Der Kulturtransfer nach dem Krieg
Als Teil der Alliierten haben US-amerikanische Soldaten nicht nur für den Frieden gesorgt, sie waren auch wesentlich am Kulturtransfer nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Mit der Präsenz der US-Streitkräfte rückte den Österreichern und Österreicherinnen die amerikanische Alltagskultur ein großes Stück näher. Jazz, Rock ’n’ Roll, Hollywood und Coca-Cola wurden populär. Und die USA prägten die Medienlandschaft nachhaltig.
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Die United States Forces in Austria (USFA), die von 1945 bis 1955 auf österreichischem Boden stationiert waren, besaßen zu Spitzenzeiten eine Stärke von 40.000 Soldaten. Kurz vor dem Ende der Besatzungszeit waren es rund 15.000 Armeeangehörige, deren Hauptquartier sich mit Camp Riedenburg in der Salzburger Riedenburgkaserne befand.
Als Teil der USFA war in Camp Riedenburg auch die Information Services Branch (ISB) beheimatet. Ihre Aufgabe war die „Reorientation“ der Österreicherinnen und Österreicher. Damit war die ISB die Drehscheibe des Kulturtransfers zwischen den USA und dem von den Nazis befreiten Österreich. Um eine gemeinsame Identität zu signalisieren, stellte die blau-weiß-rote Flagge der USFA eine Kombination der österreichischen und der US-Flagge dar.
Neue Tageszeitungen
Besonders deutlich wurden die Aktivitäten der Amerikaner im Medienbereich. Etwa mit der Gründung von Tageszeitungen wie dem „Wiener Kurier“, den „Salzburger Nachrichten“ und den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Die ISB sorgte auch für Journalistenausbildung, um den Medien einen entsprechenden amerikanischen Drall zu verpassen.
Jazz statt Marschmusik
Vor allem der Hörfunkbereich wusste ein gewisses Lebensgefühl amerikanischer Prägung zu vermitteln, das auf sehr große Resonanz stieß. Der Sender Blue Danube Network, der zunächst von Wien aus und später vom Salzburger Schloss Kleßheim aus sendete, machte Jazz populär. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich in Österreich rund um Hans Salomon, Joe Zawinul und Carl Drewo eine prosperierende Jazz-Szene entwickelte, die auch in den USA wahrgenommen wurde.
Auch Radio Rot-Weiß-Rot war fest in amerikanischen Händen, um kulturell einzuwirken. Die Sendungen trugen Namen wie „Amerika ruft Österreich“ und „Wir lernen denken“. Eine der frühen Mitarbeiterinnen des Senders war Ingeborg Bachmann. Der zur RAVAG gehörende Sender Radio Wien wurde von den sowjetischen Besatzern betrieben.
Mit den Amerika-Häusern entstanden in mehreren österreichischen Städten Kultureinrichtungen mit breitem Bibliotheksangebot. Im Lauf der Jahre wurden Austauschprogramme und Jugendclubs etabliert. Und es wurde stark auf den Bereich Film gesetzt, um mittels Hollywood einen gemeinsamen kulturellen Horizont zu schaffen. Das Kolosseum-Kino im neunten Wiener Gemeindebezirk, unweit der US-Botschaft, wurde zum Soldatenkino Yanks umfunktioniert und war ein deutliches Signal amerikanischer Populärkultur in Wien.
Basketball statt Pferdestall
Der Wiener Messepalast, auf dem Gelände des heutigen MuseumsQuartiers, wurde in den Jahren 1945 bis 1955 zum wichtigen Veranstaltungsort der USFA. Ausstellungen erklärten den Marshall-Plan, es wurden Modeschauen abgehalten, und die ehemalige k. u. k. Reithalle mutierte zur „Sports Arena“, in der viele Österreicher und Österreicherinnen zum ersten Mal mit Basketball in Berührung kamen.
Ziel waren die Entnazifizierung und Demokratisierung mit den Mitteln der Kultur, aber auch des Konsums, um einen „American Way of Life“ zu fördern. Das Standardwerk zur Kulturmission der Amerikaner in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg, das vom Historiker Reinhold Wagnleitner in den 1990er Jahren verfasst wurde, trägt den bezeichnenden Titel „Coca-Colonisation und Kalter Krieg“.
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Johannes Luxner, für ORF.at