Proteste angekündigt
Mit dem Schuljahr 2017/18 müssen Schulpflichtige in Italien gegen insgesamt zwölf Krankheiten geimpft sein. Das sieht ein am Freitag beschlossenes Regierungsdekret vor. Abseits des Protestes von Impfgegnern ist derzeit noch offen, wie die neuen Regeln umgesetzt werden sollen.
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Grundsätzlich gelte die Impfpflicht von „null bis 16 Jahren“, so die Zeitung „Il Messaggero“, wobei nicht geimpften Kindern und Jugendlichen an sich bereits ab Herbst der Schulbesuch verweigert werden kann. Eltern, die sich weigern ihre Kinder zu impfen, riskieren zudem Bußgelder von bis zu 7.500 Euro und im Extremfall den Entzug des Fürsorgerechts.
Eine schnelle Umsetzung der Sanktionen steht Beobachtern zufolge allerdings nicht im Raum, vielmehr wird das wohl „noch lange“ dauern, wie etwa „La Repubblica“ am Sonntag berichtete. Mit Verweis auf Zahlen aus dem Gesundheitsministerium müssten 800.000 Sechs- bis 16-Jährige bis Herbst allein die nun vorgeschriebene Masernimpfung nachholen und das sei der Zeitung zufolge von den zuständigen Sanitätsbehörden bis dahin wohl kaum zu bewältigen.
Debatte mit Anstieg von Masern neu aufgeflammt
Italiens Premier Paolo Gentiloni kündigte in diesem Zusammenhang bereits eine schrittweise Umsetzung an, verteidigte gleichzeitig aber die Vorgangsweise. Gentiloni zufolge müsse man der Verbreitung „antiwissenschaftlicher Theorien“ entgegenwirken, die zu einer zunehmenden Zahl von Impfverweigerungen geführt habe.
Eine Rekordzahl an Masernfällen in Italien hatte zuletzt die im Land schon länger geführte Debatte über eine Impfpflicht neu aufflammen lassen. Bis Mitte Mai registrierten die Gesundheitsbehörden 2.395 Erkrankungen und damit sechsmal so viele wie im Vorjahreszeitraum. 89 Prozent der Erkrankten hätten über keinen und sieben über keinen ausreichenden Impfschutz verfügt, wie das Gesundheitsministerium auch via Twitter mitteilte.
Neben Masern sind nun Impfungen gegen insgesamt zwölf Krankheiten, darunter Hirnhautentzündung, Mumps, Keuchhusten und Windpocken, vorgeschrieben. Eine Pflichtimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung und Hepatitis B gab es in Italien bereits zuvor.
Schwere Vorwürfe von Impfgegnern
Die nun beschlossene Vorgangsweise sorgt für heftige Proteste. Umstritten ist vor allem, dass Eltern nicht geimpfter Kinder beim Jugendamt gemeldet werden und auch das Fürsorgerecht verlieren können. In Zweifel gezogen wird aber auch die Wirksamkeit von Impfungen, Kritikern zufolge würden zudem Impfschäden gezielt verschwiegen.
Antiimpfungsverbände riefen zu einer nationalen Protestkundgebung am 8. Juli in der Stadt Pesaro auf. Diese bestreiten auch die gestiegene Zahl an Masernfällen, die von der Regierung zur Rechtfertigung der Impfpflicht gedient habe. Impfgegner beschuldigten die Regierung zudem, im Dienst einflussreicher Pharmalobbys zu stehen.
Auch die oppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung kritisierte das Gesetz unter anderem als „Geschenk für die Pharmaindustrie“. Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin, die sich seit Wochen für die Impfpflicht starkmachte und diese nun als „starke Botschaft an die Bevölkerung“ bezeichnet, sah sich aber auch mit Widerstand von Regierungsseite konfrontiert. Unterrichtsministerin Valeria Fedeli sprach sich etwa bis zuletzt dagegen aus, nicht geimpften Kindern den Zugang zur Schule zu verwehren.
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