Erhöhter Druck auf US-Präsidenten
Die Russland-Untersuchungen der US-Bundespolizei FBI haben nach Medienberichten das engste Umfeld von Präsident Donald Trump erreicht. Wie die „Washington Post“ und der Sender NBC in der Nacht auf Freitag berichteten, interessieren sich die Ermittler für Jared Kushner, Schwiegersohn und einer der engsten Berater von Trump.
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Die Behörde soll klären, ob es 2016 vor der US-Wahl Absprachen zwischen Russland und Trumps Wahlkampfteam gegeben hat, berichteten die Medien unter Berufung auf mehrere nicht genannte Quellen in der US-Regierung. Das FBI gehe davon aus, dass der 36-Jährige relevante Informationen habe, hieß es. Die Untersuchungen bedeuteten aber nicht, dass die Ermittler Kushner eines Verbrechens beschuldigten oder beabsichtigten, ihn zu belangen.
Die „Washington Post“ („WP“) hatte vergangene Woche berichtet, dass eine Trump nahe stehende Person das Interesse der Behörde geweckt habe. Nun schrieb das Blatt, die Ermittler interessierten sich vor allem für einige Treffen Kushners mit dem russischen Botschafter und einem Moskauer Bankier.
Mächtiger Mann im Hintergrund
Damit ist nun nicht nur das Weiße Haus, sondern das engste Umfeld des US-Präsidenten Teil der Ermittlungen. Kushner ist mit Ivanka Trump, der Tochter des Präsidenten, verheiratet. Als einer der engsten Berater des Präsidenten ist er überdies im Weißen Haus ein mächtiger Mann im Hintergrund.

Reuters/Jonathan Ernst
Kushner ist nicht nur Schwiegersohn, sondern auch engster Berater Trumps
Der Jurist war im Jänner von seinem Posten als Chef des Familienunternehmens Kushner Companies zurückgetreten, um für seinen Schwiegervater im Weißen Haus zu arbeiten. Er ist unter anderem mit dem Friedensprozess in Nahost betraut, den Beziehungen zu China, einer Strafrechtsreform und einer Erneuerung der Regierung.
Kushners Anwältin Jamie Gorelick sagte gegenüber dem Nachrichtensenders ABC, ihr Mandant habe dem US-Kongress bereits angeboten, in Bezug auf die Treffen Rede und Antwort zu stehen. „Er wird dasselbe tun, wenn er im Zusammenhang mit einer anderen Untersuchung dazu aufgefordert wird.“
Ermittlungen zu ungünstigem Zeitpunkt
Die Demokraten zogen ihre eigenen Schlüsse aus den jüngsten Berichten. Sie forderten die Aussetzung von Kushners Status als Geheimnisträger, bis das FBI seine Untersuchungen abgeschlossen habe. „Die Russland-Ermittlungen des FBI erreichten Trumps Hinterhof, jetzt sind sie in seinem Haus“, hieß es in einer Erklärung. Die neuen Entwicklungen treffen Trump zu einer ungünstigen Zeit. Er ist seit vergangener Woche auf seiner ersten Auslandsreise und steht vor seinem ersten G-7-Gipfel.
Mögliche Verstrickungen zwischen Trumps Team und Russland belasteten Trumps Präsidentschaft von Beginn an. Nach geheimdienstlichen Erkenntnissen versuchte Moskau aktiv, die Präsidentenwahl zu Trumps Gunsten zu beeinflussen. In den FBI-Untersuchungen und Ermittlungen von Kongressausschüssen geht es hauptsächlich um die Frage, ob es Absprachen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Moskau gab. Das Justizministerium setzte vergangene Woche einen Sonderermittler ein, der die FBI-Untersuchungen leiten soll.
Trump engagiert privaten Anwalt
Trump bezeichnete die Vorwürfe als „Hexenjagd“ und bestritt bisher Absprachen mit Moskau vor seinem Amtsantritt. Nach Informationen der „Washington Post“ vom Mittwoch heuerte er inzwischen einen privaten Anwalt an. Dieser solle ihm bei der „Navigation“ durch Ermittlungen helfen. Der Anwalt ist dem Bericht zufolge Marc Kasowitz, der Trump schon früher in verschiedenen Fällen zur Seite gestanden sei, etwa bei Immobilientransaktionen, Scheidungsvereinbarungen und Betrugsvorwürfen gegen die Trump University.

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Kushner und Ivanka Trump begleiteten den US-Präsidenten auch auf seiner ersten Auslandsreise
Bereits der Auftakt von Trumps Auslandsreise war von neuen Vorwürfen begleitet worden. Der US-Präsident soll bei einem Treffen mit russischen Spitzenvertretern erklärt haben, die Entlassung des FBI-Chefs James Comey habe „großen Druck“ aus den Ermittlungen zu möglichen Moskau-Verstrickungen seines Wahlkampfteams genommen. Rechtsexperten zufolge könnte das, wenn es zutrifft, den Verdacht einer Rechtsbehinderung durch den Präsidenten untermauern.
Lieberman verzichtet auf FBI-Spitze
Comey selbst will sich demnächst öffentlich äußern. Trump hatte ihn am 9. Mai gefeuert und sieht sich deswegen Vorwürfen ausgesetzt, er habe die Russland-Ermittlungen des FBI untergraben wollen. Der Republikaner hatte zunächst verschiedene Gründe für die Entlassung angegeben, sagte dann aber später in einem Interview, er habe dabei „dieses Russland-Ding“ mit im Kopf gehabt.
Der frühere Senator Joe Lieberman verzichtete inzwischen auf die Nachfolge Comeys an der FBI-Spitze. In einem am Donnerstag bekanntgewordenen Brief an Trump schrieb Lieberman, er wolle einen möglichen Interessenkonflikt vermeiden. Der parteilose Politiker verwies darauf, dass der Präsident mit Anwalt Kasowitz einen Rechtsbeistand in der Affäre gewählt habe, mit dem Lieberman selbst früher in einer Kanzlei zusammengearbeitet hat. Lieberman galt als Trumps Favorit für den Chefposten bei der Bundespolizei.
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