Das Monster Mensch
Der junge US-Regisseur Jordan Vogt-Roberts hat sich mit „Kong: Skull Island“ an den Mythos King Kong gewagt. Mit Romantik a la „Die Schöne und Biest“ hält er sich dabei nicht auf - stattdessen hetzt er seine menschlichen Protagonisten durch eine paradiesische Insellandschaft, in der der Riesenaffe noch das harmloseste unter den Monstern ist.
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Vogt-Roberts hat die Handlung des Actionstreifens ins Jahr 1973 verlegt. John Randa (John Goodman) von der klandestinen Regierungsorganisation Monarch plant eine Expedition auf eine bisher unkartierte Insel im Südpazifik: Skull Island. Auf dem Eiland soll die Evolution riesenhafte Kreaturen hervorgebracht haben, wie sie die Menschheit bisher nicht kannte.
Die Zeit drängt: US-Präsident Richard Nixon hat gerade den Abzug amerikanischer Truppen aus Vietnam verkündet - und ohne Militärhubschrauber und Soldaten keine Forschungsreise. Und so kommt Lieutenant Colonel Packard (Samuel L. Jackson) ins Spiel, ein hochdekorierter Militär, der nichts mehr fürchtet als das Ende des Indochinakriegs und die damit einhergehende Leere in seinem Soldatenleben.
Nur keine schlafenden Riesen wecken
Neben Packard und seiner Armeeeinheit begleiten auch der ehemalige britische Spezialsoldat Captain James Conrad (Tom Hiddleston), die Biologin San Lin (Jing Tian), der Seismologe Houston Brooks (Corey Hawkins) und die „Antikriegsfotografin“ Mason Weaver (Brie Larson) die Expedition. Die hartgesottenen Piloten der US-Armee schaffen es mühelos, mit ihren Hubschraubern das Sturmsystem zu durchbrechen, das Skull Island umgibt.

Warner Bros./United Artists
Filmplakate im Vergleich - ein Hauch von „Apocalypse Now“ ist auch in Vogt-Roberts’ Film spürbar
Hinter den aufgetürmten Gewitterwolken wartet ein tropisches Paradies, Buchten mit türkisblauem Wasser, beeindruckende Felsformationen und üppige Regenwälder. Die Idylle wird jäh zerstört, als Randa den Befehl gibt, seismische Bomben abzuwerfen; vordergründig, um die Bodenbeschaffenheit zu ergründen, in Wirklichkeit aber, um einen ganz speziellen Bewohner zu wecken, der auf der Insel vermutet wird.
Es kommt, wie es kommen muss, und die erste Konfrontation zwischen Kong, dem King der Insel, geht eindeutig an den Affen mit den Maßen eines Hochhauses. Einen Hubschrauber nach dem anderen holt er vom Himmel. Spätestens in diesen Szenen zeigen sich Parallelen zum Antikriegsfilmklassiker „Apocalypse Now“ (1979) von Francis Ford Coppola. Die Formation der Bell-Hubschrauber, die Rockmusik, die aus den Boxen dröhnt - und Colonel Packard nähert sich immer mehr dem Wahnsinn von Colonel Walter E. Kurtz (Marlon Brando) an.
Pelziger Ökopolizist
Für die Gestrandeten beginnt ein Kampf ums Überleben. Der Riesenaffe ist bei Weitem nicht das gefährlichste Lebewesen auf der Insel, und Menschen stehen recht weit unten in der Nahrungskette. Vogt-Roberts gibt das die Möglichkeit, effekttechnisch aus dem Vollen zu schöpfen: Spinnen mit baumlangen Beinen streifen durch die Wälder, gewaltige Kraken bewohnen die Seen zwischen den Hügeln, Schwärme von Flugsauriern beherrschen den Luftraum. Und auch Colonel Packard entpuppt sich zusehends als Mensch gewordenes Monster.

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King Kong hält das ökologische Gleichgewicht auf der Insel aufrecht
Welche Rolle der Menschenaffe auf Skull Island spielt, wird erst klar, als die überlebenden Expeditionsteilnehmer auf Hank Marlow treffen, dessen Kampfflugzeug im Zweiten Weltkrieg über der Insel abgeschossen wurde und der seither im Dorf der Ureinwohner von Skull Island lebt. King Kong ist so etwas wie der örtliche Ökopolizist, der die anderen Riesenmonster in Zaum hält. Das betrifft vor allem die „Skull Crawler“, eine Art überdimensionale Warane, die nicht nur groß und bösartig sind, sondern auch schon Kongs Familie auf dem Gewissen haben.
Action, Action, Action
Vogt-Roberts inszeniert seinen King-Kong-Film als geradliniges, rasantes Actionsspektakel. Damit orientiert er sich eher an den King-Kong-Darstellungen im japanischen Kino der 1960er, als die Toho-Studios den Riesenaffen gegen Kreaturen wie Godzilla antreten ließen. Um gegen die Riesenechse mit dem Atom-Atem bestehen zu können, wurden dem Primaten übernatürliche Fähigkeiten verliehen - so konnte er sich elektrisch aufladen.

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Hiddleston, Larson, Riley (von links). Nicht im Bild ist der Star des Films - King Kong.
King Kong war das erste Monster, das rein für einen Film geschaffen wurde und das nicht auf eine literarische Vorlage zurückgeht. Erdacht wurde der Riesenaffe vom polnischen Einwanderer Merian C. Cooper. Sein Debüt im US-Kino feierte er 1933 im Film „King Kong und die weiße Frau“, in dessen großem Finale der verliebte Affe eine Frau auf die Spitze des Empire State Building entführt. Auf romantische Elemente - wie sie Peter Jackson noch 2005 in „King Kong“ betonte - verzichtet Vogt-Roberts komplett. Kriegsberichterstatterin Weaver darf dem Riesen zwar übers Gesicht streicheln und sich von ihm retten lassen, ein „Love Interest“ im klassischen Sinne ist sie aber nicht.
Schauspielerin Brie Larson war schon als Kind ein Fan von "King Kong". Trotz viel Action und Größenwahn behandelt "Kong:...
Posted by ORF Kultur on Mittwoch, 8. März 2017
Die Schauspielriege liefert - sieht man von Hiddlestons hölzerner Darstellung eines nachdenklichen Tourguides ab - eine solide Leistung ab. Der Star ist aber eindeutig der Affe. Was er auch bleiben soll: Die US-Filmproduktionsfirma Legendary Pictures, die 2014 bereits Godzilla wieder auf die Leinwand brachte, hat sich die Rechte der Toho-Studios gesichert und plant ein Franchise nach Vorbild des Comicuniversums von Marvel. Monsterfans dürfen sich bereits auf 2020 freuen - das Jahr, in dem „Godzilla vs. Kong“ in die Kinos kommen soll.
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