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Über Entwicklungen „sehr besorgt“

Die dänische Regierung hat den türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim ausgeladen. Ein solcher Besuch könnte angesichts der „aktuellen Angriffe der Türkei gegen die Niederlande nicht stattfinden“, sagte der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen am Sonntag. Er habe seinem türkischen Kollegen vorgeschlagen, „unser Treffen zu verschieben“.

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„In normalen Zeiten wäre es ein Vergnügen, den türkischen Ministerpräsidenten zu empfangen“, hieß es in Rasmussens Erklärung. Noch am 10. Dezember habe er in Ankara „ein offenes und konstruktives Gespräch“ mit Yildirim geführt. Derzeit beobachte die dänische Regierung jedoch „sehr besorgt“ die aktuellen Entwicklungen in der Türkei.

Ein Treffen mit Yildirim könne als Zeichen interpretiert werden, dass Dänemark die Entwicklungen in der Türkei milder betrachte - das sei aber nicht der Fall. Yildirim wollte Medienangaben zufolge am 19. und 20. März neben offiziellen Terminen auch an Versammlungen türkischer Bürger in Dänemark teilnehmen.

Erdogan: „Sie sind Faschisten“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und andere Mitglieder der türkischen Regierung hatten am Wochenende gegen die Niederlande Faschismusvorwürfe erhoben. „Sie sind die Nachfahren der Nazis, sie sind Faschisten“, sagte Erdogan. Außenminister Mevlüt Cavusoglu legte am Sonntag bei einem Auftritt im ostfranzösischen Metz nach und bezeichnete die Niederlande als „Zentrum des Faschismus“.

Schlagabtausch zwischen Türkei und Niederlanden

Der Streit zwischen den Niederlanden und der Türkei wegen verhinderter Wahlkampfauftritte spitzt sich zu.

Cavusoglus Auftritt in Metz erfolgte vor rund 800 Anhängern der türkischen Regierung, die türkische Fahnen schwenkten. Erdogan dankte Paris dafür, die Einreise des Außenministers genehmigt zu haben. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault rief die türkische Regierung vor der Veranstaltung auf, „Exzesse und Provokationen zu vermeiden“.

„Sie werden den Preis dafür bezahlen“

Am Wochenende war es zur offenen Konfrontation zwischen der Türkei und den Niederlanden gekommen, nachdem die Niederlande Cavusoglu die Landeerlaubnis verweigert, dann der türkischen Familienministerin Beytül Sayan Kaya den Zutritt zum türkischen Konsulat in Rotterdam versperrt und sie schließlich nach Deutschland ausgewiesen hatten.

Türkische Ministerin Kaya

APA/AFP/Ozan Kose

Kaya bei der Ankunft auf dem Flughafen in Istanbul

„Sie werden den Preis dafür bezahlen“, sagte Erdogan nach der Verhinderung des Auftritts der Ministerin. Die Türkei habe noch nicht das getan, was nötig sei. Der Westen sei „islamophob“ und habe sein wahres Gesicht gezeigt. Erdogan forderte Sanktionen internationaler Organisationen gegen die Niederlande. Er warf dem Land zudem vor, sich wie eine Bananenrepublik zu verhalten.

Rutte schließt Entschuldigung aus

Cavusoglu forderte eine Entschuldigung. Er twitterte aber auch: „Eine Entschuldigung der Niederlande ist nicht genug.“ Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte schloss indes eine Entschuldigung aus: „Es steht außer Frage, dass es eine Entschuldigung gibt. Sie sollten sich dafür entschuldigen, was Sie gestern getan haben.“ Die Niederlande seien im Zweiten Weltkrieg von den Nazis bombardiert worden, sagte Rutte, Erdogans Wortwahl sei daher „inakzeptabel“.

An die Niederländer appellierte er, angesichts der aufgeheizten Stimmung „einen kühlen Kopf zu bewahren“. „Wir haben eine hervorragende Gesellschaft, in der ein Großteil der Niederländer mit türkischen Wurzeln integriert ist.“ Im Interesse der „Beziehungen innerhalb der EU, mit der Türkei“, sei es nun wichtig, „die Lage zu beruhigen“. Falls die Türkei aber weiterhin „in aufrührerischer Weise über die Niederlande spricht, müssen wir weitere Schritte in Erwägung ziehen“, warnte er.

Keine Zwischenfälle in Schweden

In Schweden gingen unterdessen Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker ohne größere Zwischenfälle über die Bühne. Der AKP-Politiker Mehmet Mehdi Eker besuchte am Sonntag mehrere Veranstaltungen in Stockholm. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte dem SVT: „Wir haben Meinungsfreiheit in Schweden, und alle haben das Recht, Reden zu halten und einander zu treffen.“ Der Aufenthalt Ekers in Schweden sei kein offizieller Besuch.

De Maiziere gegen türkische Wahlkampfauftritte

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sprach sich unterdessen klar gegen Auftritte türkischer Wahlkämpfer in Deutschland aus. „Ich will das nicht. Ein türkischer Wahlkampf in Deutschland hat hier nichts verloren“, sagte de Maiziere am Sonntag im ARD-„Bericht aus Berlin“. Es müsse jedoch klug abgewogen werden, „ob man jetzt Einreiseverbote verhängt“.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sah indes keinen Spielraum für eine wirtschaftliche Unterstützung der Türkei, solange der Korrespondent der deutschen Zeitung „Die Welt“, Deniz Yücel, in dem Land in Haft ist. „Unter diesen Umständen ist es natürlich außergewöhnlich schwierig, daran weiterzuarbeiten“, sagte Schäuble am Sonntag. Er forderte die türkische Regierung auf, sich in ihren Äußerungen zu mäßigen.

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