„Ungezwungen cool aussehen“
Im Jahr 2009 hat die Italienerin Chiara Ferragni den Blog The Blonde Salad gestartet. Mittlerweile gehört die 29-Jährige zu den Superstars der Bloggerszene und setzt mit eigenen Modelinien und über den Verkauf von Produkten über ihre Website Millionen um.
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Auch in den Sozialen Netzwerken ist Ferragni ein Star. Bei Snapchat ist sie von allen Italienerinnen und Italienern die beliebteste. Auf Instagram unterhält sie aktuell mehr als acht Mio. Follower mit perfekt choreografierten Einblicken in ihr Privatleben. Erst unlängst nahm sie ihre Fans auf eine virtuelle Tour durch ihr kürzlich erworbenes Haus in Los Angeles mit.
Laut der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ ist Ferragni beileibe nicht als ein Social-Media-Phänomen abzutun, sondern hinter dem Onlineerfolg stünden vielmehr sieben Jahre Fotos, Outfits, Kooperationen und Projekte. Das Geheimnis von Ferragnis Geschäftsmodell interessiert auch Wissenschaftler an der renommierten Harvard Business School, die die Italienerin bereits mehrfach zu Vorträgen an der US-Eliteuni eingeladen haben.
Bloggerin, Model, Geschäftsfrau
Begonnen hat die öffentliche Geschichte der in Cremona geborenen Italienerin im Oktober 2009, als sie sich an der renommierten Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi inskribierte. Jus wollte sie studieren, doch der Interneterfolg kam ihr dazwischen. Gleichzeitig mit dem Studienbeginn startete sie The Blonde Salad, gemeinsam mit ihrem damaligen Freund Riccardo Pozzoli. Heute sind die beiden kein Liebespaar mehr, sondern nur noch Geschäftspartner. Pozzoli wohnt in einer 300-Quadratmeter-Dachgeschoßwohnung in Mailand, Ferragni residierte schon vor ihrem Hauskauf in LA.
Im Jahr 2015 setzte die Influencerin zehn Millionen Dollar (ca. 9,4 Mio. Euro) um und beschäftigte 25 Mitarbeiter. Eine eigene E-Commerce-Seite bringt ihr gute Gewinne ein. Ferragni ist Designerin von Modekollektionen und Schuhen. Hogan, Guess und Yamamay sind derzeit ihre offiziellen Sponsoren.
Zudem modelte die Italienerin mit den markanten Augenbrauen unter anderem für die Marke Guess und brachte ein Buch auf den Markt. Das Magazin „Forbes“ reiht Ferragni unter die weltweit spannendsten „30 unter 30“. Als erste Bloggerin schaffte sie es auf ein Cover der Modezeitschrift „Vogue“. Die Firma Mattel widmete ihr eine eigene Version der Barbie, bekleidet mit weißem T-Shirt, Jeans, Lederjacke und Schuhen aus Ferragnis eigener Kollektion.
Made in Italy
Ein Teil von Ferragnis Erfolgsgeheimnis dürfte auch in einer gewissen Bodenständigkeit liegen. Sie liebt es, sich „made in Italy“ zu geben, aber in den USA zu wohnen. Es ist leichter außerhalb von Italien Erfolg zu haben, meinte sie einmal in einem Interview. Ferragnis neueste Marke heißt Made in Barletta und bringt Mode auf den Markt, die ausschließlich in der 100.000-Einwohner-Stadt Barletta in Apulien im wirtschaftlich gebeutelten Süden Italiens produziert wird.
„Für jemanden in meinem Alter ist es wirklich schwer einen Job in Italien zu finden. Mir ist heute egal, was die Leute von mir denken, deshalb bin ich wirklich frei, stark und einflussreich“, sagte sie der „Financial Times“ („FT“). Ferragni erzählte dem Blatt von ihren ersten, eher durchwachsenen Erlebnissen bei Modeschauen: „Die Leute wussten nicht, wer ich war, und waren einfach nur sehr, sehr unangenehm.“
Heute ist sie stolz, es geschafft zu haben. Das Wichtigste als Modebloggerin sei es, einen spielerischen Umgang mit der Mode beizubehalten, erklärte Ferragni der „FT“: „Mein Ziel ist es, immer ungezwungen cool auszusehen. Dafür folge ich meinem Instinkt ohne langes Nachdenken. Mode ist wunderbar, wenn du Spaß damit hast, aber wenn du sie zu ernst nimmst, vergiss es, das klappt nicht.“
Ein Wasser-und-Seife-Mädchen
Ferragni überzeugte die weltweite Webcommunity nicht als Femme fatale, sondern als Wasser-und-Seife-Typ, wie die Italiener eine natürliche Schönheit von nebenan nennen. Sie gibt sich immer optimistisch und positiv. Schuhe, Haare und Hautpflege sind ihre Dauerbrennerthemen.
Mittlerweile präsentiert sich Ferragni in den Sozialen Netzwerken elegant, erwachsen und raffiniert. In „Che tempo che fa“, der großen Sonntagabend-Talkshow des öffentlich-rechtlichen TV-Senders RAI machte sie mühelos eine gute Fernsehfigur. Im Publikum saß strahlend ihre 55-jährige Mutter Marina di Guardo. Ihr verdankt Chiara ihre Selfie-Leidenschaft. Schon als Kind wurde sie von ihrer Mutter ständig fotografiert. Was erst störend war, habe den Grundstein für ihre Karriere gelegt, so Ferragni in der RAI.
Wie die Tochter, so die Mutter: Auch Marina di Guardo ist Bloggerin, The Travel Passion ist ihre Seite. Die drei Töchter drängten die Mutter dazu, ein Buch zu schreiben, was diese tat. Ihr erster Roman rund um eine Transgenderperson war gleich ein Erfolg, darauf folgten zwei Thriller. Ferragnis Vater Marco ist Zahnarzt.
Ravioli-Tattoos als Liebesbeweis
Seit Kurzem erregt Tochter Ferragni auch durch ihre Beziehung zu Rapper Fedez Aufsehen im Internet. Angefangen hat alles im Internet: Fedez postete auf den Profilen der Blondine witzig-provokante Kommentare über Ferragnis Schoßhund. „Als ich ihn reden hörte, dachte ich, er ist nicht nur süß, sondern auch intelligent“, sagte sie dem Magazin „Vanity Fair“, für welches sie bei der Gelegenheit auch nur mit Sandalen bekleidet posierte, über Fedez’ Anziehungskraft. „Mir gefällt seine direkte Art, die heutigen Burschen sind zu unentschlossen.“
Zu Weihnachten erlaubten sich Fedez und Ferragni einen Scherz, indem sie online verkündeten, Nachwuchs zu bekommen. Doch die beiden wollten nur Spaß machen. Jetzt haben sich Ferragni und Fedez auf der Fashion Week in Paris als Zeichen ihrer Verbundenheit zwei Ravioli auf ihre Hände tätowieren lassen. „Raviolo“ ist der Spitzname von Fedez für Ferragni.
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Christina Höfferer, für ORF.at