„Sehen keinen Frieden mit Assad“
Die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, schließt eine politische Lösung für Syrien mit Staatschef Baschar al-Assad an der Spitze aus. Der Sturz Assads „ist eine Priorität“, sagte Haley in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Fernsehsender CNN.
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Haley zufolge sei ein Regimewechsel neben dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und dem Zurückdrängen des iranischen Einflusses eine der Prioritäten der Regierung von Präsident Donald Trump in dem Bürgerkriegsland. „Assad wegzubekommen ist nicht die einzige Priorität. Was wir tun, ist offensichtlich, den IS zu besiegen. Zweitens, wir sehen kein friedliches Syrien mit Assad dort“, sagte Haley gegenüber CNN.
Es handelt sich um einen deutlichen Schwenk: Ende März erklärte Haley noch, dass ein Sturz Assads, anders als für die Vorgängerregierung unter Barack Obama für die USA keinen Vorrang mehr habe. Der Fokus liege nicht mehr auf Assad, sagte Haley laut BBC damals. Trumps Sprecher Sean Spicer legte damals nach und sagte: Es sei nötig, die „politische Realität“ zu akzeptieren.
Für Haley, die amtierende Vorsitzende des UNO-Sicherheitsrats, ist angesichts von Assads Handlungen nun aber eine „stabile und friedliche Regierung“ mit ihm kaum vorstellbar. Die ranghohe US-Diplomatin bezog sich auf den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff vom Dienstag, für den die NATO, die USA und weitere Staaten Assads Streitkräfte verantwortlich machen. Damaskus weist jegliche Verantwortung dafür zurück.
Tillerson gibt Kampf gegen IS Vorrang
Laut US-Außenminister Rex Tillerson habe für die USA noch immer die Niederlage des IS „oberste Priorität“. Sobald die Bedrohung durch die IS-Miliz vermindert oder ausgeschaltet sei, könne sich Washington aber „direkt“ der Aufgabe widmen, „die Lage in Syrien zu stabilisieren“, sagte Tillerson in einem Interview mit dem TV-Sender CBS zudem. Erst vor wenigen Tagen sagte der US-Außenminister zudem, dass allein das syrische Volk über das Schicksal Assads zu entscheiden habe.
Die USA hatten in der Nacht auf Freitag von zwei Kampfschiffen aus 59 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt al-Schairat in der zentralen Provinz Homs abgefeuert. Es war der erste direkte US-Angriff auf die syrischen Streitkräfte in dem Bürgerkrieg.
Weitere Militäraktionen nicht ausgeschlossen
US-Präsident Donald Trump hatte den Angriff als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff vom Dienstag in der von bewaffneten Gruppen kontrollierten Kleinstadt Chan Scheichun im Nordwesten Syriens bezeichnet. Dabei wurden nach Angaben von Aktivisten 87 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, getötet. Trump und Haley schlossen weitere Militäraktionen nicht aus.
Trump hatte sich im Wahlkampf immer wieder gegen militärische Eingriffe in Syrien ausgesprochen. Er macht jetzt aber das Assad-Regime dafür verantwortlich, Giftgas gegen die Bevölkerung in einer Rebellenhochburg eingesetzt zu haben, und hat damit den Raketenangriff auf die syrische Luftwaffenbasis gerechtfertigt.
Schiiten-Prediger fordert Rücktritt
Erstmals forderte unterdessen auch ein hochrangiger Schiiten-Vertreter im Irak Assads Rücktritt. Der Prediger Muktada al-Sadr erklärte am Sonntag, Assad solle die „historische, heldenhafte Entscheidung“ treffen, bevor es zu spät sei. Mit einem Rücktritt „aus Liebe zu Syrien“ würde der Präsident seinem Land „die Leiden des Kriegs und des Terrorismus“ ersparen.
Zugleich verurteilte Sadr den US-Raketenangriff. Dieser würde „die Region in den Krieg ziehen“ und könne die Ausbreitung des IS fördern. Der Irak ist im Kampf gegen die IS-Extremisten mit den USA verbündet. Die schiitische Regierung in Bagdad hat aber auch gute Beziehungen zum ebenfalls schiitischen Nachbarn Iran, der zusammen mit Russland Assad an der Macht hält.
Auch die Türkei forderte am Sonntag indirekt Assads Rücktritt. Russland müsse seine Unterstützung für den syrischen Präsidenten beenden, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu dem Sender TRT Haber.
Russland: „Rote Linie“ überschritten
Nach dem US-Angriff auf die syrische Militärbasis wird unterdessen der Ton zwischen Russland und dem Westen immer schärfer. Russland als engster Verbündeter der syrischen Regierung warf Washington vor, mit dem Angriff mit Marschflugkörpern eine „rote Linie“ überschritten zu haben.
Ab jetzt werde auf jeden Akt der Aggression geantwortet, hieß es in einer Erklärung des gemeinsamen Kommandos Russlands, des Iran und anderer Verbündeter Assads. Russlands Präsident Wladimir Putin sei sich mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani in einem Telefonat am Sonntag einig gewesen, dass die US-Angriffe nicht hingenommen würden, berichtete die russische Nachrichtenagentur TASS.
Iran sichert Assad Unterstützung zu
Rouhani sicherte Assad zudem seine Unterstützung zu. „Der Iran wird weiterhin an der Seite des syrischen Volkes stehen und auch eine engere gemeinsame Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus begrüßen“, sagte der iranische Präsident nach offiziellen Angaben in einem Telefonat mit Assad.
„Als Handlager (Assads, Anm.) ist Russland für jeden toten Zivilisten der vergangenen Wochen verantwortlich“, schrieb unterdessen der britische Verteidigungsminister Michael Fallon in der Zeitung „Sunday Times“. Wenn Russlands Präsident Putin diese Verantwortung ablegen wolle, müsse er für die völlige Auflösung der syrischen Chemiewaffenbestände sorgen und sich voll im UNO-Friedensprozess zu Syrien engagieren.
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