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„Auf Hinweise angewiesen“

Am dritten Tag nach der Ermordung eines Neunjährigen in Herne im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen fahnden Polizisten noch immer nach dem flüchtigen Tatverdächtigen. Von dem 19 Jahre alten Marcel H. fehlt weiterhin die entscheidende Spur. Der öffentliche Fahndungsaufruf wurde am späten Mittwochabend zwar um neue Fakten erweitert, zu denen aber keine Hintergründe genannt wurden.

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Die Polizei sucht nun besonders nach Zeugen, die den mutmaßlichen Täter in oder um Herne bei einem Arzt, in einem Krankenhaus oder einer Apotheke gesehen haben. H. könnte sich an der rechten Hand verletzt haben, wird als Grund dafür genannt. Außerdem veröffentlichten die Behörden das Foto eines Hundes und fragen, ob jemand Angaben dazu - und nicht eigentlich zum Tier selbst - machen könne.

Weiterer Großeinsatz in der Nacht

Gebeten wird in dem Aufruf um „Angaben zum abgebildeten Hund oder dessen Besitzer/Besitzerin“. „Das könnte uns in unseren Ermittlungen ein Stück voranbringen“, sagte Polizeisprecherin Cornelia Weigandt bei der Präsentation des aktualisierten Fahndungsaufrufs. Wie der Hund mit Tat oder mutmaßlichem Täter in Verbindung steht, wollte sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.

Wie es am Nachmittag hieß, prüfte die Polizei, ob eine unterdessen aufgetauchte Audiobotschaft von dem mutmaßlichen Täter stammt. In der Tondatei werden Eindrücke des Täters nach dem Mord geschildert. Unklar war aber zunächst, ob sie tatsächlich von H. stammt.

Ein von der deutschen Polizei veröffentlichtes Foto von einem Hund

presseportal.de

Ohne jegliche Erklärung wurde um Hinweise zu diesem Foto gebeten

Bei den Fahndern seien viele Hinweise eingegangen, doch noch keiner habe zum Täter geführt. In der Nacht auf Donnerstag gab es einen weiteren Großeinsatz in Herne. Spezialkräfte der Polizei, unterstützt von einem Hubschrauber, „gingen einem Hinweis nach“, wie Weigandt sagte. Man sei jedoch „weiter auf Hinweise von Zeugen angewiesen“, so Weigandt Donnerstagfrüh in Dortmund. Die bisher von Bochum aus gesteuerten Ermittlungen laufen jetzt im Polizeipräsidium Dortmund zusammen.

Suche abseits großer Städte am Donnerstag

Hinweise treffen inzwischen aus dem gesamten deutschen Bundesgebiet ein, hieß es seitens der Behörden Donnerstagfrüh. „Eine ganz heiße Spur haben wir nicht“, räumte ein Sprecher der Dortmunder Polizei jedoch ein. Laut ihm gab es in der Nacht auch an mindestens zwei weiteren Orten Großeinsätze. In der Früh konzentrierte sich die Fahndung offenbar auf den Raum Wilnsdorf rund hundert Kilometer südöstlich von Herne, abseits größerer und näher gelegener Städte wie Dortmund und Düsseldorf.

Am Vormittag durchsuchte die Polizei ein Krankenhaus in Mönchengladbach - allerdings ohne ihn zu finden. Ein Großaufgebot sei dort gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Es seien zahlreiche Streifenwagen, Diensthunde und auch ein Polizeihubschrauber im Einsatz, gab die Polizei bekannt und warnte erneut, dass der Gesuchte möglicherweise bewaffnet und gefährlich sei. Die geografischen Gegebenheiten des Fahndungsgebietes machen den Behörden zusätzlich die Arbeit schwer. Auch die Großstadt Frankfurt, in der der Gesuchte untertauchen könnte, ist nicht weit. In westlicher Richtung wiederum sind die Grenzen zu Belgien und den Niederlanden nicht weit entfernt.

Keine neuen Indizien für weiteres Opfer

Am Mittwoch hatten Polizisten in Wetter an der Ruhr nicht weit von Herne entfernt stundenlang eine Schule durchsucht. Ein Passant hatte die Polizei alarmiert, weil er glaubte, H. dort gesehen zu haben. Sechs Stunden lang mussten Schüler und Lehrer in den Klassen verharren. Ob es sich um einen Fehlalarm handelte oder der 19-Jährige der Polizei entkam, ist weiterhin unklar, ebenso wie die Möglichkeit weiterer seit Montagabend verübter Verbrechen.

Hinweise auf ein mögliches zweites Opfer haben sich weiterhin nicht bestätigt. Am Mittwoch hatte sich ein Unbekannter im Internet als der Gesuchte vorgestellt und beschrieben, wie er eine Frau überwältigt habe, um an Daten für einen Bankzugang sowie Computer und Telefon zu gelangen. „Wir nehmen das sehr ernst, allerdings gibt es bislang keine Hinweise auf eine vermisste Frau, auf die die Beschreibung passt“, hieß es dazu von der Polizei.

Angeblich mehrere Fotos von Täter auf der Flucht

Im Internet tauchen immer wieder Bilder auf, die den Gesuchten auf seiner Flucht zeigen sollen. „Der Polizei liegen insgesamt mehrere Fotos vor, auf denen angeblich der Tatverdächtige zu sehen sein soll“, sagte Weigandt. Die Polizei prüfe jedes Foto, könne aber noch nichts zu den Ergebnissen sagen. Die Behörden rufen angesichts der Gefährlichkeit des Täters zu „äußerster Vorsicht“ auf. Er wird als circa 175 Zentimeter groß mit sehr schlanker Statur beschrieben. Er ist Brillenträger und hat kurze, blonde Haare.

Schwerter und „seltsame Rituale“

H. soll am Montagabend in einer Reihenhaussiedlung in Herne den neun Jahre alten Nachbarsbuben erstochen haben, Fotos von dem Verbrechen soll er danach online verbreitet haben. Das inzwischen vorliegende Ergebnis der Obduktion des Opfers deckt sich laut Polizei mit den bisherigen Vermutungen zum Tathergang. Der Mann soll bei den Nachbarn gefragt haben, ob der Bub zu ihm kommen und eine Leiter halten könne, sagte der Anwalt der Familie.

Die Familie ließ den Buben gehen, obwohl ihnen der Nachbar schon immer seltsam vorgekommen sei. Dieser habe im Garten öfter Schwerter geschwungen und „seltsame Rituale“ durchgeführt. Die Leute hätten ihn für einen „Narren“ und „zurückgezogenen Niemand“ gehalten. Wegen der Großfahndung galten an Schulen und Kindergärten in Herne besondere Sicherheitsvorkehrungen. Das Jugendamt hatte die städtischen Kindergärten aufgefordert, mit den Kindern nur drinnen zu spielen.

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