Ausmaß „soll kaschiert werden“
Die US-Regierung hat den syrischen Machthaber Baschar al-Assad des Massenmordes an Gefangenen beschuldigt. Als Beleg präsentierte das Außenministerium in Washington am Montag Satellitenaufnahmen eines Gebäudes innerhalb der Haftanstalt Saidnaja nördlich von Damaskus, bei dem es sich um ein Krematorium handeln soll.
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Dort seien die Leichen exekutierter Häftlinge verbrannt worden, sagte Nahost-Abteilungsleiter Stuart Jones. Die Satellitenaufnahmen sollen von April 2017, April 2016, Jänner 2015 und Jänner 2013 stammen. Mittels des Krematoriums versuche die Assad-Regierung, „das Ausmaß der in Saidnaja verübten Massenmorde zu kaschieren“. Er appellierte an den syrischen Staatschef, „die Gräuel zu beenden“.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hatte bereits im Februar den Vorwurf erhoben, dass in Saidnaja Tausende Häftlinge ermordet worden seien. Zwischen 2011 und 2015 hätten Regierungstruppen dort bis zu 13.000 Menschen hingerichtet. Die Menschenrechtsorganisation äußerte damals auch die Vermutung, dass die Massenmorde in dem Gefängnis bis heute andauerten.
Kritik an Russland
Jones sagte, täglich seien bis zu 50 Gefangene verbrannt worden, um Spuren ihrer Tötung zu beseitigen. Andere Getötete seien in Massengräbern verscharrt worden. In den Zellen des Gefängnisses würden bis zu 70 Gefangene in Zellen gepfercht, die für fünf Menschen vorgesehen seien, sagte Jones.
Die Informationen, auf die sich das State Department beruft, seien von einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Medien und Geheimdienstberichten zusammengetragen worden. Und Russland, so Jones, sehe den Gräueltaten in Syrien tatenlos zu oder unterstütze sie sogar.
Neue Verhandlungen starten
US-Präsident Donald Trump hatte im April einen Stützpunkt der syrischen Luftwaffe mit Raketen beschießen lassen. Er reagierte damit auf einen mutmaßlichen Giftgasangriff durch Assads Luftwaffe in der von Rebellen kontrollierten Kleinstadt Chan Scheichun, bei dem 87 Menschen getötet wurden.
Der US-Raketenangriff verschärfte die Spannungen zwischen Washington und Moskau, das Assad in dem Bürgerkrieg militärisch beisteht. Ebenfalls eine schlechte Ausgangslage herrscht in Genf bei der am Dienstag startenden neuen Runde der UNO-Friedensgespräche. Fernziel ist nach sechs Jahren Bürgerkrieg mit mehr als 400.000 Toten nicht weniger als eine Friedenslösung.
UNO hofft auf Annäherung
Kurz vor Beginn der neuen Gespräche hoffte UNO-Vermittler Staffan de Mistura noch auf eine Annäherung zwischen den Parteien. Die kürzlich beschlossene Einrichtung von vier Schutzzonen in Syrien sei ein positives Zeichen und könne die Voraussetzungen für eine Friedenslösung schaffen, so der Diplomat.
Allerdings begegnen sich Vertreter der syrischen Regierung und der Oppositionskräfte nach wie vor mit tiefem Misstrauen. Bisher sprachen beide Seiten nur separat mit de Mistura. Die Opposition beharrt auf einer Entmachtung von Präsident Assad, die Regierung betrachtet die Opposition als Unterstützer von Terroristen.
Assad: Treffen „nur für die Medien“
De Mistura verteidigte am Montag die neue Verhandlungsrunde gegen Kritik. Andernfalls müsste man darauf warten, dass in dem Krieg Fakten geschaffen würden. Zudem deutete er an, dass es im Hintergrund schon Verhandlungen gibt. „Es finden gerade große, wichtige Treffen statt.“ Einzelheiten nannte er nicht.
Präsident Assad hatte die Verhandlungen in der vergangenen Woche kritisiert. Es handle sich „eher um ein Treffen für die Medien“. Die Verhandlungen sind bis Samstag angesetzt und dauern damit nicht so lange wie frühere Runden. Laut de Mistura werde es weniger Raum für Phrasen geben. Man wolle sich auf bestimmte Themen konzentrieren, um Fortschritte zu erzielen.
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