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Kontakte mit USA als „Priorität“

Die jüngsten Ereignisse in Syrien belasten nicht nur die russisch-amerikanischen Beziehungen. Auch London geht deutlich auf Distanz zu Moskau. Der britische Außenminister Boris Johnson sagte am Samstag einen Russland-Besuch kurzfristig ab. „Wir verurteilen, dass Russland das Assad-Regime auch nach dem Chemiewaffenangriff auf unschuldige Zivilisten weiter verteidigt“, sagte Johnson.

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Ursprünglich wollte der britische Außenminister am Montag nach Moskau reisen. Doch durch die jüngsten Entwicklungen in Syrien habe sich die Lage „grundlegend geändert“, so der Außenminister in einer Erklärung. Er konzentriere sich nun auf Beratungen mit den USA und anderen Ländern zur Vorbereitung des G-7-Außenministertreffens am Montag und Dienstag in Italien. „Meine Priorität sind nun die Kontakte mit den USA und mit anderen vor dem G-7-Treffen“, so Johnson.

Unverständnis in Moskau

Er rief die russische Regierung auf, „alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine politische Lösung in Syrien zu erreichen“. Moskau müsse mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um weitere Giftgasangriffe zu verhindern. Sein US-Kollege Rex Tillerson werde wie geplant im Anschluss an das G-7-Treffen nach Moskau reisen, um „den Russen diese klare und abgestimmte Botschaft zu übermitteln“, fügte Johnson hinzu.

Moskau reagierte mit Unverständnis. „Wir haben den Eindruck, dass die westlichen Länder in einer speziellen Wirklichkeit leben: Zuerst versuchen sie, einseitig gemeinsame Pläne zu schmieden, und dann verändern sie diese auch einseitig - und erfinden dabei absurde Gründe“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Agentur TASS am Samstag in Moskau. Russland habe immer eine gute Beziehung zu Großbritannien gesucht.

Die britische Regierung hatte sich am Freitag hinter US-Präsident Donald Trump gestellt, der als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien einen Luftwaffenstützpunkt der syrischen Regierungstruppen mit Raketen beschießen ließ. London nannte den Einsatz eine „angemessene Reaktion auf den barbarischen Chemiewaffenangriff der syrischen Regierung“.

Meeting zum US-Luftschlag in Syrien

APA/AP/Weißes Haus

Trump im Kreis seiner Berater nach dem US-Raketenangriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt

Der Kreml verurteilte die US-Attacke hingegen als „Angriff gegen einen souveränen Staat“ und Verstoß gegen das internationale Recht. Außenministeriumssprecherin Sacharowa sagte, es sei einer „der schwierigsten Momente der bilateralen Beziehung“ zwischen den USA und Russland. Die russische Regierung bestreitet zwar nicht, dass syrische Jets auf den Ort Chan Scheichun einen Angriff flogen. Moskaus Darstellung zufolge wurde dabei aber ein Chemiewaffendepot der Rebellen getroffen, was die chemischen Kampfstoffe freisetzte.

Diese Einschätzung habe der russische Außenminister Sergej Lawrow am Samstag bei einem Telefonat mit Tillerson bekräftigt, teilte das russische Außenministerium mit. Lawrow habe deutlich gemacht, dass ein Angriff auf ein Land, dessen Regierung gegen den Terrorismus ankämpfe, nur den Extremisten in die Hände spiele. Lawrow und Tillerson hätten sich darauf verständigt, das Gespräch über Syrien persönlich fortzusetzen.

Weitere Aktionen nicht ausgeschlossen

Die USA und eine Reihe westlicher Staaten gehen davon aus, dass die Regierung von Staatschef Baschar al-Assad hinter dem Chemiewaffenangriff steckt. Laut UNO-Angaben starben in Chan Scheichun 84 Menschen - 546 weitere wurden verletzt. Dem türkischen Gesundheitsministerium zufolge war das Nervengift Sarin eingesetzt worden. Als Reaktion feuerten die USA am Freitag in der Früh 59 Marschflugkörper auf den Luftwaffenstützpunkt ab, von dem der Angriff ausgegangen sein soll. Es war das erste Mal, dass die USA die syrische Armee in dem Bürgerkrieg ins Visier nahmen.

Karte zeigt Syrien

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Der Raketenbeschuss ist zwar eher als symbolische Maßnahme und Warnsignal an Assad zu sehen. Doch die USA wollten weitere Maßnahmen nicht ausschließen. „Wir sind darauf vorbereitet, mehr zu unternehmen, aber wir hoffen, dass das nicht nötig sein wird“, sagte die amerikanische UNO-Botschafterin Nikki Haley am Freitagabend.

US-Kongress offiziell informiert

Trump informierte unterdessen den Kongress über den US-Militärschlag. In dem am Samstag veröffentlichten Schreiben betonte der US-Präsident erneut, Ziel sei es gewesen, die Fähigkeit des syrischen Militärs zu weiteren Chemiewaffenangriffen zu verringern und die syrische Führung davon abzuschrecken, ein weiteres Mal solche Waffen einzusetzen.

Er habe im „vitalen Interesse der nationalen Sicherheit und Außenpolitik“ der USA gehandelt, „entsprechend meiner verfassungsrechtlichen Befugnis (...)“, schrieb Trump weiter. „Die USA werden zusätzliche Schritte ergreifen, so wie es nötig und angemessen ist, um ihren wichtigen nationalen Interessen zu dienen.“

Start- und Landebahnen bewusst ausgenommen

Unterschiedlich waren zunächst die Darstellungen über das Ausmaß der Schäden auf dem von den USA beschossenen Flugplatz ausgefallen. Der Gouverneur der syrischen Provinz Homs hatte gesagt, der angegriffene Flugplatz sei stark beschädigt worden. Nach Angaben von Beobachtern flogen syrische Kampfjets von dort aus jedoch weniger als 24 Stunden nach dem Angriff des US-Militärs neue Luftangriffe. Mittlerweile bestätigten auch die syrischen Behörden, dass von dort wieder Kampfflugzeuge abhoben.

Beschädigter Luftwaffenhangar

APA/AP/Staatliches syrisches Fernsehen

Zu den Schäden auf dem syrischen Luftwaffenstützpunkt kursieren unterschiedliche Angaben

Wie Trump via Twitter mitteilte, habe das US-Militär bei seinem Schlag gegen den syrischen Luftwaffenstützpunkt die Start- und Landebahnen bewusst ausgenommen, „weil es zu leicht wäre, sie schnell wieder zu reparieren“. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums vom Freitag konzentrierte sich der Raketenangriff auf Flugzeuge, Hangars, Petroleum- und logistische Vorräte, Munitionsbunker, Luftverteidigungssysteme und Radar.

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