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Tomatenpulver, Zucker, Fett

Kaum eine Packerlsuppe kommt heute ohne Zucker aus. Er gibt den gefriergetrockneten Frittaten Biss und färbt die Brühe karamellig braun. Um den tatsächlichen Zuckergehalt des Beutelinhalts zu erkennen, empfiehlt sich ein Blick auf die Nährwerttabelle: Hier finden sich bis zu 34 Gramm Zucker pro 100 Gramm Pulver. Vor allem Tomatenpackerlsuppe hat es erstaunlich süß in sich.

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„Zucker, Maltodextrin, Karamellzucker“: Der Zucker, der in der „Frühlingssuppe“ eines großen Diskonters enthalten ist, scheint in den Zutaten unter drei Bezeichnungen auf - drei von insgesamt 70 Namen, die die Zuckerindustrie derzeit für den Zusatzstoff Zucker verwendet. Die Schrift auf der Rückseite der Packung ist klein. Es fällt schwer, sie zu lesen, zumal man die eigene Sprache zwischen anderen Sprachversionen erst finden muss.

Packerlsuppe auf Zuckerpackungen

ORF.at/Maya McKechneay

Tomatensuppe: In diesem Fall ist mehr als ein Drittel des Inhalts Zucker

Auf der Nährwerttabelle, die unter der Zutatenliste die Übersicht erleichtern soll, ist der Zuckergehalt vorschriftsmäßig angegeben: 13 Prozent des Trockenproduktes bestehen aus Zucker. Das scheint viel und ist doch vergleichsweise wenig. Die Tomatensuppe desselben Herstellers enthält in trockenem Zustand 34 Gramm Zucker pro hundert Gramm, mehr als ein Drittel des Beutelinhalts.

Zucker hat viele Namen

Als Verbraucher sollte man wissen, dass die Zutatenliste auf einer Verpackung nach Menge organisiert ist: An vorderster Stelle steht immer die Zutat, die den größten Anteil an dem Produkt ausmacht. Um zu vermeiden, dass Zucker auf den vorderen Plätzen landet, verwenden manche Hersteller neben dem Haushaltszucker (Saccharose), der mit dem gängigen Begriff „Zucker“ deklariert werden muss, weitere Süßmacher wie Laktose (Milchzucker), Maltose (Malzzucker), Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker).

Wozu überhaupt die süße Zutat in einem an sich pikanten Gericht? „Zucker ist die einfachste Geschmackskomponente“, sagt Sandra Holasek, Leiterin der Forschungseinheit „Nutrition and Metabolism“ am Institut für Pathophysiologie und Immunologie der Medizinischen Universität Graz, auf Anfrage von ORF.at. Eine Präferenz für das Süße sei dem Menschen genetisch vorgegeben. Schmecke in der Natur etwas süß, sei es normalerweise „nicht giftig“. Der Hang zum Süßen sei also evolutionär als Überlebenshilfe gedacht. An dieser instinktiven Vorliebe des Menschen dockt die Industrie an.

Karamell macht die Suppe braun

Die Industrie deklariert den Zucker auf der Zutatenliste unter verschiedenen Namen. Heißt er etwa Glucosesirup, erkennt ihn der Laie nicht ohne Weiteres. Der Verdacht der Tarnung liegt nahe. Bei der Kritik am Zuckerkonsum dürfe man allerdings nicht übersehen, wendet Holasek ein, dass verschiedene Spielarten des Zuckers tatsächlich auch verschiedene Eigenschaften hätten: „Bei der Packerlsuppe ist Konsistenz sicher ein Thema. Die geschmackliche Akzeptanz eines Produktes hängt auch von seiner Textur ab. Und Zucker ist ein Faktor bei der Verdickung.“

Insbesondere das Maltodextrin, das mit vier Kalorien pro Gramm gerne als Fettersatz in Light-Produkten verwendet wird, findet häufig als Füllstoff und Träger von Aromen Verwendung. Im Geschmack ist es eher neutral. Karamellzucker wird wiederum verwendet, um Packerlsuppen ihre satte, bräunliche Färbung zu geben. Selbst wenn die Suppe nie mit Geflügel in Berührung gekommen ist, soll sie wirken, als hätten Huhn und Gemüse stundenlang im Sud gekocht.

Dosen- eher zuckerfrei als Packerlsuppe

Bei Haltbarprodukten wird Zucker zudem zur Konservierung eingesetzt. Bei Packerlsuppe dürfte das nicht funktionieren, denn, so Holasek, um eine konservierende Wirkung zu erreichen, brauchte man einen Zuckergehalt von mindestens 60 Prozent. Eine Packerlsuppe ganz ohne Zucker herzustellen dürfte trotzdem schwerfallen. Auch vergleichbare Bioprodukte verwenden Zucker, Rohrohrzucker etwa, wie im Fall einer Biotomatencremesuppe. Anders verhält es sich bei Dosensuppen, die man auch ganz ohne Zuckerzusatz im Handel findet.

In der Großküche lohnt die Nachfrage

Der Zucker belohnt den Suppenesser nicht nur durch seine Süße. Findet er sich in Feststoffen wie Frittaten und Grießnockerln, erzeugt er eine knackige Textur - die beim Hineinbeißen ebenfalls ein Signal ans Belohnungszentrum im Gehirn sendet. Einen Gewöhnungseffekt will Holasek beim Zuckerverzehr in Fertigprodukten dennoch nicht bestätigen.

Stattdessen erinnert sie daran, dass der Verzehr von Convenience-Produkten, wie die Industrie Fertiglebensmittel nennt, stark im Steigen begriffen ist, und zwar nicht nur privat, sondern vor allem in Großküchen in Betrieben, Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen. Hier lohne es sich in jedem Fall, „genau nachzufragen“, denn Zutatenlisten und Nährwerttabellen seien hier nicht so leicht bei der Hand.

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