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Brückenschlag zwischen den Kulturen

In den 1970ern hat Farah Diba, die dritte Ehefrau des persischen Schahs, eine beeindruckende Sammlung moderner Kunst aufgebaut. Zur Pflege der internationalen Beziehungen hätten die Werke nun in Form einer Museumskooperation in Berlin gezeigt werden sollen. Doch daraus wurde nichts - zum Leidwesen der deutschen Politik und zur Freude der Teheraner, die die mitunter sehr freizügigen Bilder nun zu sehen bekommen.

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Die geplante Schau sollte eine „bedeutsame Geste der kulturpolitischen Diplomatie“ darstellen. Eingefädelt worden war sie 2015 vom damaligen deutschen Außenminister und nunmehrigen Präsidenten, Frank-Walter Steinmeier. Eröffnet werden hätte die Schau - eine Kooperation zwischen dem Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst (TMoCA) und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz - im Dezember des Vorjahres sollen.

Reibungen zwischen Teheran und Berlin

Nachdem der Ausstellungsbeginn mehrmals nach hinten verlegt werden musste, erfolgte die endgültige Absage schließlich im Dezember 2016. Offizielle Begründung waren die fehlenden Ausfuhrgenehmigungen für die Kunstwerke. Zwischen den Zeilen war zu lesen: Zwischen Berlin und Teheran herrscht etwas Reibung.

Ein zentrales Gemälde der Sammlung ist Francis Bacons Triptychon „Two Figures Lying on a Bed with Attendants“, das 2004 für sechs Monate als zentrales Element eines Bacon-Raumes in der Tate Britain in London zu sehen war. Im Jahr 2000 wurden Teile der Sammlung in Rom gezeigt, wo die Schau nach Berlin heuer abermals gastieren hätte sollen.

Zu viel Farah-Diba-Nostalgie?

Für diplomatische Verstimmungen im Zusammenhang mit der Ausstellung sorgte zudem ein Skandal im Sommer 2016. Der Direktor des leihgebenden Teheraner Museums hatte im Rahmen eines Wettbewerbs Holocaust-Karikaturen prämieren lassen.

Zudem soll den Verantwortlichen im Iran sauer aufgestoßen sein, dass im Zusammenhang mit den Bildern in erster Linie mit dem Namen Farah Diba geworben wurde, die im Iran nach wie vor nicht besonders hoch im Kurs steht. Zu viel persische Schah-Nostalgie, anstatt die Symbolkraft der Bilder zur Demonstration des Versuchs einer leichten Öffnung des Landes zu nutzen, die Präsident Hassan Rouhani verfolgt - er war in den 1970er Jahren ein erbitterter politischer Gegner des Schahs.

Westliche und arabische Kunst

Die Bilder von Pop-Art bis Expressionismus gelten als größte Sammlung moderner Kunst außerhalb Europas und der USA. Farah Diba, die Architektur und Kunst studierte, baute sie in den 1970er Jahren auf, um Fortschritt und auch eine Brücke in den Westen zu signalisieren. Sie lebt heute in Frankreich und den USA und hat die Bilder nie wieder zu Gesicht bekommen.

"Girl with lovelock" von Henri de Toulouse-Lautrec im Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst

APA/AFP/Atta Kenare

Henri de Toulouse-Lautrecs Werk „Mädchen mit Schmachtlocke“ im TMoCA (Aufnahme aus dem Jahr 2015)

Andy Warhol, Jasper Jones, Jackson Pollock, Mark Rothko, Robert Rauschenberg, Claude Monet, Auguste Renoir, Paul Gauguin, Wassily Kandinsky, Pablo Picasso – kaum ein großer Name der modernen Kunst des Westens, der in der drei Mrd. Euro teuren Sammlung nicht vertreten ist.

In Teheran wird auch den umfangreich vertretenen arabischen Künstlern und Künstlern des Nahen Ostens besondere Bedeutung beigemessen - etwa den Werken eines Jalil Ziapour, einen der bekanntesten iranischen Künstler des 20. Jahrhunderts, der in seinem Werk auch die Enge Persiens unter dem Schah zum Ausdruck gebracht hat.

Ausstellung als Blitzaktion

Mit dem TMoCA erhielt die Sammlung im Jahr 1977 ein eigenes Gebäude, dessen Architektur mit Windtürmen und schneckenförmigen Rampen als ebenso einzigartig gilt wie die Kunst, die es beherbergt. Dort hat die Sammlung die Jahrzehnte überdauert. Und dort ist die Schau, die eigentlich nach Berlin und Rom hätte kommen sollen, zur Überraschung vieler seit Kurzem zu sehen.

Ohne vorab viel Aufhebens zu machen, wurde die Ausstellung, die nun den bezeichnenden Titel „Berlin-Rome-Travelers“ trägt, in der ersten März-Woche eröffnet, was als deutliches Signal einer gewissen Öffnung und als Zeichen einer liberaleren Haltung gewertet wird. „Berlin-Rome-Travelers“ stellt 30 Werke westlicher Vertreter 30 Werken arabischer Künstler gegenüber. In Deutschland wird die kulturpolitische Blitzaktion sehr positiv wahrgenommen. Die Verantwortlichen sehen ein Bestreben am Konzept der Wanderausstellung festzuhalten.

Bilder als politischer Gradmesser

Doch auch die Liberalität hat ihre Grenzen. So ist Francis Bacons sehr freizügiges Triptychon zwar zu sehen, das mittlere der drei Bilder, das eine Bettszene zeigt, wird laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ aber nicht ausgestellt. Im Katalog ist die Bettszene verpixelt. Dennoch ist die Ausstellung ein großes politisches Signal. Denn die Bilder des TMoCA sind seit jeher Gradmesser für die Offenheit des Landes – auch wenn viele westliche Medien nun das Bild entstehen lassen wollen, es handle sich bei der Sammlung um einen Kunstschatz, der nach Jahrzehnten erstmals gehoben wurde.

Mittlerer Teil des Tryptichons "Two Figures Lying on a Bed with Attendants" von Francis Bacon 2005 im Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst

Reuters/Morteza Nikoubazl

Die Bettszene aus Bacons Triptychon war 2005 in Teheran zu sehen

Unter dem Präsidenten Mohammed Chatami waren Teile der Sammlung bereits im Jahr 2005 ausgestellt worden. Als Hardliner Mahmoud Ahmadinedschad kurz darauf die Wahl gewann, ließ er die Bilder wieder abhängen. Unter Rouhani wurden bereits im November 2015 im TMoCA 42 Bilder westlicher Künstler aus den Beständen der Sammlung ausgestellt, was eigentlich ein noch deutlicheres Signal ausgesendet hatte als die jetzige Schau: Die Werke von Pollock, Bacon und Warhol standen damals in Korrespondenz mit 130 Werken der 2013 verstorbenen iranischen Künstlerin Farideh Laschai.

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