Stempel statt Kreuz
55,3 Millionen Wahlberechtigte waren beim Referendum in der Türkei am Sonntag dazu aufgerufen, für oder gegen die Einführung eines Präsidialsystems zu stimmen. Im Ausland - wo zusätzlich 2,9 Millionen wahlberechtigte Türken registriert sind - wurde bereits abgestimmt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wahltag:
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Wann die Wahllokale geöffnet sind: Im Osten der Türkei haben die Wahllokale seit 7.00 Uhr (Ortszeit, 6.00 Uhr MESZ) geöffnet und schließen um 16.00 Uhr. In anderen Landesteilen kann von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr abgestimmt werden.
Was auf den Stimmzetteln steht: Auf den von türkischen Medien veröffentlichten Bildern von Musterstimmzetteln steht auf der linken Hälfte Ja auf weißem Hintergrund und auf der anderen Nein auf braunem Hintergrund. Der Wähler entscheidet, indem er einen Stempel mit der Aufschrift „tercih“ („Auswahl“) auf den bevorzugten Teil drückt. Dann steckt er den Stimmzettel in einen Umschlag, der in eine Urne kommt. Eine Frage ist auf dem Stimmzettel nicht vermerkt. Nach dem wochenlangen Wahlkampf dürften die Optionen aber bekannt sein.
Wie die Auszählung abläuft: Landesweit gibt es gut 167.000 Wahlurnen (Wahllokale haben in der Regel jeweils mehrere Wahlurnen). Pro Urne bestimmt die Wahlkommission des jeweiligen Bezirks einen Vorsitzenden. Die fünf stärksten Parteien in der Region dürfen jeweils einen Vertreter entsenden, der die Abstimmung und die Auszählung beobachtet.
Diese Beobachter müssen das Ergebnis aus der jeweiligen Urne unterzeichnen, bevor die Stimmzettel und das Wahlergebnis zur Wahlkommission des Bezirks gebracht werden. Dort werden die Ergebnisse - wieder unter Beobachtung von Vertretern sowohl der Regierungspartei AKP als auch von Oppositionsparteien - in ein Computersystem eingegeben und zur Wahlkommission nach Ankara übermittelt. In der nationalen Wahlkommission in Ankara sitzen ebenfalls Vertreter der Regierung und der Opposition.
Was mit den Stimmen aus dem Ausland passiert: Die versiegelten Wahlurnen werden mit einem eigenen Flugzeug unter Aufsicht nach Ankara gebracht und dort der Wahlkommission übergeben. Am Wahltag werden die Stimmen nach Schließung der Wahllokale ebenfalls unter Beobachtung von Regierungs- und Oppositionsparteien ausgezählt.
Internationale Wahlbeobachter: Es gibt einige, aber nicht viele. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat elf internationale Experten nach Ankara entsandt. Zusätzlich sind seit dem 25. März 24 internationale Langzeitbeobachter der OSZE im Land im Einsatz.
Ergebnisse: Erste Ergebnisse gibt es noch am Abend des Referendums. Unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale beginnt die Auszählung. Die Wahlbehörde entscheidet, wann Medien erste Ergebnisse veröffentlichen dürfen. Normalerweise ist das wenige Stunden nach Wahlende der Fall.
Prognosen oder Hochrechnungen gibt es nicht, dafür aber Teilergebnisse, die fortlaufend aktualisiert werden. Wann der Ausgang des Referendums feststeht, hängt vor allem davon ab, wie knapp das Resultat ausfällt. Vermutlich dürfte aber am späteren Abend oder spätestens in der Nacht deutlich werden, welche Seite den Sieg für sich verbuchen kann.
Abstimmung auch in Gefängnissen: In den Gefängnissen werden nach den Plänen der Wahlkommission insgesamt 461 Wahlurnen stehen. Auch die zahlreichen inhaftierten Regierungskritiker können also ihre Stimmen abgeben. Gewährleistet ist ebenfalls, dass der inhaftierte deutsch-türkische „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel wählen kann: In Silivri, wo er in Untersuchungshaft sitzt, werden 33 Wahlurnen aufgestellt.
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Mirjam Schmitt und Linda Say, dpa