ÖVP-Klub wächst und wächst
Nach dem überraschenden Wechsel des umstrittenen Abgeordneten Christoph Vavrik von NEOS zur ÖVP herrscht Freude im ÖVP-Klub. Vavrik sei „wie kaum ein zweiter Abgeordneter weltoffen und international unterwegs“ gewesen, sagte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bei der Vorstellung des ÖVP-Neulings am Donnerstag. Der Wechsel sei sogar ein Vorteil für die Koalition.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Dass die ÖVP nun nur noch ein Mandat hinter der SPÖ zurückliegt, ist nach Ansicht Lopatkas kein Anlass zu Furcht für die Sozialdemokraten: „Das stärkt in Wirklichkeit die Regierung“, sagte Lopatka. Nun könne man auch in der SPÖ „ruhig schlafen“, wenn deren Abgeordnete nicht alle bei Abstimmungen dabei seien, ätzte der ÖVP-Klubchef.
Nur ein Mandat Unterschied zur SPÖ
Vavrik ist nicht der erste Neuzugang für den ÖVP-Klub in der jüngeren Vergangenheit: Mitte des Vorjahres wechselten zwei Abgeordnete des Teams Stronach (TS), Marcus Franz und Georg Vetter, die Fronten. Auch die beiden Abgeordneten Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger kamen vom TS in den ÖVP-Klub. Die beiden blieben aber parteifrei. Franz musste die ÖVP aufgrund umstrittener Aussagen inzwischen wieder verlassen. Mit dem Zugang von Vavrik schließt der ÖVP-Klub personell fast zum SPÖ-Klub auf - der Unterschied beträgt nur noch ein Mandat.

Grafik: ORF.at; Quelle: parlament.gv.at
„Gesellschaftliche Abartigkeiten“
Für den Steuerzahler sei der Wechsel kein Schaden, sagte Lopatka. Denn die ÖVP bekomme mit Vavrik zwar mehr Geld, doch hätte NEOS als kleine Fraktion für den Abgeordneten mehr Mittel lukriert. Lopatka beschrieb Vavrik in der Aussendung am Donnerstag als einen „exzellenten Diplomaten, Manager, Sozial- und Wirtschaftswissenschafter sowie politischen Kopf“.
Bei NEOS war Vavrik nach Aussagen zur Adoption durch homosexuelle Paare in Ungnade gefallen. Vavrik hatte Anfang November des vergangenen Jahres in einem Facebook-Eintrag einen Artikel über eine Adoption durch ein Homosexuellenpaar verlinkt und dazu gepostet: „Künftige Zivilisationen werden auf solche gesellschaftlichen Abartigkeiten mit demselben Unverständnis blicken wie wir auf die Sklaverei.“
„Das kam nie von mir“
Zwar entschuldigte er sich später (wie auch am Donnerstag bei seiner Präsentation) dafür, dennoch wollte NEOS Vavrik nicht mehr in seinen Reihen haben: Zugleich verlangte die Partei von Vavrik, sein Nationalratsmandat zurückzulegen. Vor Journalisten widersprach Vavrik am Donnerstag dieser Darstellung: „Das kam nie von mir“, so Vavrik. Er habe immer nur gesagt, dass er mit Ende März Klub und Partei verlassen werde. Die letztliche Entscheidung, zur ÖVP überzulaufen, habe er dem NEOS-Klubchef und -Klubdirektor am Donnerstag „in aller Früh per E-Mail“ mitgeteilt, so Vavrik.

APA/Georg Hochmuth
Lopatka: Vavrik „weltoffen wie kaum ein zweiter Abgeordneter“
„Sehr heftige“ Reaktion
Die Reaktion sei „sehr heftig“ gewesen, er habe Parteiobmann Matthias Strolz aber schon verziehen. Er könne dessen Enttäuschung bis zu einem bestimmten Grad ja verstehen. Lopatka hat eigenen Angaben zufolge mit dem NEOS-Chef auch schon gesprochen. Diese Unterredung sei relativ ruhig und emotionslos verlaufen.
NEOS zeigte sich zerknirscht: „Nach allem, was NEOS mit Herrn Vavrik nach seiner verbalen Entgleisung letzten Herbst vereinbart hatten, um ihm ein ordnungsgemäßes Ausscheiden aus seinem Mandat zu ermöglichen, ist die heutige Nachricht eine ungeheure menschliche und politische Enttäuschung“, so Generalsekretär Nikola Donig.
„Sehr gewichtige Gründe“
Es habe „sehr gewichtige Gründe“ gegeben, warum die Oppositionspartei der Ansicht war, dass dieser als Abgeordneter „keine Zukunft in einer offenen, freiheitsliebenden und toleranten Bürger_innenbewegung hat und seinen Sitz der Listennächsten übergeben soll. Dies war bis heute auch eine gemeinsame Sicht.“ Dass sich die ÖVP nun als „politische Heimat“ für homophobe Äußerungen sehe, sage alles über Stil und Einstellung der handelnden Personen, fügte Donig hinzu.
Gewusst habe Vavrik schon seit einigen Tagen, dass er von NEOS in seine „politische Heimat“ wechselt. Er verwies anlässlich seines Wechsels auf „eine zunehmende Entfremdung zwischen NEOS und mir“. Ein Brief an Lopatka, in dem er um Aufnahme in die ÖVP-Fraktion bittet, ist mit 26. März datiert. In der ÖVP habe man im Klubpräsidium nur kurz überlegen müssen, um dann einstimmig die Aufnahme Vavriks zu beschließen, so Lopatka.
Keine Versprechen
Keine Zusicherung konnte Lopatka Vavrik geben, was einen guten Listenplatz bei der kommenden Nationalratswahl angeht. Gleiches gelte für die vormaligen TS-Abgeordneten, die sich bereits gut im ÖVP-Klub eingelebt hätten. Über die Listenplätze werde von Ländern und Teilorganistionen entschieden, da könnte er gar keine Versprechungen machen. Vavrik hat über ein Antreten nach eigenem Bekunden noch gar nicht nachgedacht. Vorstellen kann er sich eine neuerliche Kandidatur aber schon.
NEOS-Abgeordneter Vavrik wechselt zur ÖVP
Der Wechsel des umstrittenen Nationalratsabgeordneten Christoph Vavrik von NEOS zur ÖVP hat für Aufregung gesorgt.
Lopatkas „Taschenspielertricks“
Bei den anderen Parlamentsparteien rief der Wechsel Unmut hervor. Kritik gab es vor allem an Lopatka: Dessen SPÖ-Pendant Andreas Schieder sprach von einem „moralischen Tiefpunkt in der parlamentarischen Arbeit“.
Es sei „bedenklich, wenn Abgeordnete wie am Transfermarkt hin- und herwechseln“, kritisierte Schieder sowohl Lopatka als auch Vavrik. „Und es ist auffällig, dass bei allen diesen Vorgängen Lopatka seine Hände im Spiel hat“, so Schieder. Dass Vavrik nach seinen homophoben Äußerungen sein Mandat nicht zur Verfügung stellt, sei ein „unwürdiges Schauspiel“. Lopatkas „Taschenspielertricks“ und der Machtwille, dem offenbar alles andere untergeordnet werde, schadeten der Glaubwürdigkeit der Politik.
„Bei Lopatka wundert mich nichts mehr“
Ähnlich warf auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig Lopatka Machtspiele vor. Sie fragte sich, warum für Vavrik Platz in der ÖVP sei, „obwohl Homosexualität für ihn offenbar etwas Abartiges ist“. Das zeige einmal mehr, „wie rückwärtsgewandt die gesellschaftspolitischen Einstellungen der ÖVP nach wie vor sind“. „Bei Lopatka wundert mich nichts mehr“, so Glawischnig weiter. Niemand werde glauben, dass dieser eine solche Entscheidung im Vorfeld einer Nationalratswahl im Alleingang treffen kann.
Links: