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Brandursache geklärt

Der katastrophale Brand in einem Londoner Hochhaus mit mindestens 79 Todesopfern ist auf einen defekten Kühlschrank zurückzuführen. Es habe sich nicht um Brandstiftung gehandelt, sagte Fiona McCormack von Scotland Yard am Freitag vor Reportern.

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Die offizielle Untersuchung der Brandursache bestätigte damit nun amtlich Vermutungen, die schon seit dem Brand in der Nacht auf Mittwoch vergangener Woche in den britischen Medien kursierten. Die britische Regierung ordnete umgehend einen Test des betroffenen Geräts an, Hersteller Hotpoint rief Besitzer desselben Modells auf, sich zu melden.

Anklagen möglich

Die Gebäudeverkleidung und die Isolierung hätten unterdessen Sicherheitstests nicht bestanden. Daher erwägen die Ermittler laut Polizei unter anderem eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Man sehe sich alle Unternehmen an, die am Bau und an der Sanierung des Grenfell Tower beteiligt waren, hieß es weiter. Berichten zufolge hatte die brennbare Gebäudeverkleidung erheblich zur schnellen Ausbreitung des Feuers beigetragen. Das Hochhaus war erst vor Kurzem renoviert worden.

Blick in eine abgebrannte Wohnung im Grenfell-Tower in London

AP/Metropolitan Police

Im Inneren des Grenfell Tower

Bewohner gesucht

Die Behörde untersuchten allgemeine Sicherheitsverstöße und Verstöße gegen den Brandschutz, berichtete die Polizei weiter. Die Ermittler hätten Unterlagen von mehreren Organisationen beschlagnahmt, sagte McCormack.

Unklar ist weiterhin, wie viele Menschen sich genau im Grenfell Tower befunden hatten. Die gefundenen Leichen seien inzwischen aus dem Gebäude gebracht worden, sagte McCormack. Die Ermittler befürchten jedoch, dass sich weitere Menschen in dem Haus aufgehalten haben könnten, über die nichts bekannt sei. Berichten zufolge sollen möglicherweise zahlreiche Menschen illegal in dem Hochhaus gelebt haben.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan hatte eine Amnestie für solche Bewohner gefordert. Auch McCormack forderte Zeugen auf, sich zu melden: Es solle kein Opfer der Tragödie geben, „von dem wir nichts wissen“. Der Grund, wieso sie sich in dem Hochhaus aufgehalten haben, sei nicht wichtig.

Evakuierungen als Vorsichtsmaßnahme

Schon am Donnerstag wurde klar, dass Schätzungen zufolge Hunderte von Hochhäusern in Großbritannien eine leicht entflammbare Außenhülle wie der abgebrannte Grenfell Tower haben. Allein in England könnten 600 Gebäude betroffen sein, teilte die Regierung am Donnerstag in London mit.

Einen Tag später wurde bereits die Evakuierung von fünf anderen Hochhäusern in der britischen Hauptstadt angeordnet. So etwa in Camden im Norden Londons. Wegen einer ähnlichen Verschalung wie im Grenfell Tower müssen hier nun mehr als 161 Wohnungen eines Wohnturms geräumt werden, wie die BBC am Freitag berichtete. Gemeinderätin Georgia Gould sagte, man wolle die Sicherheit gewährleisten und mit den Bewohnern transparent zusammenarbeiten. Sicherheitsüberprüfungen würden regelmäßig durchgeführt. Gemeinsam mit der Londoner Feuerwehr habe man das Gebäude inspiziert. Zusammen habe man die Evakuierung beschlossen. Das könne drei bis vier Wochen dauern. Die Mieter würden anderswo untergebracht.

Grenfell-Tower in Flammen

APA/AFP/Natalie Oxford

Das Feuer breitete sich rasant aus

May gesteht Fehler ein

Zuvor hatte Premierministerin Theresa May im Parlament berichtet, die Regierung habe Tests bei Hochhäusern veranlasst. Bei Mängeln würden Eigentümer und Bewohner umgehend informiert. Am Mittwoch hatte sich May zum ersten Mal öffentlich für die unzureichende Hilfe nach der Brandkatastrophe in London entschuldigt. Verantwortliche hätten zu spät darauf reagiert. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, sprach vor den Abgeordneten von einem „Verbrechen“. Jeder einzelne Todesfall in dem Hochhaus hätte vermieden werden können, sagte er.

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