Regierung verurteilt „widerwärtige Tat“
Bei einer Bombenexplosion in einer koptischen Kirche in Ägypten sind am Sonntag mindestens 25 Menschen getötet worden. Der Anschlag ereignete sich, während die Gemeinde den Palmsonntagsgottesienst feierte. Dutzende weitere Menschen wurden in der St.-Georg-Kirche in Tanta, 120 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kairo, verletzt. Kurz danach wurde auch aus Alexandria eine Explosion gemeldet.
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Bei dem Anschlag in Alexandria wurden laut den ägyptischen Behörden mindestens 16 Menschen getötet und mehr als 40 verletzt. An dem Gottesdienst nahm laut der koptischen Kirche auch ihr Oberhaupt Papst Tawadros II. teil. Die staatliche Zeitung „Al-Ahram“ berichtete, die Explosion außerhalb der koptischen Kirche St. Markus in der Hafenstadt sei durch einen Selbstmordattentäter verursacht worden, der zuvor am Einlass in die Kirche gehindert worden sei.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Auch in Tanta dürfte die tödliche Explosion von einem Selbstmordattentäter verursacht worden sein. Das berichteten Augenzeugen. Der Gouverneur von Gharbija, Ahmed Deif, sagte dem Fernsehsender Nile News am Telefon, die Explosion habe sich im Inneren der Kirche ereignet. Sicherheitskräfte hätten die Umgebung der Kirche nach möglichen weiteren Sprengsätzen durchkämmt, sagte Deif. Der Tatort sei weitgehend abgesperrt worden. Über ihren Propagandadienst Amak reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Anschläge für sich.
Sisi beruft Sicherheitsrat ein
Die ägyptische Regierung sprach in einer ersten Reaktion auf die Explosion in Tanta von Terror. „Der Terrorismus trifft Ägypten erneut, dieses Mal an Palmsonntag“, schrieb der Sprecher des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, am Sonntag auf Twitter. Es sei eine weitere „widerwärtige Tat“ gegen alle Ägypter. Präsident Abdel Fattah al-Sisi rief den nationalen Sicherheitsrat ein. Nach Angaben des ägyptischen Fernsehens habe Sisi zudem den Befehl zur „sofortigen Abstellung von Armee-Einheiten“ im gesamten Land gegeben. Damit solle die Polizei unterstützt werden.

Reuters/Mohamed Abd El Ghany
Die St.-Georg-Kirche in Tanta ist die größte christliche Kirche der Region
Zum Zeitpunkt des Anschlags waren besonders viele Gläubige in der Kirche. Die koptische Gemeinde in Tanta hatte den Palmsonntag gefeiert und sich damit auf das Osterfest in einer Woche vorbereitet. Laut dem ägyptischen Fernsehen ist St. Georg die größte christliche Kirche der Region.
EU sichert Solidarität im Kampf gegen Terror zu
Die Europäische Union sicherte Ägypten Solidarität im Kampf gegen den Terror zu. „Die Verantwortlichen für die Angriffe müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel.
In Österreich verurteilten Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) die Bombenanschläge. „Wir trauern um die Opfer, unser Mitgefühl ist bei ihren Angehörigen“, ließ der Bundespräsident via Twitter wissen. Kurz schrieb ebenfalls auf Twitter, seine Gedanken seien bei den Familien und Freunden der Opfer. Der Außenminister forderte überdies, „entschieden gegen Verfolgung von religiösen Minderheiten“ und Christen vorzugehen.
In Deutschland fanden Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) scharfe Worte. „Erneut sind christliche Gläubige Ziel einer Bluttat geworden“, sagte Gabriel am Sonntag in Berlin. Er forderte, die Hintergründe aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Papst drückt Bestürzung aus
Papst Franziskus drückte in Rom seine Bestürzung aus. Beim Angelusgebet auf dem Petersplatz verurteilte er den Anschlag in Ägypten ebenso wie jenen vor zwei Tagen in Stockholm. Er bete für die Opfer und deren Angehörige sowie für all jene, die wegen Kriegen leiden, sagte Franziskus. Er bekundete seine Nähe zu dem ägyptischen Volk. Für Ende April hat der Papst eine Reise nach Ägypten geplant.
Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten. Insgesamt machen Christen in Ägypten rund zehn Prozent der 94 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Sie können ihre Religion weitgehend frei ausüben und leben größtenteils friedlich mit der muslimischen Bevölkerungsmehrheit zusammen. Es kommt allerdings vereinzelt zu Spannungen, vor allem in den ländlichen Gebieten.
IS-Anschlag vor vier Monaten
Im Februar flüchteten Hunderte ägyptische Christen aus dem Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel. Vorangegangen war eine Mordserie an Mitgliedern der religiösen Minderheit, hinter der IS vermutet wurde. Im Dezember vergangenen Jahres sprengte sich ein Selbstmordattentäter während einer Sonntagsmesse in der koptischen Kirche St. Peter und Paul in Kairo in die Luft. Etwa 30 Menschen wurden damals getötet. Damals reklamierte der IS die Tat für sich.
Es war der schwerste Anschlag auf die koptische Gemeinde in Ägypten seit dem Anschlag auf eine Kirche in der Küstenstadt Alexandria, bei dem am Neujahrstag 2011 mehr als 20 Menschen getötet worden waren. Mit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi 2013 hatten die Angriffe gegen Christen in dem Land zeitweise zugenommen. Unter Mursis Nachfolger, dem autoritären Präsidenten Sisi, beruhigte sich die Lage wieder etwas.
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