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Android mit Gotteskomplex

Mit „Alien: Covenant“ schließt Hollywood-Legende Ridley Scott (80) an sein 2012 erschienenes Science-Fiction-Epos „Prometheus - Dunkle Zeichen“ an. Der Blutzoll ist - wie immer, wenn die außerirdischen Monster im Spiel sind - hoch, die Atmosphäre klaustrophobisch. Nebenbei versucht Scott, dem Film eine philosophische Note zu geben.

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„Wenn Sie mich erschaffen haben, wer hat dann Sie erschaffen?“, fragt der Android David (Michael Fassbender) seinen Schöpfer, den Ingenieur und Milliardär Peter Weyland (Guy Pearce), gleich am Anfang des sechsten Teils der „Alien“-Saga. Die unsichere Antwort des Ingenieurs weckt im Androiden erste Zweifel, was die Überlegenheit der Menschen betrifft.

Paradiesische Falle

Zehn Jahre nach dem Verschwinden des Raumschiffs „Prometheus“ befindet sich Davids Nachfolgermodell Walter (Fassbender in einer Doppelrolle) auf der „Covenant“, die mit 2.000 Pionierinnen und Pionieren an Bord zum erdähnlichen Planeten Origae-6 geschickt wird. Auf dem Weg durchs Weltall gerät das Raumschiff in einen Sturm, der die Passagiere aus ihrem Kälteschlaf reißt. Ein mysteriöser Funkspruch macht die Crew auf einen weiteren Exoplaneten aufmerksam, der einer auf den ersten Blick paradiesischen Version der Erde gleicht - und sich als tödliche Falle entpuppt.

An dieser Stelle schlägt Scott die Brücke zum vor fünf Jahren veröffentlichten „Prometheus“: Auf dem neu entdeckten Planeten hat sich der Android David eine Existenz aufgebaut. Die Sanftheit des Humanoiden, seine Liebe zu Musik und Philosophie täuscht; in Wahrheit lebt er seinen Gotteskomplex aus und versucht sich als Schöpfer einer außerirdischen Rasse, die dem Menschen weit überlegen ist. Wie schon in „Prometheus“ benutzt er die Menschen als Versuchskaninchen für seine bizarren Experimente.

Sci-Fi-Heldinnen und Horror-Remix

Die Handlung von „Alien: Covenant“ sei um einiges komplexer, sagte auch der Regisseur kürzlich in einem Interview. Es gehe „nicht nur um den technischen Fortschritt künstlicher Intelligenz, sondern um Evolution“. Dass Scott eine Hollywood-Größe und kein Indie-Regisseur ist, merkt man an der Umsetzung: Die „komplexen“ Fragen sind eingebettet in ein blutrünstiges Spektakel, das der Machart des 1979 erschienenen „Alien“-Erstlings und seiner 80er- und 90er-Sequels die Treue hält.

Scott nimmt die erfolgreichen Versatzstücke der Filmserie, mischt sie neu durch und setzt sie wieder zusammen: die klaustrophobisch-klinische Enge der „Covenant“, die Hauptfigur Daniels (Katherine Waterston), deren trockene Art an die legendäre Ellen Ripley (Sigourney Weaver) erinnert, Facehugger und Aliens, die auf alptraumhafte Weise den Körpern ihrer Wirte entschlüpfen. Die Xenomorphen selbst sehen ein wenig anders aus, als ihre von HR Giger erdachten Vorgänger - Stichwort Evolution.

Szene aus dem Film "Alien: Covenant"

2017 Twentieth Century Fox

Android Walter trifft auf sein Vorgängermodell

Das alles kann man mögen - oder auch nicht: „Obwohl man mehr oder weniger genau weiß, was passieren wird, mindert das nicht den Grusel oder den Schock, wenn das Ding, das man fürchtet, schließlich auftaucht“, resümierte die „New York Times“. Mit „Alien: Covenant“ kehre die Serie zwar zu ihren Wurzeln zurück, zugleich lande „sie jedoch mitten im Fleischwolf der Plotverbiegungen und faulen Kompromisse, dem solche generationenübergreifenden Franchiseunternehmungen selten entrinnen können“, kritisierte dagegen der „Spiegel“ (Onlineausgabe).

Entzauberter Mythos?

Unabhängig von philosophischen Fragen und Gemetzel wirft „Alien: Covenant“ auch für Hollywood eine wichtige Frage auf: Wie weit dürfen die Ursprünge eines Science-Fiction-Mythos erklärt werden, ohne den Mythos zu entzaubern? Das moderne Hollywood scheine bestrebt darin, „Science-Fiction-Klassikern die Haut abzuziehen“, kritisierte der „Guardian“ unlängst. Je mehr man über die säurespeienden Monster erfahre, desto weniger gruselig würden sie, so das Blatt. Scott selbst scheint diese Art Zweifel nicht zu hegen. Nach eigenen Angaben plant er zwei weitere Fortsetzungen zu den „Alien“-Prequels. Die Vorarbeiten zum nächsten Teil haben laut dem 80-Jährigen bereits begonnen.

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