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„Weichenstellung in die richtige Richtung“

Nach „sehr intensiven neun Monaten“ (SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid) an Verhandlungen hat am Montag das Schulautonomiepaket doch noch das Licht des Nationalrats erblickt. SPÖ, ÖVP und Grüne einigten sich am Montag über die letzten noch offenen Punkte bei den umstrittenen Modellregionen zur gemeinsamen Schule. Das Resultat sahen sie durchaus auch selbstkritisch.

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Eine von NEOS - schon vor der Einigung - beantragte Sondersitzung des Nationalrats zum Thema Bildung wurde damit informell gleich zur ersten parlamentarischen Debatte über den Entwurf. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach dabei von „einem guten Tag für die Bildungspolitik“. Er bedankte sich bei ÖVP und Grünen für die Einigung: „Keiner hat 100 Prozent erreicht, aber mit Sicherheit ist es ein Fortschritt, den wir gut vertreten können.“

Kern zählt weitere „Herausforderungen“ auf

Kern sah dem Bedarf an „pragmatischen Lösungen“ entsprochen: „Ideologiedebatten bringen uns nicht weiter.“ Die Reform bringe mehr Freiheit für die Schulen, Lehrer und Direktoren, auch gebe es mehr Transparenz und eine „signifikante, wiewohl nicht gänzliche“ Reduktion des Einflusses durch das Parteibuch. Der Kanzler verteidigte das Drängen auf einen Abschluss vor der Wahl: „Sonst hätte man gar nichts erreicht.“

Die bestehenden „Herausforderungen im Bildungsbereich“ wollte Kern dabei nicht in Abrede stellen. Er forderte eine Straffung der Verwaltung, damit Lehrer weniger Zeit „mit Papierkram“ verbringen müssten, und darüber hinaus Investitionen in Lehr- und Begleitpersonal sowie die technische Infrastruktur von Schulen. Außerdem bekräftigte der Kanzler seine Forderung nach einem zweiten Gratiskindergartenjahr und verwies auf den Ausbau der Berufsschulstunden in der Lehrlingsausbildung.

Bildungssprecher Harald Walser (Güne)

APA/Hans Punz

Auch Walser machte kein Hehl daraus, dass er sich mehr gewünscht hätte

ÖVP „erstmals von Dogma abgerückt“

Für die ÖVP betonte der ehemalige Wissenschaftsminister und nunmehrige Abgeordnete Karlheinz Töchterle, dass seine Partei „erstmals vom Dogma abgerückt ist, es darf keine gemeinsame Schule geben“. Umso enttäuschter zeigte er sich darüber, dass die SPÖ die Studienplatzfinanzierung auf die lange Bank geschoben habe. Vizekanzler und ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter meinte in einer Aussendung, nun sei es „letztlich ja doch gelungen, das Beste für die Kinder, Eltern und Lehrer herauszuholen“.

Der Grüne Harald Walser sprach von einem guten Gesetz, das alle Mühen wert gewesen sei: „Es stellt die Weichen an Österreichs Schulen in die richtige Richtung.“ Auch Walser hätte sich jedoch mehr Entpolitisierung im Bildungsbereich gewünscht. Ein grünes System würde in der Hinsicht anders aussehen, meinte er im Nationalrat. „Im Rahmen des Möglichen“ sei das bestehende System allerdings verbessert worden. Man müsse nur die jetzige Lage mit den Eckpunkten der Reform vergleichen.

Für Strolz „läuft’s nicht gut genug“

Kritischer sah das alles NEOS-Klubchef Matthias Strolz, der in seiner Begründung feststellte: „In der Bildung läuft’s nicht gut genug.“ In der Einigung auf die Bildungsreform sah er „Licht und Schatten“. Einige Punkte darin seien „gut und überfällig“, etwa was die Transparenz bei den Finanzen betrifft. Die bestimmende Rolle von „Landesfürsten“ und damit ein „Muster struktureller Korruption“ machten NEOS jedoch die Zustimmung zur Reform unmöglich. Die Grünen würden dafür als „Steigbügelhalter“ fungieren.

Claudia Gamon von NEOS nannte die Einigung einen Minimalkonsens, den man mühsam über die Ziellinie gehievt habe. Robert Lugar vom Team Stronach sah zwar nur ein „Bildungsreförmchen“, die Bewegung in Richtung Schulautonomie sei aber eine in die richtige Richtung. Das Bildungsgebäude werde damit abgestützt, doch das Fundament bleibe schlecht, weil von politischem Einfluss zerfressen.

FPÖ kann keine Fortschritte erkennen

Ablehnung kam von der FPÖ. SPÖ und Grüne hätten mit der Gesamtschule ein „gescheitertes Schulmodell“ durchgesetzt, die ÖVP sei im Liegen umgefallen, sagte Bildungssprecher Wendelin Mölzer. Bis zu 45.000 Schüler in Österreich würden zu Versuchskaninchen für die Gesamtschule gemacht. Die FPÖ brachte demonstrativ einen eigenen Entschließungsantrag für Deutschklassen für Schüler mit mangelnden Sprachkenntnissen ein.

SPÖ, ÖVP und Grüne nützen ihrerseits die von NEOS einberufene Nationalratssondersitzung mit dem Titel „Gescheiterte Bildungsreform“ zur Einbringung ihres gemeinsamen Gesetzesantrags. Nach der Behandlung im zuständigen Unterrichtsausschuss soll das Autonomiepaket Ende Juni im Plenum beschlossen werden.

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