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Weiterhin „Groll und Fragen“

Drei Tage nach dem Beginn der Bergeaktion ist die südkoreanische Unglücksfähre „Sewol“ am Samstag vom Meeresgrund gehoben worden. Spezialisten bereiteten die Fähre zum Abtransport durch ein Schwerlastschiff vor. Die „Dockwise White Marlin“ soll die havarierte Fähre zur Küste bringen, wo sie nach neun vermissten Passagieren durchsucht werden soll.

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Die „Sewol“ sei am Samstag auf das Lastschiff verladen worden, teilte das südkoreanische Meeres- und Fischereiministerium mit. Beim Untergang der überladenen Fähre vor knapp drei Jahren waren mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Die „Sewol“ war am 16. April 2014 gesunken. Nur 172 Menschen hatten sich gerettet, 295 Leichen wurden geborgen. Die meisten Opfer waren Schüler auf einem Ausflug.

Aus 40 Metern Tiefe geborgen

Nach einer Probehebung war erst am Mittwochabend beschlossen worden, die Bergung der „Sewol“ vor der Südwestküste in vollem Umfang zu starten. Der seitlich liegende Schiffskörper wurde dazu zwischen zwei großen Schwimmplattformen an Drahtseilen aus mehr als 40 Metern Tiefe an die Meeresoberfläche gezogen. Von der Unglücksstelle wurden die Plattformen dann mitsamt der 146 Meter langen Fähre zur „Dockwise White Marlin“ geschleppt.

Bergung der Fähre "Sewol"

APA/AFP/South Korean Maritime Ministry

Die „Sewol“ wird zum Abtransport bereitgemacht

Nach Ablauf des Wassers und Öls soll die Fähre in den nächsten Tagen in den etwa 90 Kilometer entfernten Hafen von Mokpo gebracht werden. Die südkoreanische Öffentlichkeit erhofft sich von der Untersuchung des Wracks die Bergung der Leichen der neun Vermissten, aber auch endgültige Aufklärung über den Grund des Untergangs. Angehörige der Getöteten hatten seit dem Untergang auf die Hebung des Schiffs gedrängt.

Untergang wurde zu Symbol

Die Tragödie der „Sewol“ wurde für Kritiker der regierenden südkoreanischen Konservativen und ihrer des Amts enthobenen Präsidentin Park Geun Hye zum Symbol. Schon die bisherigen Ermittlungen ergaben, dass das Unglück vermeidbar gewesen wäre: Das Schiff ging wegen Überladung unter, eine Rolle spielten aber auch nicht genehmigte Umbauten, Fehler der Crew, Korruption zwischen der verantwortlichen Reederei und der Politik sowie eine unprofessionelle Rettungsaktion nach dem Sinken des Schiffs.

Bergung der Fähre "Sewol"

APA/AP/Yonhap/Suh Myung-gon

1.073 Tage nach dem Untergang wurde das Schiff gehoben

Die Regierung hatte sich lange mit Verweis auf die hohen Kosten gegen die Bergung gesperrt. Das befeuerte allerdings nur die Regierungsgegner, auch mit Gerüchten, etwa dass die Regierung eine Kollision mit einem U-Boot als wahren Grund des Untergangs vertuschen wolle. Der Oppositionssprecher Lee Jae Jung meinte am Samstag polemisch, nicht umsonst tauche die „Sewol“ genau in dem Moment wieder auf, da Park des Amtes enthoben wurde.

Bergungsaktion als politischer Bumerang

Parks Regierung versprach schließlich die Bergung der Fähre. Für sie selbst möglicherweise zu spät: Statt des erhofften Verstummens der Kritik könnte nun jedoch genau das Gegenteil davon geschehen. Lee versprach jedenfalls schon am Samstag, er werde sich im Ringen um die künftige Machtverteilung in Südkorea zur Stimme jener machen, die zu dem Thema „Groll und Fragen an die inkompetente verantwortungslose Regierung haben“.

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