Zweistelliges Plus bei Buchungen
Vor fünf Jahren lag der Tourismus an der Oberen Adria am Boden, Tausende Strandpächter bangten um ihre Existenz. Italiener sagten aufgrund der anhaltenden Wirtschaftskrise ihren Sommerurlaub ab, ausländische Touristen versprachen sich von der Türkei, Griechenland oder Spanien mehr - und das um zumeist weniger Geld. Inzwischen hat sich das Bild geändert.
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Bei Ruefa Reisen, Österreichs größtem Reisebüro, registrierte man in den letzten Jahren einen Anstieg der Adria-Buchungen um 15 bis 20 Prozent. Seit die Türkei als Urlaubsdestination für viele ausscheidet, nimmt die Nachfrage noch zu. Pressesprecherin Birgit Reitbauer hat für die neue Liebe zur Oberen Adria, in den 70ern das Urlaubsparadies der Österreicher schlechthin, mehrere Erklärungen.
Nostalgische Gefühle
Der Sicherheitsgedanke spielt angesichts wiederkehrender Terroranschläge bei der Reiseplanung eine gewichtige Rolle - was auch den Einbruch bei Türkei-Buchungen erklärt. Und der Trend geht zu Kurzurlauben von vier bis fünf Tagen, etwa über verlängerte Wochenenden. „14 Tage Adria macht niemand mehr“, sagt Reitbauer. Ist die Zeit begrenzt, gewinnt das Argument der raschen Erreichbarkeit mit dem Auto an Bedeutung - insbesondere für Familien mit kleinen Kindern.

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Ein Sommer wie damals: Der Adria-Urlaub prägte ganze Generationen
Und diese zieht es teils auch aus einem anderen Motiv hierher: Die nunmehrigen Eltern wollen die Urlaube ihrer eigenen Kindheit wiederbeleben. Sie kennen die Adria von früher, haben prägende Erinnerungen: Boccia am Strand spielen, jeden Tag Eis essen, die Promenade entlangradeln, Autodrom fahren. Nun gilt es, diese Eindrücke zurückzurufen und das damit verbundene Gefühl der Unbeschwertheit an seine Kinder weiterzugeben.
Neuer Luxus
Allerdings, sagt Ruefa-Sprecherin Reitbauer, gebe es doch Unterschiede zu damals. Waren die Unterkünfte früher vergleichsweise bescheiden, setzen die Adria-Orte nun verstärkt auf die gehobenere Hotellerie und ziehen so eine neue Zielgruppe an - jene mit Geld. Vor zwei Jahren eröffnete etwa das Fünfsternhotel Lido di Jesolo der österreichischen Falkensteiner-Gruppe mit großzügigem Wellness- und Spa-Bereich und mehreren Suiten. Mit dem Almar Jesolo Resort & Spa findet sich noch ein zweites Fünfsternhaus in dem größten Badeort an der Oberen Adria.

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Beginnend mit den Maifeiertagen bevölkern sich die Strände der Oberen Adria
Für Familien gibt es in der Region immer mehr All-inclusive-Angebote und Unterkünfte mit Kinderbetreuung. Für die Camper wurde gleichfalls nachgerüstet: Es stehen riesige Areale mit Carports und Grillstationen zur Verfügung. Auch abseits der Unterkünfte wurden in den letzten Jahren an der Oberen Adria große Summen investiert, die Orte bieten Events, Open-Air-Veranstaltungen und edle Geschäfte, billige Imbissstände wurden durch gediegene Restaurants mit authentischer Küche ersetzt. In Lignano wird derzeit die gesamte Strandpromenade runderneuert.
Polterreisen und Komasaufen
Lignano führt auch das Beliebtheitsranking bei Ruefa an, allerdings bei einem neuen Publikum: Hierhin führen angesichts vieler Lokale Polterreisen, und zum Leidwesen des Ortes wird dieser zumeist über das Pfingstwochenende Schauplatz von Sauforgien österreichischer Jugendlicher. Im Vorjahr wurden 17 von ihnen mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert. Familien zieht es eher nach Bibione oder in die mondänen Badeorte Grado und Caorle. Jesolo wiederum kann mit seiner Nähe zu Venedig punkten - täglich steuern mehrere Fähren die Lagunenstadt an.

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Weniger Touristen und deutlich geringere Kosten: Wer flexibel ist, sollte mit einer Adria-Reise bis September warten
„Früh buchen wird immer wichtiger“, sagt Gerald Gregus von Gruber-Reisen. 2016 registrierte der Reiseveranstalter im Jahresvergleich ein Plus von über 50 Prozent bei Buchungen für die Obere Adria. Der Zuwachs erklärt sich zwar teils aus internen Verschiebungen, doch auch heuer rechnet Gruber-Reisen mit einem deutlichen zweistelligen Plus in der Region. Wer seine Reise spät plane, müsse mit Qualitätsabstrichen beim Angebot rechnen.
Mehr Hotels und mobile Unterkünfte
Bei TUI Österreich geht man von einem Plus von 18 bis 20 Prozent in der laufenden Saison aus. Und Unternehmenssprecherin Kathrin Limpel sieht noch reichlich Luft nach oben: Der Touristikkonzern hat die Anzahl der angebotenen Hotels in Italien gegenüber dem Vorjahr um 50 Prozent ausgebaut, auf jetzt 3.000 Häuser. Derzeit sei, vor allem bei Familien, aber eine andere Art der Unterkunft besonders beliebt: Feriendörfer mit mobilen mietbaren Unterkünften.
Die Saison wurde zu Ostern eröffnet, und der Beginn war für die Region vielversprechend. Zu Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam werden die nächsten Besucherströme eintrudeln - den Höhepunkt markieren nach wie vor die Sommermonate. Die gestiegene Nachfrage hat allerdings ihren Preis: Ruefa-Sprecherin Reitbauer geht heuer von einer fünf- bis zehnprozentigen Preissteigerung für einen Urlaub an der Oberen Adria aus. Nostalgie kann ins Geld gehen.
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