Bruch nach Ausschlussdrohungen
Nach 34 Jahren Mitgliedschaft hat der Inselstaat Malediven dem Staatenbund Commonwealth im Herbst des Vorjahrs den Rücken gekehrt. Dieser hatte Bewegung bei der Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen, autokratischen Tendenzen und Korruption in dem zweigesichtigen Ferienparadies gefordert - die Malediven sahen eine Einmischung in innere Angelegenheiten.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der Staatenbund hatte dem islamischen Inselstaat bereits Ende September 2016 mit dem Ausschluss gedroht. Die Regierung würde fundamentale Menschenrechte verletzen, die Demokratie untergraben und Oppositionelle gezielt verfolgen und internieren, so einige der Vorwürfe des Commonwealth, dem vor allem Staaten des ehemaligen britischen Kolonialreiches angehören.
Die Malediven wiesen das zurück und betonten intensive Demokratisierungsbemühungen, die nicht anerkannt worden seien. Der Staat sei „unfair und unrechtmäßig“ behandelt worden, viel mehr mische sich das Commonwealth in innere Angelegenheiten des Staates ein und profiliere sich „im Namen der Demokratiebewerbung“ auf dem Rücken der Malediven. Die Entscheidung zu einem Austritt sei „schwer, aber unvermeidbar“ gewesen.
Armut, Unruhen, Korruption
Seitdem Mohamed Nasheed, der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes, sein Amt 2012 nur drei Jahre nach der Wahl unter dem Druck von Demonstrationen und Putschgefahr aufgeben musste, herrscht innenpolitische Unruhe. Abseits der paradiesischen Ferieninseln, deren Zutritt Einheimischen meist verwehrt ist, herrschen Armut und organisierte Kriminalität.

APA/AFP/Ishara S.Kodikara
In der Hauptstadt Male leben rund 125.000 Menschen
Nasheeds Nachfolger Abdullah Yameen wirft die unabhängige Menschenrechtsinitiative des Commonwealth (CHRI) vor, keine Absicht zu haben, an demokratischen Werten und Prozessen festzuhalten. Yameen ist der Halbbruder des autoritären Langzeitregenten Maumoon Abdul Gayoom. Später mehrten sich Korruptionsvorwürfe gegen Yameen und seine Regierung. Der Sender Al Jazeera mit Sitz in Katar berichtete von einem milliardenschweren Geldwäsche- und Korruptionsnetzwerk rund um den Präsidenten.
Nach der Veröffentlichung des filmischen Berichts kam es zu Razzien bei einem Medienhaus und einer Nichtregierungsorganisation (NGO). Zudem warnte die Rundfunkkommission des Landes, dass jede Person sich wegen Verleumdung verantworten müsse, wenn sie die Vorwürfe aus dem Film weiter verbreite. Die Redaktion des betroffenen „Maldives Independent“ stand im Fokus, weil ein Ex-Redakteur nun bei Al Jazeera arbeitet und an dem Film beteiligt war.
Hartes Vorgehen gegen Opposition
Die Unterdrückung von oppositionellen Bewegungen und der Pressefreiheit bereitet internationalen NGOs besonderes Kopfzerbrechen. Oppositionsparteien sind auf dem Inselstaat zwar seit 1998 erlaubt, existieren de facto aber erst seit 2005. Frei agieren können sie allerdings nicht - zahlreiche Oppositionelle sitzen im Gefängnis. Auf regierungs- und religionskritische Äußerungen stehen Strafen.
Zusätzlich bereiten dem Land extremistische Strömungen zunehmend Probleme. Schätzungen zufolge haben sich rund 200 Malediver in Syrien und dem Irak der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder der Al-Nusra-Front angeschlossen. Der Islam wird auf den Malediven strikt praktiziert - er ist Staatsreligion und ausdrücklich die einzig erlaubte Glaubensrichtung. Rechtsgrundlage ist die Scharia. Das muslimische Glaubensbekenntnis ist die Grundlage für die maledivische Staatsbürgerschaft.
Wiedereinführung der Todesstrafe geplant
Einfluss auf die Trennung vom Commonwealth könnte auch ein seit Jahren laufender Streit über die Todesstrafe haben. Diese wurde zwar formell nie abgeschafft, befindet sich aber seit Jahrzehnten im Moratorium. Die letzte Hinrichtung erfolgte im Jahr 1952, in den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verhängte Todesstrafen in lebenslange Haft umgewandelt.
Unter Yameen wurde diese Möglichkeit im Zuge einer Strafrechtsverschärfung abgeschafft. „Mord muss mit Mord vergolten werden“, sagte dieser schon 2013. Laut der Zeitung „Maldives Independent“ hat die Regierung rund 250.000 Dollar beiseitegelegt, um eine Einrichtung für Exekutionen zu errichten. Die Entscheidung sorgte für internationalen Protest.
Commonwealth hofft auf „temporäre“ Trennung
Laut einer Sprecherin des Commonwealth sei der Austritt eine Art zu zeigen, dass „man sich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht mehr verpflichtet fühle“. Der Austritt sei ein „riesiger Rückschritt“ für die Zivilgesellschaft und die demokratische Bewegung. „Die nationalen Institutionen sind am Scheitern, die demokratischen Strukturen, denen sich das Land 2008 verschrieben hat, sind bedroht.“
Auch Amnesty International (AI) sieht die Menschenrechte auf den Malediven im „freien Fall“. Anstatt legitime Kritik seitens des Commonwealth zurückzuweisen, sollte der Inselstaat seine Menschenrechtssituation verbessern. Patricia Scotland, die Generalsekretärin des Commonwealth, bedauerte die Entscheidung und äußerte die Hoffnung, dass es sich nur um eine „temporäre Trennung“ handle.
Links: