Favoritensiege in erster Runde
Emmanuel Macron gegen Marine Le Pen lautet - wie von Umfragen prognostiziert - das Duell im Rennen um den Elysee-Palast. Der als unabhängiger Kandidat angetretene Macron ging am Sonntag in Frankreich als Sieger aus dem ersten Wahldurchgang hervor und gilt auch für die am 7. Mai anstehende Stichwahl als Favorit. Aber auch Le Pen vom rechtsextremen Front National (FN) zeigt sich weiter siegesgewiss.
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Macron kommt nach fast vollständiger Auszählung der Stimmen dem Innenministerium zufolge auf 23,75 Prozent. Dahinter liegt Le Pen mit 21,53 Prozent, gefolgt von dem konservativen Kandidaten Francois Fillon mit 19,91 Prozent und dem Linksaußenpolitiker Jean-Luc Melenchon mit 19,64 Prozent. Bis Montagfrüh waren 97 Prozent der Stimmen ausgezählt. Es fehlten nur noch Stimmen von Auslandsfranzosen.
Keine Chance auf einen Einzug in die Stichwahl hatte auch der Kandidat der regierenden Sozialisten des scheidenden Staatschefs Francois Hollande. Benoit Hamon kam auf lediglich 6,3 Prozent und erreichte damit das mit Abstand schlechteste Ergebnis für einen Sozialisten bei einer Präsidentschaftswahl in der Fünften Republik. Präsident Francois Hollande gratulierte Macron in einem Telefonat zum Einzug in die Stichwahl. Der bei den Wählern unbeliebte Sozialist hatte auf eine Kandidatur für eine zweite Amtszeit verzichtet.

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Macron erreichte im ersten Durchgang der Elysee-Wahl die meisten Stimmen
Macron: „Franzosen wollen Erneuerung“
Wahlsieger Macron ließ sich indes von seinen jubelnden Anhängerschaft feiern und sagte: „In einem Jahr haben wir das Antlitz der französischen Politik verändert.“ Er wolle mit einem System brechen, „das unfähig ist, auf Problem zu reagieren“. Eines seiner Ziele sei zudem der Neustart des „europäischen Projekts“.

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Er wolle ein „Präsident der Patrioten gegen die Gefahr der Nationalisten“ sein, sagte Macron bei seiner Siegesrede zudem. Die Stärke seiner Unterstützer werde der Schlüssel dazu sein, wie er regieren werde, kündigte er an. Macron rief seine Anhänger in diesem Zusammenhang dazu auf, ihm die nötige parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Die von Macron gegründete Bewegung „En Marche!“ (Auf dem Weg) ist in der französischen Nationalversammlung bisher nicht vertreten.
Le Pen: „Volk von arroganten Eliten befreien“
Le Pen sprach nach ihrem Einzug in die Stichwahl von einem „historischen Ergebnis“. „Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen“, sagte Le Pen vor ihren Anhängern. „Die Franzosen müssen diese historische Gelegenheit ergreifen“, sagte die weiterhin siegessichere FN-Chefin weiter.

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Le Pen feiert vor ihren Anhängern den Einzug in die Stichwahl
Le Pen zufolge gehe es bei der Stichwahl nun um die Entscheidung zwischen der „totalen Deregulierung ohne Grenzen und ohne Schutz“ und „Grenzen, die unsere Jobs schützen, unsere Kaufkraft, unsere Sicherheit, unsere nationale Identität“.

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Breite Unterstützung für Macron
Bereits nach der Veröffentlichung erster Hochrechnungen riefen zahlreiche Politiker zur Wahl Macrons auf, darunter auch die geschlagenen Präsidentschaftskandidaten Fillon und Hamon. Fillon begründete seine Unterstützung für Macron damit, dass Le Pen das Land ins Unglück führen würde. Hamon bezeichnete die „Auslöschung der Linken durch die extreme Rechte“ als eine schwere Niederlage und rief ebenfalls dazu auf, den FN mit Stimmen für Macron so deutlich wie möglich zu schlagen.

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Fillon gestand seine Niederlage ein und unterstützt nun Macron
Auch andere hochrangige Politiker sowohl vom konservativen als auch sozialistischen Lager gaben bereits eine offene Wahlempfehlung für Macron ab, der mit 39 Jahren nun der bisher jüngste Präsident Frankreichs werden könnte. Premierminister Bernhard Cazeneuve sagte, es gehe darum, den rechtsextreme FN zu schlagen, und „sein unheilvolles Programm eines Rückschritts Frankreichs und der Spaltung der Franzosen“ zu verhindern. „Ohne zu zögern, unterstütze ich Emmanuel Macron in seinem Duell mit dem FN, der Frankreich ins Desaster führen würde“, sagte zudem der republikanische Ex-Premier Alain Juppe via Twitter.

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Melenchon hat sich noch nicht für eine Unterstützung von Macron entschieden
Melenchon hat - im Gegensatz zu ersten Meldungen - noch keine Empfehlung für den zweiten Wahlgang abgegeben. Er wolle noch die 450.000 Personen befragen, die seine Kandidatur unterstützt hatten, und das Ergebnis dieser Befragung dann veröffentlichen, sagte Melenchon am Sonntagabend.
Macron laut Umfragen klarer Favorit
Umfragen sehen Macron für die zweite Runde der Wahl bereits klar vor Le Pen. In einer Befragung des Instituts Harris Interactive von Sonntagabend lag Macron bei 64 Prozent, Le Pen bei 36 Prozent. Ipsos sah Macron für die Stichwahl bei 62 Prozent und die Front-National-Chefin bei 38 Prozent. Allerdings hätten zwölf Prozent der Befragten, die sicher zur Wahl gehen wollen, nicht angegeben, wen sie wählen würden, hieß es von Ipsos.
Richtungsentscheidung für Frankreich und Europa
Der FN steht nach 2002 bereits zum zweiten Mal in einer Stichwahl um das französische Präsidentschaftsamt. Ein Sieg Le Pens in zwei Wochen wäre nach dem „Brexit“-Votum und dem Triumph von Donald Trump in den USA der dritte große Erfolg von nationalistischen Populisten. Die FN-Chefin will die Euro-Währung in Frankreich abschaffen und ihre Mitbürger und Mitbürgerinnen über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen.
ORF-Korrespondenten über den Wahlausgang
Aus Paris berichtet die ORF-Korrespondentin Eva Twaroch über den Wahlausgang. Aus Henin-Beaumont, wo Marine Le Pen euphorisch gefeiert wird, meldet sich der ORF-Korrespondent Christophe Kohl.
Der proeuropäische Macron profilierte sich im Wahlkampf unterdessen bisher erfolgreich als liberaler Gegenspieler Le Pens. Macron, der bereits Wirtschaftsminister unter Hollande war, hat sein Parteibuch bei den Sozialisten schon lange abgegeben und stieg nun mit der von ihm gegründeten Bewegung „En Marche!“ (Auf dem Weg) in den Polit-Ring.
Frankreich seit November 2015 im Ausnahmezustand
Bis zuletzt war Umfragen zufolge knapp ein Drittel der insgesamt rund 47 Millionen Wahlberechtigten unentschlossen gewesen. Meinungsforschern zufolge bestimmten die Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftsentwicklung und die Glaubwürdigkeit der Politiker die Entscheidung der Wähler und Wählerinnen. Aber auch die Sicherheit spielte eine große Rolle. Obwohl viele mit Enthaltung geliebäugelt hatten, gingen sie dann doch zur Wahl. Am Abend zeichnete sich eine Beteiligung von 80 Prozent ab, wie vor fünf Jahren.

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Viele ließen bis zuletzt offen, ob sie zur Wahl gehen würden - die Wahlbeteiligung war dann dennoch hoch
Der Wahlgang fand unter beispiellosen Sicherheitsvorkehrungen statt - rund 50.000 Polizisten und Polizistinnen sowie rund 7.000 Soldatinnen und Soldaten waren im Einsatz. In Frankreich gilt seit den Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris der Ausnahmezustand. Erstmals fand unter einem solchen nun auch eine Präsidentschaftswahl statt. Das Thema Kampf gegen den Terror prägte auch das Wahlkampffinale. Hintergrund war der tödliche Angriff auf einen Polizisten am Donnerstagabend auf den Pariser Champs-Elysees.
Nur rund einen Monat nach der Stichwahl steht am 11. und 18. Juni mit der Parlamentswahl bereits die nächste Kursentscheidung in Frankreich an. So umfasst das französische Präsidentschaftsamt im europäischen Vergleich zwar eine beispiellose Machtfülle - eine fehlende Mehrheit in der Nationalversammlung macht allerdings auch für den Elysee-Palast das Regieren schwer.
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