Die Comicfigur Wonder Woman hat bereits Nebenrollen in Superheldenfilmen bekleidet, doch vor Kurzem hat sie ihren eigenen Blockbuster erhalten. In der Comicverfilmung „Wonder Woman“, die im Juni in die Kinos kam, tritt jedoch nicht nur erstmals eine Heroin als Protagonistin auf - es ist auch die erste Superheldenproduktion, bei der eine Frau Regie führte.
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„Wonder Woman“ ist ein packender Actionfilm, doch es sind weniger die Kampfsequenzen, die ihn besonders machen: Neben den überzeugenden Darstellern, allen voran die israelische Schauspielerin Gal Gadot als Wonder Woman, haben die Filmemacher einen feministischen Gegenentwurf des gängigen Superheldentypus geschaffen. Regisseurin Patty Jenkins („Monster“) und Drehbuchautor Allan Heinberg („Greys Anatomy“) ist es auf kluge Art und mit charmantem Witz gelungen, das Bild des männlich geprägten Helden infrage zu stellen.
Nach der kurzen Anfangssequenz, die Wonder Woman alias Diana Prince als Kuratorin im Antiquariat des Louvre im heutigen Paris zeigt, führt die Geschichte zurück an ihren Anfang. Und dieser spielt im mythischen Inselreich Themyscira, der Heimat der Amazonen, jenes Volkes aus Kriegerinnen, das von den Göttern geschaffen wurde, um die Menschheit vor den bösen Fängen des Ares zu schützen.
Das Reich der Amazonen
Bereits im Kindesalter wird Diana von ihrer Tante Antiope (Robin Wright), der größten Kriegerin unter den Amazonen, in der Kunst des Zweikampfes unterrichtet. Diana wächst in einer idealisierten Welt unter starken Frauen auf - doch ihr Weltbild ändert sich schlagartig, als der US-Spion Steve Trevor (Chris Pine) auf der Flucht vor der deutschen Marine mit einem Kampfflugzeug vor der mythischen Insel abstürzt.
Von Trevor erfährt sie, dass sich die Welt fernab der Insel in einem verheerenden Krieg befindet. Diana, überzeugt davon, dass Kriegsgott Ares hinter dem weltlichen Unheil steckt, trotzt den Warnungen ihrer Mutter Hippolyta (Connie Nielson), die als Königin die Amazonen anführt. Bewaffnet mit Schwert, Schild und einem glühenden Lasso, das Gegner zur Wahrheitsrede zwingt, folgt sie Trevor in die Wirren des Ersten Weltkriegs mit dem Ziel, Ares zu töten und der Menschheit den ewigen Frieden zu bringen. Es ist ein Ziel, das sich nur Superheldinnen stecken - doch am Ende muss Diana erkennen, dass es selbst für sie ein zu hohes war.
Kulturschock
Im London des Jahres 1918 findet sich die Amazonenprinzessin, die ausschließlich unter Frauen aufgewachsen ist, in einer absurd anmutenden Welt wieder - neben Elend und Krieg herrschen hier vor allem: Männer. Diana ist nicht nur über die kampfuntaugliche Mode für Frauen verwundert, sie kann genauso wenig verstehen, warum sie nicht mit Schwert und Schild durch die Straßen der Stadt spazieren kann. Oft humoristisch umgesetzte Anspielungen auf sexistische Klischees und klassische Rollenbilder ziehen sich konsequent über die 141 Minuten Spiellänge.
Wonder Woman als positives Leitbild
Obwohl Wonder Woman eine der ältesten Vertreterinnen ihrer Gattung ist, zählt sie in der Liga der Superhelden zu den am wenigsten bekannten Figuren. Bereits in den 30ern schuf der US-amerikanische Psychologe, Erfinder und Autor, William Moulton Marston, mit Wonder Woman die erste weibliche Superheldin. Er konzipierte sie aber nicht bloß als weibliche Ausgabe des männlichen Superheldentypus - Marston, der in seinem Haus im US-Bundesstaat New York in einer Dreiecksbeziehung mit zwei Frauen lebte, sah in seinen Comics nicht zuletzt ein feministisches Erziehungspotenzial.
Und so präsentiert sich Wonder Woman auch auf der Leinwand: Sie ist weder bloß eine Frau, die mit den gängigen Superheldenattributen ausgestattet ist, noch stellt sie unter Beweis, dass sie ihren Job genauso gut kann wie ihre männlichen Kollegen. Sie wird zur Superheldin nicht obwohl, sondern weil sie eine Frau ist.