Gegenwind für Rechtspopulistin
Bei der ersten TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich ist vor allem die rechtspopulistische Kandidatin Marine Le Pen scharf attackiert worden. Ihre Konkurrenten kritisierten am Montagabend im Privatsender TF1 Le Pens Pläne zu den Themen Einwanderung, Bildung und Sicherheit.
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Die Front-National-Chefin sah sich Attacken des parteilosen Mitte-Kandidaten Emmanuel Macron, des Konservativen Francois Fillon, des Sozialisten Benoit Hamon und von Linkspartei-Gründer Jean-Luc Melenchon ausgesetzt. Fillon warf Le Pen vor, ihre Pläne zu einem Ausstieg aus der Euro-Zone würden „wirtschaftliches und soziales Chaos“ bringen.
APA/AFP/Patrick Kovarik
Von links neben einem TF1-Mitarbeiter: Fillon, der Hamon die Hand reicht, Macron, Melenchon und Le Pen
„Man verlässt nicht die europäische Währung (...) und den Schutz der Europäischen Zentralbank“, sagte Fillon. Er warnte vor einem Abenteuer, das Kreditnehmer und Sparer ruinieren werde. Der Ex-Premier bezeichnete Le Pen als „Serienkiller der Kaufkraft der Franzosen“. Macron schloss sich der Kritik an.
Le Pen wirft Fillon „Panikmache“ vor
„Das nennt man ‚Projekt Angst‘, Herr Fillon“, sagte Le Pen. „Das kam bereits vor dem ‚Brexit‘ zum Einsatz“, sagte Le Pen, die ein Referendum über den Verbleib in der EU sowie den Austritt aus dem Euro und dem Schengen-Raum fordert. Sie stehe für ein Frankreich, das seine eigenen Interessen vertrete. Sie habe nicht vor, Vizekanzlerin der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zu werden, so Le Pen, die Deutschland zuvor vorgeworfen hatte, dem Rest Europas Vorschriften zu machen.
TV-Debatte in Frankreich
Rund einen Monat vor der ersten Runde der Präsidenschaftswahl in Frankreich sind die aussichtsreichsten Kandidaten in einem TV-Duell aufeinandergetroffen.
Schlagabtausch mit Macron
In der mehr als dreistündigen Sendung gerieten Le Pen und Macron mehrmals aneinander. „Man weiß nicht, was Sie wollen“, sagte Le Pen. „Wenn Sie es nicht verstanden haben: Im Gegensatz zu Ihnen will ich nicht mit Herrn Putin gemeinsame Sache machen“, entgegnete Macron.
Er fuhr Le Pen auch in die Parade, als diese anderen Kandidaten vorwarf, „nicht das Interesse der Franzosen“, sondern großer Konzerne zu vertreten - und dabei auf Macrons Lebenslauf anspielte. Der frühere Wirtschaftsminister ist Absolvent der Politkaderschmiede ENA und war nach einer Beamtenkarriere zeitweise bei einer Bank tätig, bevor er in die Politik ging. „Ich werde Sie keine Verleumdung verbreiten lassen“, hielt Macron ihr entgegen.
Eva Twaroch zur TV-Debatte in Frankreich
Eva Twaroch berichtet von Attacken der Präsidentschaftskandidaten auf Marine Le Pen und Emmanuelle Macron. Die Auswahl der fünf Kandidaten für die TV-Debatte sorgte für Kritik.
Streit über Burkini
Ein hitziger Wortwechsel entstand beim Thema Burkini, das in Frankreich im vergangenen Sommer für heftige Debatten gesorgt hatte. Während Le Pen sagte, der Ganzkörperbadeanzug für muslimische Frauen sei ein Zeichen für „die Zunahme des radikalen Islam in unserem Land“, warf Macron der Rechtspopulistin vor, die Gesellschaft spalten zu wollen: „Sie tappen in die Falle, die Franzosen zu spalten.“
Nach dem islamistischen Anschlag von Nizza mit 86 Toten am 14. Juli 2016 hatten zahlreiche französische Badeorte die Burkinis verboten. Nach einer Grundsatzentscheidung von Frankreichs oberstem Verwaltungsgericht waren die meisten Burkini-Verbote aber gekippt worden.
Sicherheit und Einwanderung
In der Sicherheitsdebatte bezeichnete Fillon Le Pens Plan, 40.000 zusätzliche Gefängnisplätze zu schaffen, als unrealistisch. „Ich schlage 16.000 Gefängnisplätze vor, das wäre schon einmal nicht schlecht“, sagte Fillon, der Frankreich vor allem mit einem Sparprogramm wieder auf die Beine helfen will.
Der Sozialist Hamon warf Le Pen vor, sie „berausche“ sich an den Vermischtenseiten in den Zeitungen. Beim Thema Einwanderung gab es einen heftigen Schlagabtausch zwischen Le Pen und Melenchon: „Die Leute gehen nicht aus Vergnügen in die Immigration. Das ist ein erzwungenes Exil“, so Melenchon.
Kritik an Deutschland
Kritik gab es in der Debatte auch am EU-Partner Deutschland: Die Deutschen könnten nicht auf ihren Handelsüberschüssen sitzen bleiben, während die französischen Soldaten in der Sahelzone ihr Leben riskierten, sagte Fillon als Spitzenmann der bürgerlichen Rechten. Er stellte seine staatsmännische Erfahrung als früherer Premierminister heraus. „Ich werde der Präsident der nationalen Sanierung sein.“ Er will weitgehende Wirtschaftsreformen und einen klaren Sparkurs.
Beginn der heißen Wahlkampfphase
Mit der Fernsehdebatte, die es in dieser Form in Frankreich vor einer Präsidentschaftswahl noch nie gegeben hat, beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs. Bis zur ersten Wahlrunde am 23. April sind noch zwei weitere Fernsehdebatten geplant. Sie könnten das Präsidentschaftsrennen maßgeblich beeinflussen, zumal viele Franzosen noch unentschlossen sind, wem sie ihre Stimme geben sollen.
Macron untermauert Favoritenrolle
Im Rennen um die Nachfolge des unpopulären Sozialisten Francois Hollande sehen Umfragen derzeit den früheren Wirtschaftsminister Macron und Front-National-Chefin Le Pen vorne. Macron würde sich in der Stichwahl am 7. Mai klar durchsetzen. Nach jetzigem Stand würde es damit weder der konservative noch der sozialistische Kandidat in die zweite Wahlrunde schaffen - das wäre ein Novum in Frankreichs jüngerer Geschichte.
Der lange als Favorit gehandelte konservative Ex-Premierminister Fillon ist wegen der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder in Umfragen abgestürzt. Inzwischen liegt er nur noch auf dem dritten Platz und würde damit den Einzug in die Stichwahl verfehlen. Der Sozialist Hamon liegt mit deutlichem Abstand auf dem vierten Platz, knapp gefolgt vom Linksaußen Melenchon. In manchen Umfragen ist Melenchon sogar mit Hamon gleichgezogen.
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