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Nur Meidlinger kratzt an 90-Prozent-Marke

Der parteiinterne Konflikt in der Wiener SPÖ ist wohl keineswegs bereinigt. Bürgermeister und Parteichef Michael Häupl hat am Samstag bei seiner letzten Wahl zum Vorsitzenden nur 77,4 Prozent erhalten. Noch schlimmer traf es den als Häupl-Nachfolger gehandelten Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Er wurde mit nur 67,8 Prozent ins Parteipräsidium gewählt.

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Die Resultate der weiteren Präsidiumsmitglieder fielen ebenfalls bescheiden aus: Ruth Becher schaffte 78,7 Prozent, Kathrin Gaal 81,2. Finanzstadträtin Renate Brauner lag mit 67,5 Prozent klar dahinter. Der „Neueinsteiger“ ins Präsidium, Gewerkschafter Christian Meidlinger, kam immerhin auf 88 Prozent. Er folgt in dieser Funktion auf Ex-Stadträtin Sonja Wehsely, die im Jänner ihren Rücktritt erklärte.

Aufruf zu Zusammenhalt

Häupl ersuchte angesichts der Resultate um Zusammenhalt: „Wir sind alle gewählt. Was als Nächstes ansteht, ist gemeinsame Arbeit in gemeinsamer Verantwortung.“ Seine Stellvertreterin Brauner befand: „Das Ergebnis ist Ausdruck der öffentlichen Diskussion der letzten Monate und Auftrag, die Diskussion wieder im Inneren zu führen.“

Ziel sei es, vor der nächsten Nationalratswahl wieder geeint aufzutreten, betonte Brauner. Sämtliche Präsidiumsmitglieder haben deutlich verloren - was vor allem im Vergleich zum Ergebnis 2015 (2016 standen keine Wahlen beim Parteitag auf dem Programm, Anm.) deutlich wird: Häupl durfte sich damals über 95,8 Prozent freuen. Becher kam auf 90,5 Prozent, Brauner auf 80, Gaal auf 87,7 und Ludwig auf 89,6 Prozent.

Wahl der Parteimitglieder

APA/Herbert P. Oczeret

Zu diesem Zeitpunkt war das schlechte Ergebnis für Häupl und Ludwig noch nicht absehbar

Ludwig: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“

Ludwig versicherte nach seinem schlechten Abschneiden, er habe sich „für einen Parteitag der Geschlossenheit eingesetzt“. Er habe sich bemüht, dem Polarisieren entgegenzuwirken. „Jetzt gilt es noch stärker, mit ganzer Energie und vereinten Kräften die täglichen Herausforderungen in unserer Stadt anzupacken“, sagte er in einer Stellungnahme: „Nach der Wahl ist vor der Wahl.“

Häupl kann Partei nicht befrieden

Häupls Ziel war es, mit seinem Wiederantritt die in der Nachfolgefrage tief gespaltene Stadtpartei bis zur nächsten Nationalratswahl mit seiner Autorität als Langzeitstadtchef zu befrieden. Denn ohne der - trotz allen Wähler- und Mitgliederschwunds - weiterhin mit Abstand wichtigsten Landesorganisation hat SPÖ-Kanzler Christian Kern bei Neuwahlen auf Bundesebene keine Chance. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die FPÖ nach der nächsten Wahl in die Regierung gelangt und entweder SPÖ oder ÖVP auf der Oppositionsbank landen werden.

Viele Streichungen trotz Standing Ovations

Dabei hatte für Häupl der Parteitag gut begonnen - für seine Rede erhielt er Standing Ovations. Er bekräftigte auf dem Landesparteitag, sich zum letzten Mal der Wahl zum Parteichef zu stellen. „Es wird dieser der Landesparteitag sein, bei dem ich zum letzten Mal als Vorsitzender der Partei kandidiere“, sagte er.

Es sei berechtigt, nach 23, 24 Jahren als Parteivorsitzender zu sagen, dass das „auch ein End’ haben muss“, sagte er. „Wir müssen uns auf die Aufgaben, die vor uns stehen, voll konzentrieren und uns nicht auf andere Themen wie beispielsweise auch die Personaldebatte, die uns über weite Strecken sehr beschäftigt hat, fokussieren“, mahnte er allerdings einmal mehr.

„Der Parteitag bestimmt“

Er bekenne sich dazu, „dass die Nachfolgediskussion nicht so verläuft, wie wir das in anderen Bundesländern gesehen haben“. „Ich fühle mich weder als Landeskaiser noch als Erbhofbauer“, betonte er. Die Partei werde unmittelbar nach der Nationalratswahl Personalvorschläge diskutieren und dem Landesparteitag vorlegen. „Nicht ich bestimme, wer in Zukunft die Wiener Sozialdemokratie führt, sondern der Parteitag. Das ist mein fester Wille und meine feste Überzeugung“, versicherte er.

Kritik am rechten Flügel

In Richtung jener Personen innerhalb der eigenen Partei, wie dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), die meinten, man könne mit der FPÖ leichter Sozialpolitik machen als mit der ÖVP, sagte er: „Mit der ÖVP ist das sicher nicht leicht, aber von der FPÖ habe ich überhaupt noch nie irgendeine Zustimmung zur Lösung der sozialen Frage gehört.“ Diese lehne alles durch die Bank ab. „Hauptsache sie können jedes Mal denselben Sermon bringen: Die Ausländer sind schuld“, sagte er: „Blöder geht’s nicht mehr.“ Die FPÖ sei „noch schlimmer, als man glaubt“.

Die SPÖ sei eine Partei der positiv denkenden Menschen: „Die, die motschgern, die, die raunzen, wählen uns nicht mehr so wahnsinnig, die wählen andere, die mitmotschgern“, sagte er. „Wir wollen nicht Verunsicherung und Angst, sondern wir wollen Hoffnung und Zuversicht.“

Strache: Häupl bleibt nur Rücktritt

Der Wiener FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betonte umgehend, Häupl bliebe nun „nur noch der Rücktritt“. Den Rückhalt in der Bevölkerung habe Häupl „schon lange verloren, nun ist er auch innerhalb der Partei futsch“. Hier zur Tagesordnung überzugehen, sei „nicht angebracht“. Strache forderte erneut eine Neuwahl in Wien noch im Herbst.

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