

Die personellen Konflikte führten am Montag sogar SPÖ-Klubchef Andreas Schieder zum „verlockenden Gedanken“ eines Wechsels von Pilz zur SPÖ. Falls Pilz ein entsprechendes Zeichen gäbe, würde er sofort ernsthaft darüber nachdenken, so Schieder bei einer Pressekonferenz. Die Hoffnungen darauf schätzt er aber als gering ein, Pilz habe schon einmal eine schmerzhafte Trennung von der SPÖ vollzogen: Schieder erinnerte damit indirekt daran, dass Pilz dereinst vom jungen Michael Häupl aus dem Verband sozialistischer Studenten ausgeschlossen worden war.

Für Pilz „bleibt es dabei“

Pilz’ Ausstieg aus der Politik ist allerdings fix: Auch nach einem weiteren Appell von Lunacek, sich zu einer Kandidatur für die Nationalratswahl auf der Bundesliste (statt der Wiener Liste) überreden zu lassen, meinte er am Montag: „Es bleibt dabei.“ Auch einen Wechsel auf die Liste irgendeiner anderen Partei, sei es die SPÖ, die ÖVP oder NEOS, wird es nicht geben. „Ich bin nicht einmal bereit, für das Team Stronach zu kandidieren“, scherzte er.

Ulrike Lunacek, Grüne-Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl

APA/Herbert Neubauer

Lunacek bedauert Pilz’ Abgang

Wie es nun für ihn weitergehe, wisse er noch nicht, so der 63-Jährige. Er werde all das mit seiner Frau besprechen. Die Arbeit im Eurofighter-Untersuchungsausschuss will er jedenfalls fortsetzen. Ob er mit seinen 63 Jahren bereits in Politikerpension gehen könne, müsse er erst nachfragen. Lunacek sagte ihrerseits am Montag auf der Pressekonferenz, sie bedaure, dass Pilz nur auf dem vierten Wiener Listenplatz und keinem anderen kandidieren habe wollen: „Ich bin überzeugt, dass er auf Platz sechs gewählt worden wäre.“

„Bei uns geht es sehr demokratisch zu“

Die Arbeit von Pilz etwa in der Korruptionsbekämpfung werde von ihr und der Partei sehr geschätzt, „und ich bedauere es, dass er nicht weiter kandidiert hat“, so Lunacek. Lunacek verwies auf die Besonderheiten des Listenerstellungssystems der Grünen. „Bei uns geht es nämlich sehr demokratisch zu“, anders als bei SPÖ, ÖVP und FPÖ. Kein Spitzenkandidat könne bei den Grünen frei bestimmen, wer auf welche Liste komme.

Dass Jugendsprecher Julian Schmid Pilz verdrängt habe, stimme nicht, so Lunacek. Es wären ihm ja auch noch durchaus aussichtsreiche Plätze weiter hinten auf der Liste offen gestanden. Die Ankündigung von Pilz, ausschließlich Platz vier zu wollen, habe bei den Delegierten wohl für Verärgerung gesorgt. Sie selbst habe ihn schon vor Wochen zu erweichen versucht, von diesem Plan abzusehen, so die Grüne.

Der Eurofighter-U-Ausschuss werde jedenfalls weitergehen, auch ohne Pilz. Auch andere Abgeordneten machten gute Aufdeckerarbeit, etwa Werner Kogler und Moser, deren dritter Platz auf der oberösterreichischen Landesliste ein sicherer sei, wie Lunacek betonte.

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