Nach Lebensmittel- auch Spritknappheit
Ausgerechnet in Venezuela, dem Land mit den größten Ölreserven der Welt, geht das Benzin aus. Seit Tagen gibt es täglich länger werdende Schlangen vor den Tankstellen in Caracas und in weiteren Städten des südamerikanischen Landes.
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Der Vizepräsident des staatlichen Erdölkonzerns PDVSA, Ysmel Serrano, begründete den dramatischen Mangel mit „Verzögerungen bei den Schiffstransporten mit Treibstoff“. Von 290 Tankstellen in Caracas hatten in den vergangenen Tagen nur noch 90 Tankstellen Benzin. Venezuela hat zwar gewaltige Ölreserven, aber zu wenige funktionstüchtige Raffinerien, weshalb große Mengen Benzin importiert werden müssen. PDVSA versprach, die Produktion zu erhöhen, um Abhilfe zu schaffen.
Billigster Spritpreis der Welt
Der Verbrauch im Land wird auf rund 500.000 Barrel am Tag geschätzt, zeitweise musste die Regierung pro Jahr über zehn Milliarden Dollar für die Einfuhr und Subventionierung von Benzin ausgeben. Dann ließ Präsident Nicolas Maduro Anfang 2016 die Preise etwas anheben, aber auch heute kostet eine Tankfüllung je nach Wechselkurs teilweise nur rund 50 Euro-Cent, die billigsten Spritpreise der Welt. Ein Grund für die Schlangen an Tankstellen könnte in der Inflation liegen, die es auch schwieriger macht, die Benzinimporte zu bezahlen.
Keine Lebensmittel und Medikamente
Wegen der höchsten Inflation der Welt wurde es für die Regierung zuletzt auch schon immer schwerer, Lebensmittel und Medikamente einzuführen - denn die müssen in Dollar oder Euro bezahlt werden. Oppositionsführer Henrique Capriles kommentiert die neue Hiobsbotschaft vor einigen Tagen auf Twitter mit den Worten: „Ohne Nahrung, Medikamente, Wasser, Strom, jetzt auch ohne Benzin, 29.000 Morde 2016.“
Abwärtsspirale der Landeswährung
Der Bolivar verliert dramatisch an Wert, vor etwa einem Jahr lag der Schwarzmarktkurs bei einem Dollar zu 1.200 Bolivares, nun müssen schon rund 3.000 Bolivares für einen Dollar gezahlt werden. Der Mindestlohn wurde daher zuletzt auf rund 40.000 Bolivares fast verdoppelt. Die Verbraucherpreise sind Daten der Zentralbank zufolge im vergangenen Jahr um 800 Prozent gestiegen.
Nach 18 Jahren sozialistischer Regierung leidet das Land unter einer der schlimmsten Versorgungskrisen. Die Opposition warf der Regierung vor, den Ölkonzern PDVSA ruiniert zu haben, der es nicht schaffte, im Land mit den größten Reserven ausreichend Benzin zu produzieren.
Hilferuf an UNO
Viel schwerer wiegt noch der Engpass bei Medikamenten: Vergangene Woche wandte sich Präsident Maduro an die Vereinten Nationen. Details nannte der Staatschef am Freitag nicht. „Ich habe sie um Unterstützung gebeten, um die Regelungen für Medikamente in Krankenhäusern zu verbessern“, sagte er lediglich. Der Pharmaverband des Landes schätzt, dass 85 Prozent der Arzneimittel nicht zu haben sind. Dabei geht es um einfache entzündungshemmende Mittel bis hin zu Präparaten für Chemotherapien.
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