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Nur wenige Fenstertage

Der Streit über Kosten und Nutzen eines freien Karfreitags ist noch nicht ausgetragen. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) darüber, ob religiöse Feiertage in Österreich gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie verstoßen, steht noch aus. Fakt ist: In etlichen EU-Ländern haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr gesetzliche Feiertage. Wo es weniger gibt, wird damit Wahlkampf betrieben.

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Der Oberste Gerichtshof (OGH) ersuchte den EuGH um Klarstellung, nachdem ein Mann ohne Bekenntnis geklagt hatte. Er musste am Karfreitag etwa im Gegensatz zu Protestanten arbeiten und begehrte dafür, dass ihm zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt auch das Feiertagsentgelt ausgezahlt wird.

Österreich bei freien Tagen „spitze“

Das österreichische Arbeitsruhegesetz sieht vor, dass der Karfreitag nur für Angehörige der evangelischen Kirche einen Feiertag darstellt und sie - aus religiösen Gründen - an diesem Tag daher nicht arbeiten müssen. Wenn sie dennoch arbeiten, haben sie Anspruch auf das zusätzliche Feiertagsentgelt. Das betrifft etwa 300.000 Protestanten. Bekommt der Kläger recht, gibt es wohl zwei Möglichkeiten, um das Gesetz zu kitten: Entweder der Tag wird arbeitsfrei für alle, oder der freie Karfreitag wird für Evangelische gestrichen, was viele für wahrscheinlicher halten.

Österreichs Wirtschaft betont, dass es schon genug Feiertage gebe. Bei freien Tagen sei Österreich ohnehin an der Spitze, zähle man Mindesturlaub und Feiertage zusammen, so der Chef der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch. Dem gegenüber steht etwa die SPÖ, die sich dafür starkmachte, den Karfreitag für alle freizugeben.

Bei Feiertagen im Mittelfeld

Zumindest für heuer ist klar, wie viele freie Tage alle Österreicher insgesamt zur Verfügung haben: Mit 13 gesetzlichen Feiertagen liegt das Land im EU-Mittelfeld. Bei den Fenstertagen ist die Bilanz hingegen mau. Nur vier Fenstertage und der Umstand, dass Neujahr, Weihnachten und Silvester auf Sonntage fallen, machen eine Urlaubsplanung mit Mehrwert schwer möglich. Denn einen Ausgleich, wenn der Feiertag auf einen Sonntag fällt, gibt es nicht. In Belgien und Großbritannien hingegen gibt es dafür an einem anderen Tag frei.

Waffenstillstand und Johannis werden gefeiert

Zunächst stehen ganz diskussionsfrei der Staatsfeiertag oder Tag der Arbeit am 1. Mai an, der auch ein langes Wochenende beschert. Der erste Fenstertag folgt am 26. Mai, nach Christi Himmelfahrt am Vortag. Schon das nächste Wochenende ist Dank Pfingsten, 3., 4. und 5. Juni, verlängert. Und mit einem Urlaubstag am 16. Juni kann man zu Fronleichnam vom 15. bis 18. Juni der Arbeit fernbleiben. Dasselbe gilt für Mariä Himmelfahrt (15. August), das auf einen Dienstag fällt. Der vierte Fenstertag ist am 27. Oktober möglich, da der Nationalfeiertag ein Donnerstag ist.

Weniger Gedanken um freie Tage müssen sich Belgier und Letten machen. Sie stehen mit 17 freien Tagen europaweit an der Spitze. So feiert man in Belgien am 11. November den Waffenstillstand des Ersten Weltkriegs. Die Balten feiern am 24. Juni Johannistag zu Ehren von Johannes dem Täufer. Johannisfeuer sollen Glück und Gesundheit bringen.

Die Slowenen, die immerhin 15 Feiertage zählen, feiern gleich mehrmals ihre Staatswerdung: Am 25. Juni wird der Tag der Staatlichkeit begangen, am 26. Dezember der Tag der Unabhängigkeit. Die Deutschen haben offiziell elf Feiertage, allerdings gelten diese auch nicht immer für jedes Bundesland. So sind es laut „Spiegel“ (Onlineausgabe) in Hamburg nur neun, in Bayern hingegen 13.

Balkengrafik zeigt die unterschiedliche Anzahl an Feiertagen in europäischen Ländern

Grafik: ORF.at; Quelle: Europäische Union

Großbritannien findet sich hingegen am unteren Ende der Skala: Nordirland hat zehn anerkannte Feiertage, Schottland neun. Waliser und Engländer haben nur achtmal offiziell frei. Diese geringe Anzahl wurde nun auch zum Wahlkampfthema in Großbritannien. Der in die Defensive geratene Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, versprach den Briten vier weitere gesetzliche Feiertage, sollten sie ihn bei der vorgezogenen Neuwahl am 8. Juni zum Premierminister wählen. So könnten die Briten „mehr Zeit mit der Familie verbringen“, sagte Corbyn. Außerdem solle mit den zusätzlichen Feiertagen das gespaltene Land geeint werden.

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