Neue Eskalationsstufe im Abgasstreit
Das US-Justizministerium hat Fiat Chrysler wegen angeblichen Abgasbetrugs verklagt. Die am Dienstag eingereichte Zivilklage beschuldigt den italienisch-amerikanischen Autohersteller, illegale Software zur Abgaskontrolle in rund 104.000 Dieselwagen installiert zu haben.
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Fiat Chrysler teilte in einem Statement mit, das Unternehmen sei enttäuscht über den Schritt des Ministeriums. Der Konzern prüfe die Klageschrift und beabsichtige, sich energisch zu verteidigen. An der Börse sackte die Aktie von Fiat Chrysler um rund vier Prozent ab.
Vorwürfe bereits seit Jänner
Die Vorwürfe der US-Umweltschutzbehörde (EPA) kursieren bereits seit Jänner. Damals hatte Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne nach dem Vorwurf gesagt, wer sein Unternehmen mit VW vergleiche, „hat etwas Illegales geraucht“. Es geht auch hier um den Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid, der mit Hilfe einer Abschalteinrichtung („Defeat Device“) manipuliert worden sein soll.
Betroffen seien Jeep Grand Cherokees und Pick-up-Trucks der Marke Ram der Modelljahre 2014 bis 2016. Im März kam heraus, dass das Justizministerium, die Börsenaufsicht und Generalstaatsanwälte mehrerer US-Bundesstaaten ebenfalls ermitteln. Zudem ist der Konzern in den USA mit Sammelklagen im Namen von Dieselbesitzern konfrontiert. Auch in Europa wird Fiat Chrysler schon länger der Abgastrickserei verdächtigt.
Streit zwischen Deutschland und Italien
Zwischen Italien und Deutschland tobt ein Streit um möglicherweise gefälschte Schadstoffwerte. Am vergangenen Mittwoch erst spitzte sich der Konflikt weiter zu, die EU-Kommission leitete ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Sie wirft Italien vor, Anschuldigungen gegen Fiat nicht angemessen nachzugehen.
In den USA hatte das Unternehmen am Freitag noch versucht, den Eindruck zu erwecken, dass sich die Auseinandersetzung mit dem Justizministerium entspannt. Fiat Chrysler legte den Umweltbehörden Pläne zur technischen Umrüstung der von den Betrugsvorwürfen betroffenen Dieselwagen vor und zeigte sich zuversichtlich, die Rechtsstreitigkeiten so beilegen zu können.
Erinnerungen an VW
Das Software-Update, mit dem die vermeintlichen Manipulationsprogramme überspielt werden sollten, sei das Ergebnis monatelanger Verhandlungen mit den US-Umweltämtern, hieß es. Doch Fiat Chrysler machte die Rechnung offenbar ohne die EPA. Die Klage verschärft die Lage für den Autohersteller erheblich.
Der Fall erinnert nun immer stärker an den Abgasskandal von Volkswagen (VW), der die EPA 2015 dazu veranlasst hatte, die Abgaswerte aller Hersteller unter die Lupe zu nehmen, wodurch auch Fiat Chrysler ins Visier geriet. Die VW-Affäre hatte ebenfalls mit einem Verdacht der US-Umweltbehörden begonnen, der dann eine Klage der US-Regierung nach sich zog. Der Konzern hat inzwischen Kosten in Höhe von 22,6 Milliarden Euro für Vergleiche in Nordamerika verbucht. Allerdings sind bei Fiat Chrysler deutlich weniger Fahrzeuge betroffen.
Razzien bei Daimler
Auch beim deutschen Autohersteller Daimler wurde am Dienstag wegen des Dieselskandals besonders gründlich geprüft. Am Dienstag durchsuchten Dutzende Staatsanwälte und Polizisten elf Gebäude in vier deutschen Bundesländern wegen des Verdachts des Betrugs und strafbarer Werbung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Dieselautos.
Das teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. Sie hatte ihre Ermittlungen gegen Daimler Ende März begonnen. 230 Polizisten und 23 Staatsanwälte seien im Einsatz gewesen, um Beweismaterial zu sichern, teilten Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit.
Daimler bestätigte die Durchsuchungen. Das Unternehmen kooperiere „vollumfänglich mit der Behörde“, erklärte der Autohersteller mit Bezug auf die Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus könne Daimler sich zu dem Ermittlungsverfahren nicht weiter äußern. Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte aber auf der Hauptversammlung in Berlin Ende März betont, weder das Kraftfahrtbundesamt noch das Bundesverkehrsministerium hätten bei ihren Messungen Verstöße bei Daimler-Fahrzeugen festgestellt.
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