Kurz: „Kein Land immun“
Überschattet vom Terroranschlag in Manchester sind am Dienstag in Wien rund 400 Experten zu einer Anti-Terror-Konferenz der OSZE zusammengekommen. „Das ist wieder einmal ein Tag, der mit schrecklichen Nachrichten eines Terroranschlags beginnt“, sagte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der derzeit den OSZE-Vorsitz innehat, bei der Eröffnung der Konferenz in der Wiener Hofburg.
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„Wir müssen alles tun, um Terrorismus zu bekämpfen, mit allen Mitteln, die wir haben“, forderte Kurz. „Kein OSZE-Land ist immun gegen Radikalisierung.“ Mehr als 10.000 Menschen aus der OSZE-Region seien aufseiten von Terrororganisationen in den Krieg gezogen, um zu morden und zu vergewaltigen, darunter mehr als 300 Personen aus Österreich, so der Außenminister.
„Außerdem sind sie eine Bedrohung für unsere Gesellschaft, wenn sie zurückkommen“, so Kurz. Vor allem junge Menschen seien gefährdet, Opfer von Radikalisierung zu werden, daher müsse die Präventionsarbeit spezifisch auf junge Menschen abzielen. Unter anderem müsse Terrorpropaganda in Sozialen Netzwerken verstärkt eliminiert werden.
Islamische Gemeinschaften für Kurz in der Pflicht
„Der politische Islam ist der Nährboden für Terrorismus, daher erwarten wir uns Kooperation von den islamischen Glaubensgemeinschaften“, so Kurz. Um Terror in Europa zu verhindern, müssten die islamischen Glaubensgemeinschaften junge Menschen davon abhalten, sich zu radikalisieren, und hätten auch die Möglichkeit, jungen Muslimen positive Beispiele und Rollenmodelle zu bieten, forderte Kurz. „Vereine, wo Radikalisierung stattfindet und wo junge Menschen verführt werden“, müssten noch stärker in den Fokus der Polizei- und Geheimdienstarbeit gerückt werden, so der Außenminister.
Der Terroranschlag in Manchester habe einmal mehr gezeigt, dass neben klassischen Sicherheitsmaßnahmen auch der Kampf gegen Radikalisierung wichtig sei. Präventionsarbeit müsse besonders in Schulen, Gefängnissen und in Sozialen Netzwerken stattfinden.
IS für OSZE-Sonderbeauftragten in der Defensive
Der IS sei in der Defensive, sagte der OSZE-Sonderbeauftragte für den Kampf gegen Radikalisierung, Peter Neumann. „Im Irak hat der IS 60 Prozent seines Gebietes verloren, in Syrien 30 Prozent, aber der größte Fehler, den wir machen könnten, wäre zu sagen: Dieses Problem hat sich erledigt“, warnte der deutsche Terrorexperte. Paradoxerweise könnte die Zerstörung des IS die Situation in Europa kurzfristig sogar problematischer machen, so Neumann.
Der IS habe seine Anhänger bereits aufgerufen, nicht mehr in das „Kalifat“ zu kommen, sondern in ihren Heimatländern Anschläge zu begehen. „Und der letzte Anschlag nun hat etwas damit zu tun“, so der Experte. Dass der Terroranschlag auf ein „softes Ziel“, in diesem Fall ein vor allem von jungen Mädchen besuchtes Konzert, abgezielt habe, sei nicht neu.
„Attacke auf unsere Lebensweise“
„In fast einem Dutzend Länder haben wir mittlerweile Terroranschläge erlebt, aber das sind nicht Attacken auf einzelne Länder, sondern auf unsere Lebensweise“, sagte der britische EU-Sicherheitskommissar Julian King zu dem Terroranschlag in Manchester.
Bei der jährlichen Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) diskutieren ab Dienstag rund 400 Experten aus dem OSZE-Raum über Prävention und Bekämpfung von Extremismus und Radikalisierung, die zu Terrorismus führen. Bei der zweitägigen Konferenz sollen nationale Erfahrungen ausgetauscht werden.
Heuriger Schwerpunkt
Außenminister Kurz hat den Kampf gegen Terror zu einer der Prioritäten des österreichischen OSZE-Vorsitzes im heurigen Jahr erklärt. Der eigens eingesetzte Sonderbeauftragte für den Kampf gegen Radikalisierung, der deutsche Experte Neumann, soll konkrete Handlungsanweisungen für die OSZE-Staaten formulieren.
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