Diese Woche läuft der fünfte Teil von Disneys „Fluch der Karibik“-Reihe in den heimischen Kinos an. In „Salazars Rache“ geht es um nicht weniger als die Macht über das Meer. Johnny Depp torkelt wieder in der Hauptrolle des Captain Jack Sparrow - und das hat wenig mit dem schweren Seegang zu tun.
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Der Kinosommer wirft seine Schatten voraus, und das bedeutet Fortsetzungen, wohin das Auge reicht. Gleich 15 Sequels von bewährten Hollywood-Reihen laufen laut Fachmagazin „Variety“ von Mai bis August in den Kinos an, von „Alien“ über „Transformers“ und „Planet der Affen“ bis zu „Spider-Man“. Und es gibt ein Wiedersehen mit dem schrägen Captain Sparrow, wiederum gespielt vom unverwüstlichen Depp, in der mittlerweile fünften Auflage von „Pirates of the Caribbean“ seit 2003.
Der Film wird all jenen Freude bereiten, die gerne historische Action-Szenen ohne Realitätsanspruch sehen, furiose 3-D-Kamerafahrten lieben und/oder Depp in seiner angestammten Rolle als Torkelnder lieben - von Jim Jarmushs „Dead Man“ über Terry Gilliams Verfilmung von Hunter S. Thompsons „Fear and Loathing in Las Vegas“ und „Rum Diary“ (ebenfalls nach einem Buch von Thompson) bis hin zur „Fluch der Karibik“-Reihe.
Meister der Schlagseite
Das Torkeln kann er auf Knopfdruck abrufen wie kein Zweiter: entgleisende Gesichtszüge, ein Kinn, das auf die Brust absinkt, Blick hoch, breites (in jeder Hinsicht) Grinsen, zurück und vor, links und rechts stolpern und dabei vor sich hin lallen. Im Vorfeld der Dreharbeiten zu „Salazars Rache“ waren Gerüchte kolportiert worden, nach denen sich Depp weigerte, Texte auswendig zu lernen und deshalb eigens Helfer engagiert werden mussten. Viel können die nicht zu tun gehabt haben. Textlastigkeit kann man dem Film nicht vorwerfen.
Die norwegischen Regisseure Joachim Ronning und Espen Sandberg, die mit ihrem Expeditionsabenteuer „Kon-Tiki“ (2012) eine Oscar-Nominierung einheimsen konnten, modernisierten jedoch das alte Blockbuster-Schlachtschiff aus dem Hause Disney behutsam und brachten es auf den neuesten Stand der Digitaltechnik.
Eine Bilderbuchliebe
Und natürlich musste die Crew verjüngt werden, ein neues Liebespaar sorgt für die romantischen Momente. Die 25-jährige Britin Kaya Scodelario spielt die bildhübsche Astronomin Carina Smyth, die mit ihrem Wissen über die Himmelsgestirne das Schiff der Piraten durch alle Untiefen bis zum sagenhaften „Dreizack des Poseidon“ führt. Ihr zur Seite steht der Draufgänger Henry, ein junger Matrose der Royal Navy, schmissig gespielt vom australischen Newcomer Brenton Thwaites. Ein Herzensbrecher wie aus dem Bilderbuch, ein Burt Lancaster für die Generation YouTube.
Richtig zum Fürchten dagegen kommt Javier Bardem („No Country For Old Men“) als finsterer Captain Salazar daher. Der spanische Oscar-Preisträger hat den Part des Bösewichts, den er auch schon in dem Bond-Film „Skyfall“ übernommen hatte, längst perfektioniert. Als eine Art Vampir an Deck führt Salazar eine Bande von Geistermatrosen an, die Jagd auf den unverzagten Captain Sparrow und seine buntgescheckte Piratentruppe macht, die ihren betagten Segler mit dem sprechenden Namen „The Dying Gull“ (Die sterbende Möwe) nur mühsam wieder flottgemacht haben.
Großer Auftritt für Captain Barbossa
Die Story ist hanebüchen, hauchdünn und nebensächlich - sie dient nur als Kitt, der die lange andauernden Action-Szenen genauso verbindet wie die einzelnen Charaktere. In Erinnerung bleiben vor allem Scodelario als selbstbewusste Wissenschaftlerin, Bardem und: Einen großen Auftritt absolviert der australische Oscar-Gewinner Geoffrey Rush („Shine“) als angegrauter Captain Barbossa. Der Veteran der Reihe, von Anfang an dabei, ist längst zum altersmilden Seebären mutiert. Wenn sein Blick sehnsuchtsvoll übers Meer schweift, hält die atemlos durchkalkulierte Piratensaga für einen Moment den Atem an.