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„Die beste Werbung für Großbritannien“

Nach dem offiziellen Einreichen des EU-Austrittsgesuchs stehen Großbritannien zwei Jahre zäher Verhandlungen mit der EU bevor. Um im Hinblick darauf das Image des Landes aufzupolieren, hat sich die königliche Familie ein auffällig dichtes Reiseprogramm auferlegt. Thronfolger Charles und seine Frau Camilla machen am Mittwoch und am Donnerstag auch in Wien Station.

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Neben Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) stehen unter anderem auch Besuche des Musikvereins und der Spanischen Hofreitschule auf dem Programm. Zum Abschluss ist ein Besuch von Charles und Camilla bei einem Bioheurigen vorgesehen. Bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll der 68-jährige Thronfolger an Diskussionen über die Bekämpfung moderner Sklaverei und über Religionsfreiheit teilnehmen.

Grafik zeigt die Stationen des Besuchs von Prinz Charles und Ehefrau Camilla in Wien

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Bundespressedienst

Queen Elizabeth II. lässt reisen

Als „Charmeoffensive“ titulieren britische Medien die Europatour der Royals. Queen Elizabeth II. selbst bleibt freilich auf der Insel: Sie wird diesen Monat 91 Jahre alt und überträgt zunehmend Aufgaben an andere Mitglieder des Königshauses.

Charles’ Sohn William und dessen Ehefrau Kate besuchten erst kürzlich Paris und planen für heuer noch Reisen nach Polen und Deutschland. Wie der Kensington Palace knapp mitteilte, finden beide Besuche auf Wunsch des britischen Außenministeriums statt. Die Botschaft, die man aussenden wolle, so die BBC, sei klar: „Großbritannien verlässt die EU, aber wir verlassen nicht Europa.“

„Erobern ein Land immer im Sturm“

„Die Royals sind unsere besten Botschafter - sie erobern ein Land immer im Sturm“, zeigte sich der britische Europaminister Alan Duncan, der gemeinsam mit Charles und Camilla in Italien auftrat, überzeugt von der „Charmeoffensive“. „In Zeiten, in denen es viel um Politik geht, ist es ganz wunderbar, dass es britische Vertreter gibt, die über der Politik stehen.“

Prinz Charles und Camilla

APA/AFP/Tiziana Fabi

Vor ihrem Besuch in Wien weilten Prinz Charles und Herzogin Camilla sechs Tage in Italien

Duncan nutzte den Besuch der Royals, um sich - so die „Dailymail“ - an die Treffen mit dem Papst und dem italienischen Präsidenten „anzuhängen“. Ein hochrangiger britischer Diplomat erklärte gegenüber der Zeitung, dass die königliche Familie Türen öffnen und Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten herstellen könne.

Beziehungen trotz „Brexit“ stark

Der britische Botschafter in Wien, Leigh Turner, betont ebenfalls die Bedeutung der Besuchstour für die internationalen Beziehungen Großbritanniens. „Solche Besuche sind im Allgemeinen natürlich sehr weit im Voraus geplant, und der Besuch hat direkt mit ‚Brexit‘ keine Beziehung, aber natürlich ist ‚Brexit‘ ein Hintergrund zum Besuch“, so der Diplomat.

TV-Hinweis

Anlässlich des royalen Besuchs in Wien zeigt „Weltjournal“ in ORF2 am Mittwoch um 22.30 die Reportage „Großbritannien – Die Medien und die Monarchie“. Anschließend beschäftig sich die „Menschen und Mächte“-Dokumentation „Der ewige Prinz“ mit der Rolle Prinz Charles’ als Thronfolger. Um 0.00 Uhr folgt das Oscar-prämierte Drama „Die Queen“ mit Helen Mirren in der Titelrolle.

Wichtig sei, dass Großbritannien nun demonstriere, dass trotz des EU-Austritts die Verbindung zu Österreich so wie zu den anderen europäischen Staaten und zur EU selbst sehr stark blieben. „So ein Besuch kann schon beweisen, wie tief und wichtig und warm diese bilateralen Beziehungen sein können.“

Persönliche Meinung kein Thema

Die tatsächliche politische Macht der britischen Monarchie ist trotzdem minimal und beschränkt sich auf eben solche repräsentativen Termine. Queen Elizabeth II. unterzeichnete zwar erst vor zwei Wochen das „Brexit“-Gesetz des Parlaments und ebnete so den Weg für den EU-Austritt, das war aber ein reiner Formalakt. Mit ihrer persönlichen Meinung dazu hielt sie stets hinter dem Berg.

Der Buckingham-Palast sei neutral, hieß es von Sprechern des Königshauses stets. Britische Boulevardmedien dichteten Elizabeth II. jedoch immer wieder an, eher pro „Brexit“ eingestellt zu sein. Die erste Reaktion der Monarchin auf das Austrittsvotum blieb jedoch gewohnt trocken. „Jedenfalls bin ich noch am Leben, ha!“, antwortete sie auf die Frage, wie es ihr nach der Abstimmung gehe.

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