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„Trump bedroht unsere Demokratie“

Dass US-Präsident Donald Trump FBI-Chef James Comey deshalb am Dienstag überraschend entlassen hat, weil dieser durch Ermittlungen gegen Trumps vormalige Gegnerin Hillary Clinton vor der Präsidentschaftswahl im November das FBI „nicht mehr effektiv führen“ könne, bezweifeln sogar Trumps Parteifreunde. Comey selbst leitet auch eine von mehreren Untersuchungen zu russischen Beeinflussungsversuchen auf die Wahl.

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Die Entlassung „riecht nach einer Vertuschung“, sagte der ranghöchste Demokrat im Justizausschuss des Repräsentantenhauses, John Conyers. Die USA stünden am Rande einer Verfassungskrise. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sagte, er habe Trump in einem Gespräch vorgeworfen, „einen sehr großen Fehler“ gemacht zu haben. In einem nächtlichen Tweet schrieb Trump seinerseits, die „Heulsuse“ Schumer habe Comey jüngst selbst kritisiert.

„Akzeptable“ Gründe nicht in Sicht

Nur die treuesten Trump-Anhänger in dessen Republikanischer Partei wollten den Schritt loben. Dagegen sagte der republikanische Vorsitzende des zuständigen Ermittlungskomitees im Senat, Richard Burr, „Zeitpunkt und Begründung“ der Entlassung seien aus seiner Sicht verstörend. Mehrere Demokraten und auch der einflussreiche republikanische Senator John McCain forderten einen Sonderermittler oder -ausschuss, um den Russland-Vorwürfen auf den Grund zu gehen.

James Comey und Donald Trump

Reuters/Joshua Roberts

Trump und Comey beim offiziellen Vorstellungstermin nach Trumps Amtsantritt

Der republikanische Senator Jeff Flake sagte am Dienstagabend (Ortszeit) gegenüber Journalisten, er habe „Stunden“ damit verbracht, einen „akzeptablen Grund“ für Trumps Vorgehen zu finden, aber: „Ich schaffe es einfach nicht.“ Es gilt in den USA als Verfassungstradition, FBI-Chefs in ihrer jeweils zehnjährigen Amtszeit unangetastet zu lassen. Der vormalige republikanische Vizejustizminister Jimmy Gurule sagte, Trump „bedroht unsere Demokratie“.

Parallelen zu „Samstagabend-Massaker“

Gleich mehrere Demokraten und Medien zogen in ihrer Kritik Parallelen zum „Saturday Night Massacre“ 1973, als US-Präsident Richard Nixon in der Watergate-Affäre einen unabhängigen Sonderermittler entließ. Das - und nicht der eigentliche Parteispionageskandal im Watergate-Hotel - wurde damals schließlich zum Grund für das Amtsenthebungsverfahren gegen Nixon und dessen Rückzug aus dem Amt.

Amtszeit wäre bis 2023 gelaufen

Der ursprünglich bekennende Republikaner James Comey wurde von Präsident Barack Obama ungeachtet seiner politischen Einstellung eingesetzt, seine Amtszeit wäre bis 2023 gelaufen.

Der US-Historiker Michael Beschloss sieht Trump sogar noch weiter gehen als Nixon damals. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP nannte er Comeys Entlassung „beispiellos“. Trump wolle bewusst jene Institutionen herausfordern, die ihn kontrollieren sollen. Trump sei damit de facto im Krieg mit dem Staat. AP schrieb, Trump habe seine Präsidentschaft damit über eine „selten überschrittene Linie geführt“.

James Comey und Barack Obama

Reuters/Jason Reed

Obama bei Comeys Angelobung im Oktober 2013

Krisensitzung im FBI

Im FBI wurde einem Insider zufolge eine Dringlichkeitssitzung des Personals einberufen. Selbst hochrangige Mitarbeiter seien von dem Schritt völlig überrascht worden, hieß es. Die Behörde mit 56 Vertretungen in den USA und mehr als 30.000 Mitarbeitern dürfte zunächst von Vizechef Andrew McCabe geleitet werden. Der neue Direktor muss von Trump nominiert und vom US-Senat bestätigt werden.

Trump und sein Kabinett reagierten - abgesehen von der nächtlichen Tweet-Attacke gegen Schumer - nicht auf die Kritik und Vorwürfe. Aus US-Kreisen wurde in der Nacht auf Mittwoch allerdings bekannt, Trump werde sich am Mittwoch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen. Ursprünglich war nur ein Treffen von Lawrow mit US-Außenminister Rex Tillerson geplant.

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