Freies Spiel der Spendierhosen
Im Zuge des Zusammenbruchs der Koalition und der Ankündigung eines „freien Spiels der Kräfte“ taucht nun immer wieder die Warnung vor einer Nationalratssitzung wie am 24. September 2008 auf. Damals, vier Tage vor der von der ÖVP ausgerufenen Neuwahl, wurde in einer mehr als 19-stündigen Marathonsitzung von allen Parteien gemeinsam eine Reihe von Wahlzuckerln durchgeboxt.
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ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hatte damals mit dem „Es reicht“-Sager die Koalition mit der SPÖ aufgekündigt. Die letzte Sitzung des Nationalrats nutzten die Parteien dann teilweise, um ihre Wahlversprechen teilweise schon vor der Wahl umzusetzen.
Vorgezogene Pensionserhöhung
Zunächst wurde die Pensionserhöhung 2009 um 3,4 Prozent vorgezogen und mit einer zusätzlichen Einmalzahlung versehen. Die Hacklerregelung wurde bis 2013 verlängert, wobei in der Hitze des Gefechts der Lapsus passierte, dass sie doppelt beschlossen wurde, was später im Bundesrat korrigiert werden musste. Die Mehrwertsteuer auf Medikamente wurde halbiert, der von der SPÖ eingebrachte Antrag auf Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel scheiterte.
Eingeführt wurde die 13. Familienbeihilfe, die Studiengebühren wurden abgeschafft. Das Pflegegeld wurde gestaffelt erhöht, zudem wurden eine Steuerbefreiung für Monteure und Nächtigungsgelder sowie ein Heizkostenzuschuss für Senioren beschlossen. Die Erhöhung des Preises der Autobahnvignette wurde um ein Jahr verschoben.
Teilweise zurückgenommen
Schon unmittelbar nach den Beschlüssen brach zwischen den ehemaligen - und späteren - Koalitionspartnern SPÖ und ÖVP ein Streit darüber aus, wie viel die beschlossenen Gesetze kosten. Von 1,7 bis über drei Milliarden Euro war die Rede - jährlich. Hauptbrocken dabei waren die Pensionszahlungen.
Viele der Beschlüsse wurden in den folgenden Jahren rückgängig gemacht: Beim Sparpaket 2010 wurde die 13. Familienbeihilfe auf ein „Schulstartgeld“ reduziert, das entgegen späteren Plänen erhalten blieb. Die Zugangsbedingungen zum erhöhten Pflegegeld wurden verschärft, die außertourliche Pensionserhöhung durch zwei Pensionsrunden unter der Inflationsrate (2013 und 2014) zurückgenommen, die Zugangsbestimmungen zur verlängerten Hacklerregelung verschärft.
Noch heute teuer
Trotz all dieser Rücknahmen setzte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) die Kosten für die damaligen Beschlüsse noch immer bei rund 4,3 Milliarden Euro pro Jahr an. Hochgerechnet seien für diese Wahlzuckerln bis heute rund 30 Milliarden Euro ausgegeben worden, so der Finanzminister. Aber auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen mahnte zuletzt von den Parteien „ein gerüttelt Maß an staatspolitischer Verantwortung“ ein: Der „September 2008“ solle sich „budgetär nicht wiederholen“.
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