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Brosz: Große Entscheidung

Einen Meilenstein haben die Grünen im Kampf gegen Hasspostings erreicht: Facebook muss solche Postings löschen und damit weltweit vom Netz nehmen und nicht nur in einem Land sperren. Das stellte das Oberlandesgericht (OLG) Wien in einem Verfahren zu Hasspostings über Parteichefin Eva Glawischnig fest.

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Für Klagen gegen Facebook gilt österreichisches Recht, Betroffene können ihr Recht über heimische Gerichte durchsetzen, so das OLG Wien weiter. Das sei eine „große Entscheidung“, so der Mediensprecher der Grünen, Dieter Brosz, in einer Pressekonferenz mit Anwältin Maria Windhager. Er hofft, dass Facebook angesichts vieler nun drohender Verfahren sein Verhalten zu Hasspostings ändert. Bisher müsse sich das Unternehmen jedenfalls den Vorwurf gefallen lassen, „die weltweit größte Hassplattform“ zu sein.

Die Grünen hatten die Postings gegen ihre Parteichefin zunächst bewusst als einfache User gemeldet. Nach einigem juristischen Hin und Her war es dann für österreichische User gesperrt worden, was nach Meinung der Grünen aber nicht ausreichte. Von Deutschland aus sei es nämlich weiterhin sichtbar, so die Grünen Mitte Dezember. Daraufhin wandten sie sich an das OLG Wien.

Facebook wehrte sich

Anlass für das OLG-Urteil ist ein von den Grünen geführtes Musterverfahren gegen über ein Fake-Profil („Michaela Jaskova“) verbreitete beleidigende Äußerungen - „miese Volksverräterin“ oder „korrupter Trampel“ - über Glawischnig. Erreicht wurde zunächst eine einstweilige Verfügung: Das OLG Wien lehnte die Berufung von Facebook gegen die vom Handelsgericht Wien angeordnete Löschung ab - und klärte gleich zwei Grundsatzfragen, nämlich der Anwendbarkeit österreichischen Rechts und der Pflicht zur (weltweiten) Löschung von Hasspostings. Facebook hatte bisher laut Windhager behauptet, dass nur in Kalifornien geklagt werden könne bzw. allenfalls in Irland, wo die europäische Niederlassung sitzt.

„Gegen ‚Community-Standards‘ verstoßen“

Wichtig war auch, so Windhager, die - ungewöhnlich deutliche - Feststellung des OLG, dass es sich eindeutig um Hasspostings handelt. Die Äußerungen über Glawischnig würden eindeutig gegen die „Community-Standards“ verstoßen. Damit wurde die Darstellung des Unternehmens zurückgewiesen.

Eine Reihe wichtiger Fragen ist aber noch offen: So ordnete das OLG Wien die Löschung aller identen Postings an - traf aber noch keine Entscheidung, ob ein Hostprovider auch sinngleiche Inhalte suchen und vom Netz nehmen muss. Diesbezüglich ließ das OLG aber den Weg zum Obersten Gerichtshof (OGH) offen. Die Grünen werden die Frage mittels Revisionsrekurs vor das Höchstgericht bringen.

Weitere grundsätzliche Klärungen erwartet

Vom Hauptverfahren zu den beleidigenden Äußerungen (das dann am Handelsgericht weitergeht) erwartet Brosz weitere grundlegende Klärungen: nämlich dass Hostprovider wie Facebook Namen und sonstige Daten zu Fake-Accounts - über die Hasspostings in der Regel verbreitet werden - herausgeben müssen. Das hat Facebook bisher abgelehnt bzw. erklärt, nur bei gerichtlicher Aufforderung dazu bereit zu sein. Außerdem ist zu klären, ob Glawischnig ein immaterieller Schadenersatz (es wurden auch Fotos verbreitet) zusteht.

Reagiert Facebook nicht auf die einstweilige Verfügung - also die Verpflichtung, diese Hasspostings zu löschen -, werden die Grünen in Irland die Exekution des Urteils beantragen. Dann droht dem Unternehmen eine Geldstrafe - und möglicherweise sogar die Abschaltung der Server. Weitere Rechtsmittel von Facebook gegen die einstweilige Verfügung seien, so Windhager, eigentlich nicht möglich.

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