Messe nach amerikanischem Vorbild
Den Anfang hat Amerika gemacht. Dort, genauer im kalifornischen San Meteo, haben die Gründer des amerikanischen „Make Magazine“ die DIY-Messe Maker Faire ins Leben gerufen. Mittlerweile finden weltweit über 150 Veranstaltungen in 38 Ländern statt. Seit letztem Jahr gibt es auch das Wiener Pendant, die Maker Faire Vienna.
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Mitmachen kann jeder und jede. „Wir versuchen möglichst alle zuzulassen. Es ist ein Open Call, bei dem jeder ‚Maker‘ sein Projekt einreichen kann“, sagt Maker-Faire-Vienna-Mitorganisator Roland Stelzer. Er sieht dabei besonders für angehende Start-ups großes Potenzial. Schließlich können junge Unternehmerinnen und Unternehmer hier bereits vor Markteinführung testen, wie ein breites Publikum auf ein Produkt reagiert.
Die Maker-Gruppe Foolpools präsentiert „Die Herde der Maschinenwesen“: Fahrräder wurden radikal umgebaut und zum Leben erweckt. Dabei reagierten die „Tiere“ auf Lock- und Mahnrufe ihrer Dompteure; eine innovative Kunstperformance.
Ein Beispiel dafür ist Maker Peter Honeder, Gründer von Helloplant. An der Messe teilgenommen hat er bereits letztes Jahr - mit einem selbtbewässernden Blumentopf, den er als „Scheiterprodukt“ bezeichnet: zu teuer in der Herstellung, zu viele Sonderwünsche der Kunden. Daraus hat er gelernt und präsentierte dieses Jahr einen smarten Plastiksensor, der, in die Blumenerde gesteckt, Auskunft über Temperatur, Luftfeuchtigkeit, kurzum das Befinden der Pflanze geben soll. Für Honeder ist die Maker Faire vor allem eine Kickstarter-Promotion: „Wir achten auf die Kommentare der Messebesucher, nützen die Möglichkeit, Newsletter-Abonnenten zu lukrieren, und verlosen Prototypen.“
Stolz und Erfindergeist
Sich von klassischen Messen abzugrenzen ist den Organisatoren wichtig, so Stelzer: „Die Leute, die hier ausstellen, sind stolz auf das, was sie gemacht haben, und wollen das dem Publikum präsentieren. Es geht ihnen nicht in erster Linie um den Verkauf ihrer Produkte, sondern darum, das Publikum zum Staunen zu bringen.“
Fasziniert waren Besucher von diesem Animatronic-Protoyp, der besonders in der Filmindustrie Einsatz findet. Der Roboter vereinfacht Animationen und hilft Schauspielern bei ihrem Spiel.
Das firmenübergreifende Projektteam Poly<->Props von Philipp Erkinger und Christoph Dafert präsentierte einen eigens für die Messe gebauten Animatronic-Prototyp. Der Roboter kann in der Filmindustrie dazu dienen, Animationen zu vereinfachen und Darstellern zu helfen, mit künstlichen Charakteren zu interagieren, indem ihnen eine physische Figur als „Spielpartner“ zur Verfügung gestellt wird.
Selfies zum Lutschen
Ein weiteres Highlight der Messe war die „Katjes Magic Candy Factory“. Managing Director Melissa Snover ging dafür eine Kooperation mit dem deutschen Fruchtgummihersteller Katjes ein. Die Idee: Fruchtgummis aus dem 3-D-Drucker. Das Design entscheidet der Kunde. „Selfies verkaufen sich am besten“, so Head of Technology Martyn Catchpole.

ORF.at/Dominique Hammer
Die Front eines Katzenbalkons, wie er an Altbaufenster angebracht werden kann
Eine Lösung für Wiener Stadtkatzen stammt von Marketingfachfrau und Katzenchoach in Ausbildung, Silke Stummer. Gemeinsam mit Innenarchitekt Gregor Chrusciel entwickelte sie als roomolution P.U.R.R. Designmöbel für urbane Katzen. Auf der Messe präsentierte Stummer einen Katzenbalkon für vom Stadtleben gefrustete Katzen. „Wir sind durch unsere eigenen Katzen auf die Idee gekommen. Früher hatten wir einen Balkon, in der neuen Wohnung allerdings nicht. Die Katzen waren frustriert, weil sie nicht hinauskonnten“, erzählt Stummer.
Auch so können Amaletten (oberösterreichisch für ‚Crepes‘) gemacht werden. Reinigen und Teig bereitstellen muss allerdings (noch) der Mensch.
Dass aus Zufällen oft Unternehmensideen entstehen, zeigt das Beispiel von KAJOKU-Design. Die Violinenbauerin und Instrumentenhändlerin Kathrin Kurz baut gemeinsam mit ihrem Mann, Stuckateur Johannes Kurz, besonders hochwertige, handgefertigte Instrumentenständer. „Für einen Kunden habe ich aus Spaß einen Celloständer gebaut, den der Gitarrenlehrer meiner Kinder gesehen hat. Er bat mich, auch einen Gitarrenständer für ihn zu bauen.“ Mittlerweile zählt nicht nur die Musikschule zu den Kunden von Kathrin und Johannes Kurz, sondern ebenso ein Instrumentengroßhandel.
Auch Ikea bastelt mit
Ein wichtiger Aspekt der Messe war die Möglichkeit, sich auszuprobieren und mitzumachen. Ins Auge fiel vor allem „The Growroom“, ein von Ikeas Thinktank Space10 entwickelter drei Meter hoher Gemüsegarten, dessen Baupläne als Open Source verfügbar gemacht wurden. Der „Growroom“ kann somit von jedem erweitert und verbessert werden. Citizens Science und Open Innovation sind wesentlich, geht es nach Organisator Stelzer: „Viele Leute haben viele Ideen. Der eine macht die Beleuchtung, der nächste die Bewässerung. Ein anderer entwickelt die zugehörige App. Nur wenn man sich öffnet, passiert vieles, was Einzelne nicht leisten können.“
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Elisabeth Stuppnig, für ORF.at