Pop-Architektin auf dem Architekturolymp
Zaha Hadids Weg auf den Architekturolymp war steinig. Als unbaubar galten ihre Entwürfe zunächst, sie wurden - abfällig - als Kunst abgetan. Am Beginn der Karriere der am 31. Oktober 1950 in Bagdad geborenen britischen Staatsbürgerin stand deshalb die Lehrtätigkeit, zuerst für die Architectural Association in London, wo sie selbst studiert hatte, dann in Harvard, Cambridge, Chicago, Hamburg, New York und Wien.
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„Ich bin eine Frau, das ist ein Problem für viele, ich bin Ausländerin, auch das ein großes Problem, und ich liefere Arbeit, die nicht normierbar ist, nicht das, was erwartet wird. All das zusammen macht es schwierig“, stellte Zaha Hadid in einem BBC-Interview fünf Wochen vor ihrem Tod fest.

Reuters/Max Ross
Blick ins Museum MAXXI in Rom
Erste Pritzker-Preisträgerin
Von der ersten Pritzker-Preisträgerin beeindrucken heute unter anderem das Opernhaus in Guangzhouh, das Hejdar-Alijew-Zentrum in Baku, das BMW-Werk in Leipzig, das Phaeno-Wissenschaftsmuseum in Wolfsburg, der Jokey Club Tower in Hongkong, das Riverside Museum in Glasgow und das London Aquatics Centre. Viele von Hadids Studenten fanden während der Lehrtätigkeit der Architektin an der Wiener Angewandten, in den Jahren 2000 bis 2015, Arbeit im Studio Zaha Hadid London, wo heute 400 Personen beschäftigt sind.

APA/Christof Lackner
Bergisel-Schanze in Innsbruck
„Eine großzügige Freundin, sehr selbstbewusst, sehr sensibel, sehr elegant und modebewusst“, charakterisiert der österreichische Coop-Himmelb(l)au-Architekt Wolf D. Prix Hadid. „Zaha hat sich mit der fortschreitenden Entwicklung zum wirklichen Weltstar persönlich sehr angenehm und freundschaftlich entwickelt“, erzählt Hannes Traupmann, der das Studio Zaha Hadid an der Angewandten leitete.
Von der Presse gegeißelt
„Ich bin immer in der Presse, wenn etwas schiefgeht“, sagte Hadid zur BBC. So auch in Wien. Im Juli 2014 löste sich eine zweieinhalb Meter große, glasfaserverstärkte Betonplatte vom Library and Learning Center am WU Campus. Die 75 Kilo schwere Platte stürzte direkt vor den Eingang der Bibliothek. Christoph Badelt: „Das waren Montagefehler. Man hat dann alle Platten angeschraubt, und jetzt kann wirklich nichts mehr passieren.“

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Hadid-Wohnbau am Wiener Donaukanal
Für das Grundstück Spittelauer Lände 10 im neunten Wiener Gemeindebezirk direkt neben dem Donaukanal entwarf Hadid einen ihrer wenigen Wohnbauten. Aus Kostengründen wurde der Plan stark beschnitten. Das Ergebnis wurde von der Presse heftig kritisiert. „Weiße Fliesen und PVC-Belag im Wohnzimmer. Bonjour, tristesse“, resümierte Architekturkritiker Wojciech Czaja im „Standard“, und: „Vor allem die Wohnungen selbst können sich ihres recht spröden Billigcharmes leider nicht mehr entledigen.“ Traupmann: „Zaha war unzufrieden, dass das Projekt nach Jahren doch noch realisiert wurde, weil sie sich selbst in ihrer Formensprache schon viel weiter gesehen hat.“
Hadids Nachfolger
Patrik Schumacher hat dem Testament von Hadid folgend die Führung von Zaha Hadid Architects übernommen. 2015 arbeiteten rund 400 Architekten an über 900 Projekten in rund 40 Ländern. Laut der britischen Zeitung „The Guardian“ hinterließ Hadid 80 Millionen Euro. Ihre Erben sind ihr Bruder, dessen Familie und ihr Büropartner Schumacher. Hadids Erbe hat Schumacher angetreten, der seit 1988 für Hadid arbeitet.
Schumacher sorgte unlängst für Aufruhr in Architekturkreisen, weil er forderte, dass sozialer Wohnbau abgeschafft und der Londoner Hyde Park zur Bebauung freigegeben werden solle. Hadid wuchs mit ihren beiden Brüdern in einem vom Bauhaus-Stil geprägten Elternhaus in Bagdad auf. Auf die Klosterschule in Bagdad folgten Internate in der Schweiz und in England. 1972 begann sie ihr Studium an der Architectural Association in London. „Meine Eltern erlaubten mir, sehr unabhängig zu sein, schon in sehr jungen Jahren auch meinen eigenen Geschmack zu entwickeln und auf meine eigene Art zu arbeiten. Ich bin ihnen sehr dankbar.“
Das MAXXI in Rom
So richtig los ging Hadids Karriere mit dem Gewinn des Wettbewerbs für das Museum der Kunst und Architektur des 21. Jahrhunderts, MAXXI, in Rom. Das MAXXI wurde 2010 eröffnet. Der Innenraum des Museums ist revolutionär. Museen bestehen im Allgemeinen aus dem System Raum - Gang - Raum, die Kuratoren bevorzugen dieses Modell, so können sie kontrollieren, was sie in jeden Raum geben, und dann kommt der nächste. Bei Hadid jedoch kommunizieren die Ausstellungsräume miteinander. Manche Kunstwerke sieht man von unten, manche sind im Zwischenstock und können von oben gesehen werden, und auch von der Seite - eine Revolution im Museumsbereich.

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Die Fassade des MAXXI in Rom
Dame of the British Empire
Hadid wurde hoch geehrt. Die Queen machte sie 2012 zur Dame of the British Empire. Hadid war 2004 die erste Frau, die den Pritzker-Preis, in Architekturkreisen die höchste Auszeichnung, bekommen hat, und auch 2016 die erste, die mit der Royal Gold Medal des Königlichen Instituts Britischer Architekten ausgezeichnet wurde. Auch der prestigeträchtige Stirling Preis wurde ihr zuerkannt.
Hadid war zudem als Designerin tätig. Sie entwarf Möbel, wie die Sofakombinationen Moon System und Zephyr, Inneneinrichtungen, Messepavillons, Ausstellungsräume und Gebrauchsgegenstände. Dazu kamen Bühnenbilder, etwa für die Welttournee der Pet Shop Boys und für die Grazer Oper. Auch Schuhe und sogar eine Weinflasche hat Hadid entworfen.
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Christina Höfferer, für ORF.at