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Sanierung von Staatsfinanzen nicht in Sicht

Österreichs Budgetdefizit hat sich 2016 auf 1,6 Prozent erhöht. Das bedeutet eine Verschlechterung innerhalb eines Jahres um 0,5 Prozentpunkte. Diese Entwicklung der heimischen Staatsfinanzen geschieht jedoch vor dem Hintergrund eines generell positiven Trends im gesamten EU-Raum. Im Durchschnitt gelangen der Europäischen Union zum Unterschied von Österreich bemerkenswerte Budgetsanierungen.

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EU-weit waren die Budgetdefizits 2015 noch bei 2,4 Prozent der jeweiligen nationalstaatlichen Bruttoinlandsprodukte gelegen. Laut den jüngsten, am Montag veröffentlichten Eurostat-Zahlen gelang nun jedoch ein Aufwärtstrend hin zu nur noch 1,7 Prozent Neuverschuldung. In der Euro-Zone sieht es noch besser aus: In der Währungsunion liegt der Schnitt inzwischen bei 1,5 Prozent nach zuvor 2,1 Prozent.

Hinter Kroatien, Bulgarien, Zypern

Während die Euro-Zone ihre Neuverschuldung im Jahresabstand durchschnittlich um 0,6 Prozentpunkte (und die gesamte EU sogar um 0,7 Prozentpunkte) reduzieren konnte, stieg die einheimische Neuverschuldung im selben Zeitraum um fast dasselbe Maß. In absoluten Werten liegt Österreich damit nun auf Platz 13 innerhalb der EU - mit deutlich schlechteren Werten als etwa Kroatien, Bulgarien und Zypern.

Erklärung des Finanzministeriums

In einer Stellungnahme erklärt das Finanzministerium gegenüber ORF.at, die Ursache für die Veränderung des Defizit: „Nach Brüssel muss das Gesamtstaatliche Defizit gemeldet werden - also Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen. Die Abweichung begründet sich u. a. aus zwei Faktoren: Die Stadt Wien hat die Budgetziele nicht eingehalten (z. B. Mindestsicherung) sowie haben die Sozialversicherungen die Erwartungen nicht erfüllt. Der Bund an sich hat die Budgetziele übererfüllt. (lag sogar um 0,01 Prozent besser als in der Herbst-Notifikation) Das ist vor allem auf die Budgetdisziplin zurückzuführen.“

Noch immer ist Österreich freilich weit genug weg von der Maastricht-Alarmschwelle von drei Prozent Neuverschuldung. Vier Staaten liegen aktuell jenseits dieses kritischen Werts. Am höchsten lag Spanien (minus 4,5 Prozent) vor Frankreich (minus 3,4 Prozent), Großbritannien und Rumänien (je minus 3,0 Prozent). Diesen Staaten gelangen aber innerhalb des letzten Jahres zum Teil große Schritte nach vorne.

Überraschungen in Sachen Budgetdisziplin

Ein Blick in die Details der Zahlen offenbart etwa, dass Frankreich unter seinem unbedankten Präsidenten Francois Hollande während der letzten Jahre einen stetigen Pfad der Budgetgesundung beibehalten konnte: 2013 lag die Neuverschuldung dort noch bei 4,0 Prozent und wurde über die Jahre - über die Schritte 3,9 und 3,6 Prozent - eben inzwischen um 0,6 Prozentpunkte reduziert. Griechenland konnte bzw. musste die Neuverschuldung seit den 13,1 Prozent von 2013 sogar auf nun 0,7 Prozent Budgetüberschuss drehen.

Grafik zur EU-weiten Budgetentwicklung

Grafik: ORF.at; Quelle: Eurostat

Insgesamt verzeichneten im Vorjahr zehn EU-Staaten einen Haushaltsüberschuss. Am höchsten war er in Luxemburg (plus 1,6 Prozent), gefolgt von Malta (plus 1,0 Prozent), Schweden (plus 0,9 Prozent), Deutschland (plus 0,8 Prozent), Griechenland (plus 0,7 Prozent), Tschechien (plus 0,6 Prozent), Niederlande und Zypern (je plus 0,4 Prozent) sowie Estland und Litauen (je plus 0,3 Prozent). Ausgeglichen bilanzierten Bulgarien und Lettland.

Anderes Bild bei Gesamtschuldenstand

Ein anderes Bild als bei der jeweiligen Neuverschuldung pro Jahr ergibt sich bei den Schulden der Staaten insgesamt, die sich meist über Jahrzehnte hinweg aufgehäuft haben. EU-weit hat die Verschuldungsquote von 84,9 auf 83,5 Prozent abgenommen. In der Euro-Zone ging sie von 90,3 auf 89,2 Prozent zurück. Österreichs Schuldenstand sank von 85,5 auf 84,6 Prozent. Damit liegt Österreich immerhin an der sechstbesten Stelle in der EU.

Estland als Musterschüler

Die niedrigsten Verschuldungsraten wiesen Estland (9,5 Prozent des BIP), Luxemburg (20,0 Prozent), Bulgarien (29,5 Prozent), Tschechien (37,2 Prozent), Rumänien (37,6 Prozent) und Dänemark (37,8 Prozent) auf. Unter der 60-Prozent-Marke liegen noch Malta (58,3 Prozent), Polen (54,4 Prozent), die Slowakei (51,9 Prozent), Schweden (41,6 Prozent), Litauen (40,2 Prozent) und Lettland (40,1 Prozent). Die Mehrzahl der EU-Mitglieder - 16 Staaten - lagen über der Maastricht-Quote von 60 Prozent.

Die höchste Gesamtverschuldung wies 2016 weiterhin Griechenland (179,0 Prozent) auf. Dann kamen Italien (132,6 Prozent), Portugal (130,4 Prozent), Zypern (107,8 Prozent) und Belgien (105,9 Prozent). Unter der 100-Prozent-Marke rangieren Spanien (99,4 Prozent), Frankreich (96,0 Prozent), Großbritannien (89,3 Prozent), Österreich (84,6 Prozent), Kroatien (84,2 Prozent), Slowenien (79,7 Prozent), Irland (75,4 Prozent), Ungarn (74,1 Prozent), Deutschland (68,3 Prozent), Finnland 63,6 Prozent) und die Niederlande (62,3 Prozent).

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