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Der Auf- und Abstieg eines Aufschneiders

Zwölf Jahre nach seinem oscarprämierten Politthriller „Syriana“ ist Stephen Gaghan mit „Gold“ als Regisseur zurück auf der Leinwand: einer Schatzsucherstory in Starbesetzung, zwischen indonesischem Dschungel und New Yorker Börse, basierend auf einer wahren Geschichte.

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Reno, Nevada, 1981: Das Bergbauunternehmen Washoe Mining ist auf dem bisherigen Höhepunkt seines Erfolges, das Geschäft mit dem Gold boomt. Kenny Wells (Matthew McConaughey) ist ein smarter, erfolgreicher und wohlhabender Unternehmersohn, der nur die Zuckerseiten des Lebens zu kennen scheint.

Sieben Jahre später, nach dem Tod des Vaters, ist vom einstigen Glanz nicht mehr viel übrig. Wells ist zum schmierigen Taugenichts abgestiegen, der seinen tristen Alltag über die Pfandleihe und die zwei Jobs seiner Freundin finanziert. Das Einzige, was geblieben ist, ist der stetige Traum vom Gold.

Besessener Visionär

Für diese Besessenheit vom Edelmetall riskiert Wells seine Zukunft, seine Beziehung zu seiner Freundin Kay (Bryce Dallas Howard), die Sicherheit seiner Geschäftspartner und zeitweise sein eigenes Leben. Das Dasein im Schatten des verstorbenen Vaters und die Erkenntnis, dass ihm der nötige Biss, der Ehrgeiz und die Disziplin fehlen, um ein erfolgreiches Unternehmen zu leiten, ließe sich mit einem Goldfund wieder wettmachen. Ein Glaube, an dem Wells festhält, koste es, was es wolle.

Filmszene aus "Gold"

2016 STUDIOCANAL GmbH

McConaughey überzeugt als heruntergekommener Firmenchef

Wells ist eine Figur, die dem McConaughey der letzten Jahre wie auf den Leib geschrieben ist: ein verbrauchter, ungepflegter Trinker. Ein sich selbst maßlos überschätzender Dampfplauderer. Ein Versager, der im väterlichen Unternehmen (oder dem, was davon noch geblieben ist) zu glänzen versucht, während er Selbiges rasant gegen die Wand fährt. Bis ihn ein Geistesblitz und ein vielversprechendes Treffen mit dem Geologen Mike Acosta (Edgar Ramirez) in den indonesischen Dschungel und seine Firma Washoe zum unerwarteten Erfolg und letztlich an die New Yorker Börse führt.

Von der Goldmine in die Schlagzeilen

Die Geschichte klingt nach der Fantasie einer Drehbuchschmiede in Hollywood, beruht aber auf dem Bre-X-Skandal der späten 90er Jahre. Dieser sorgte weltweit für Schlagzeilen und gilt noch heute als einer der größten Bergbau- und Börsenskandale der Geschichte.

Die kanadische Explorationsgesellschaft Bre-X Minerals Ltd. verfälschte im indonesischen Busang gefundene Gesteinsproben systematisch und sicherte sich so eine Vielzahl an schwerreichen Investoren und Geschäftspartnern. Der rasante Aufstieg mit Rekordwerten an der kanadischen Börse folgte. Als der Betrug - der bis heute nicht vor Gericht aufgearbeitet wurde - aufflog, wurden nicht nur das Unternehmen und seine Partner geschädigt, sondern die gesamte Rohstoffbranche.

Unfreiwillige One-Man-Show

Die Ereignisse rund um Bre-X liefern in der Tat genug Material für einen Hollywood-Blockbuster, lediglich die Protagonisten sind der Fantasie Gaghans entsprungen, wenn auch an die wirkliche Bre-X-Führung David Walsh, John Felderhof und Michael de Guzman angelehnt. So wurde aus Bre-X Minerals Washoe Mining, mit einem McConaughey an der Spitze, der den Film und seine Handlung fast im Alleingang tragen muss.

Howard als Wells’ Freundin Kay und Ramirez, dessen Figur Acosta eine Wandlung vom Geschäftspartner zu Wells engstem Vertrauten durchmacht, überzeugen ebenfalls durch ihre Leistung - mehr, als es die ihnen zugeschriebenen Rollen eigentlich zugestehen. Die Charakterentwicklung scheint nämlich rein dem Protagonisten vorbehalten zu sein. „Gold“ ist somit eine unfreiwillige One-Man-Show, für die sich Oscar-Preisträger McConaughey mächtig ins Zeug legt und einmal mehr beweist, dass die Entscheidung, das Romantic-Comedy-Fach hinter sich zu lassen, die richtige war.

Die Leistung der drei Hauptakteure und viele Momente voller unerwarteter Wendungen bringen definitiv Spannung in die ansonsten nüchterne Story. Dennoch fehlt es „Gold“ an Tiefe. Gaghan, der für das Drehbuch zu „Traffic“ bereits mit einem Academy Award ausgezeichnet wurde, visualisiert hier ein Abenteuer zwischen „Der Schatz der Sierra Madre“ und „The Wolf of Wall Street“, eine Story zwischen ungebrochenem Pioniergeist und den Schattenseiten des American Dream. Ein Drama, wie es das Leben (fast) schrieb, und doch ein überzeichneter Hollywood-Film voller Klischees, Stereotype und Gags, die nicht so recht zünden wollen. Als kurzweilige Goldgräberstory taugt der Film zwar - in Sachen Regiearbeit aber kann Gaghan mit „Gold“ nicht an die Größe von „Syriana“ anschließen.

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