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Das Tauziehen um die freien Schultage

Früher hießen sie Direktorentage, seit den 1980er Jahren schulautonome Tage. Weiterbildung war eines der zentralen Anliegen hinter den Tagen. Geworden ist daraus ein Hilfsmittel, Zwickeltage zwischen kirchlichen Feiertagen zu Miniurlaubsstrecken zu machen. Ein Umstand, der nicht alle Eltern glücklich macht.

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„Aus Anlässen des schulischen oder sonstigen öffentlichen Lebens kann das Klassen- oder Schulforum bzw. der Schulgemeinschaftsausschuss höchstens fünf Tage in jedem Unterrichtsjahr schulfrei erklären“, heißt es schon im Schulzeitgesetz aus der Mitte der 1980er Jahre. Unter tatkräftiger Mitwirkung der Länder, also ihrer Schulbehörden, können die schulautonomen Tage als freie Tage verordnet werden.

In Wien etwa verordnet der Stadtschulrat für das laufende Kalenderjahr, dass der 31. Oktober und der 26. Mai schulfrei zu sein hatten, was die Zahl der schulautonomen Tage dann für das Gros der Schulen auf drei einschränkt.

Jedes Land, jede Schule regelt anders

In Salzburg wiederum haben manche Schulen das erste lange Wochenende im Mai mit einem schulautonomen Tag ausgestattet. Andere Einrichtungen suchen sich dafür den 16. Juni. Auch hier interessanterweise, wie bei fast allen anderen Beispielen, die man aus Österreichs Bundesländern beliebig anreihen könnte: Es betrifft immer die Verlängerung von langen Wochenenden.

Da jubilieren jene Eltern, die das Glück haben, Kinder in ähnlichen Schulen untergebracht zu haben, die zur selben Zeit an langen Wochenenden freihaben. Da jubiliert auch die Wirtschaft, denn verlängerte Wochenenden stimulieren vor allem die Inlandsnachfrage im Tourismus. Und die anderen Eltern schicken ihre Kinder in den Hort, so es diesen gibt. Oder sonst jemand auf die Kleinen aufpasst, wenn etwa an einem Freitag gearbeitet werden muss.

Wien seit Längerem für Neuregelung

In Wien verlangte der Stadtschulrat schon letzten Herbst eine komplette „Neuregelung“ der schulautonomen Tage - vor allem befand man, das Wording müsse geändert werden. Und Familienministerin Sophie Karmasin schlug bundesweite Herbstferien vor. Ein Projekt, über das sie vor dem ersten verlängerten Wochenende breit in der Wirtschaftskammer diskutieren lassen wollte. Doch dann kam die Koalitionskrise - und eine Reform der schulautonomen Tage wird so schnell wohl nicht im Raum stehen.

Der ursprüngliche Sinn schulautonomer Tage

Sinn der schulautonomen Tage sind eigentlich, wie es die Novelle des Schulzeitgesetzes festlegt, „schulbezogene Anlässe“: also etwa Lehrerweiterbildung, Arbeitstagungen der Schulpartner zur Qualitätssicherung oder zur standortbezogenen Schulentwicklung, Teambesprechungen, Planung von (Projekt-)Unterricht, „pädagogische Tage“, die Präsentation eines Schulprojektes oder Ähnliches.

Die Freigabe eines Schultages zwischen unterrichtsfreien Tagen an einem Zwickeltag hat man dabei auch bedacht. Das Schul- und Klassenforum legt im Sinn des „öffentlichen Lebens“ solche freien Schultage fest. So nicht ohnedies der Landesschulrat diese Arbeit für manche Tage erledigt hat.

Grafik zu Unterrichtstagen

Grafik: ORF.at; Quelle: OECD

Herbstferien als Wahlkampfthema?

Ob die Idee von Herbstferien zwischen dem Nationalfeiertag und Allerheiligen ein Wahlkampfthema wird, bleibt abzuwarten. Zumindest tagt der Unterrichtsausschuss des Parlaments noch am 20. Juni - und zuletzt hatten sich Grüne und NEOS mit der Idee der Familienministerin auseinandergesetzt, die Grünen haben für den Unterrichtsausschuss einen entsprechenden Antrag versprochen.

Sowohl Grüne als auch NEOS können der Idee von Herbstferien einiges abgewinnen. Beide schlagen eine Verkürzung der Sommerferien vor. Hier liegt Österreich zwar, wenn man die Daten der EU-Plattform Eurydice heranzieht, mit neun Wochen im Mittelfeld. In Deutschland, wo die Ferienregelungen ja Ländersache sind, gibt es jedenfalls deutlich kürzere Sommerferien (mit im Schnitt sechseinhalb Wochen), dafür ausgedehntere Herbstferien bzw. Ferien im späten Winter.

Für SPÖ nicht oberste Priorität

Die SPÖ ließ ausrichten, dass Herbstferien für sie nicht oberste Priorität hätten. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) wollte sich in der Debatte nach den Wünschen der Schulpartner richten.

Die FPÖ beurteilte die Diskussion in den Worten ihres Bildungssprechers Wendelin Mölzer als regelmäßig abgehaltene „politische Show“. Ohne Betreuungsplätze führe das ohnedies nur in eine Sackgasse. Und die vielen verlängerten Wochenenden im Frühjahr seien vor allem für Volksschulkinder eine pädagogische Herausforderung.

Elternvertreter denken an Gesamtpaket

Die Pflichtschulelternvertreter standen zuletzt der Idee von Herbstferien ablehnend gegenüber. Die Position sei seit 2010 unverändert, dass Herbstferien nur im Rahmen einer generellen Neuorganisation des Schuljahres sinnvoll wären.

So sollten Herbstferien pro Bundesland einheitlich eingeführt werden. Außerdem müsse auf ein entsprechendes Betreuungsprogramm geachtet werden - für Eltern ohnedies schon jetzt beim Ausmaß von neun Wochen schulfrei die größte Herausforderung vor jedem Sommer. Eine Verkürzung der Sommerferien um eine Woche forderte man im April ebenso wie einen Abtausch der derzeit freien Dienstage nach Ostern und Pfingsten sowie der Landesfeiertage gegen die Fenstertage nach Christi Himmelfahrt und Fronleichnam.

Wirtschaft will Herbstferien

Jubeln würde die Wirtschaft über Herbstferien. Wenn pädagogisch sinnvoll, dann wären Herbstferien eine starkes Argument für den Wirtschaftsstandort Österreich. „Die Betriebe würden länger offenhalten, ihr Angebot ausbauen“, befand zuletzt die Präsidentin der Hoteliervereinigung Michaela Reitterer. Sie würden Mitarbeiter länger beschäftigen. Davon profitierten „alle“, so die Präsidentin, die gleich eine Umfrage parat hatte, wonach 75 Prozent der Betriebe den Wunsch nach Herbstferien positiv sähen.

„Bewegliche Ferientage“ in Deutschland

Egal wie die Diskussion um Herbstferien oder verkürzte Sommerferien ausgehen mag - gelöst wird sie in diesem Wahljahr ohnedies nicht werden, und ein Österreich-Spezifikum sind sie auch nicht. In Deutschland gibt es „bewegliche Ferientage“. Je nach Bundesland haben Schulen die Möglichkeit, eine festgelegte Anzahl von Ferientagen individuell zu bestimmen.

Mit den „beweglichen Ferientagen“ soll den Schulen die Möglichkeit zur eigenständigen Gestaltung der Unterrichtszeiten gegeben werden - Sinn aber auch hier: die Zwickeltage, die in Deutschland „Brückentage“ heißen, auszugleichen und, wie es heißt, „lokale Brauchtumsfeste zu berücksichtigen“. Die Gesamtferientagezahl wird in Deutschland durch das Hamburger Abkommen geregelt, das jedem Land die Zahl von 75 Ferientagen vorschreibt.

Zu wenig Schultage in Österreich?

Mit im Schnitt 180 Tagen, die Österreichs Schüler in der Primär- und Sekundärstufe im Klassenzimmer verbringen, befindet sich Österreich knapp unter dem OECD-Schnitt von 185 Tagen (Quelle: OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2016“). In den meisten skandinavischen Ländern sitzt man länger als in Österreich in der Klasse. Auch in Deutschland mit 192 Tagen. Nur in Schweden hat man von den Skandinaviern weniger Schultage als hierzulande. Und in Frankreich sitzt man gerade mal 162 Tage in der Primärstufe pro Jahr im Klassenzimmer.

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